Lord Garrows widerspenstige Braut
Schrittgeschwindigkeit abbremsen.
James lief eine Gänsehaut über den Rücken. Er konnte die Gefahr, in der sie sich befanden, förmlich riechen. Das Einzige, was Eastonby und er heute Abend auf ihrer Seite hatten, war das Überraschungsmoment. Noch rechneten die Attentäter nicht damit, zwei bewaffneten Männern gegenüberzustehen. Sie erwarteten ja einen unbewaffneten, sorglosen Adeligen und seine schutzlose Tochter.
Von irgendwoher zwischen den Bäumen erklang plötzlich ein Ruf. Eines der Pferde wieherte, so dass die Kutsche abrupt anhielt. Dann wurden sie hin und her geschüttelt. Die Pferde keilen aus – jemand hat sich den Zaum der Zugpferde gegriffen, dachte James. Wenn ihre Angreifer nur zu zweit waren, dann war jetzt zumindest einer beschäftigt.
"Jetzt", zischte James. Er riss die Tür auf, sprang aus dem Wagen und rollte über den Boden. Mit einem Satz war er ins Dickicht des Unterholzes eingetaucht. Der Kutscher hatte sich wie befohlen hinter den Kutschbock geduckt. Der Earl selbst war noch immer im Inneren der Kutsche und versuchte, sich auf der anderen Wagenseite in die Büsche zu schlagen.
Mit einem Mal ging ein Kugelhagel los. Pulverdampf trübte die Luft und es roch stechend nach Schießpulver. Aus dem Unterholz auf der gegenüberliegenden Straßenseite sprang ein Mann in Richtung Kutsche und riss den Wagenschlag auf. James zielte und feuerte. Ein Mann schrie auf, griff an seine rechte Schulter und schoss mehrere Male in James' Richtung, während er zu Boden fiel. Als ein Projektil knapp neben James' Kopf im Holz eines Baumstamms einschlug, fuhr ein stechender Schmerz durch sein Bein.
James warf sich flach auf den Boden und legte erneut an. Diesmal zielte er auf das Bein des Angreifers. Wenn sie ihn lebendig zu fassen bekamen, konnten sie vielleicht in Erfahrung bringen, wer hinter dem Überfall steckte. Aber gerade als er den Hahn spannte, traf ihn etwas an der Hand. Unwillkürlich drückte James ab. Statt am Bein erwischte er den Mann an der Brust. Der Angreifer brach zusammen.
Taumelnd erhob sich James, verließ die Deckung und rannte zur Kutsche, um dem Earl beizustehen, der seine Waffe nachlud. Mit einem Knie an das Hinterrad der Kutsche gelehnt, schoss der Earl auf einen zweiten Schatten, der zwischen den Bäumen stand. Es war offensichtlich, das er nicht getroffen hatte. James hob seinen Revolver mit beiden Händen und feuerte die Waffe blindlings noch dreimal schnell hintereinander ab. Der Schatten verschwand im Unterholz, woraufhin das Geräusch von brechenden Ästen zu hören war.
Wenig später sprang ein Pferd aus dem Unterholz auf die Straße. Der Reiter drehte sich im Wegreiten um. Wieder erklangen Schüsse. Querschläger trafen die Kutsche. James nahm den Revolver mit beiden Händen noch einmal hoch, zielte und drückte den Hahn. Doch alles, was er hörte, war ein metallisches Klicken.
Der Earl lud seine Waffe neu, verfluchte die Dunkelheit und sein Ungeschick, während der Reiter sich weiter und weiter entfernte. Stille kehrte ein.
"Es ist vorbei, Eastonby", sagte James und reichte dem Earl seinen Revolver. "Aber vielleicht laden Sie doch besser beide Waffen neu."
Mit einem Mal fühlte er sich merkwürdig. Seine Beine gaben unter ihm nach, ohne dass er es verhindern konnte.
"James? Was ist mit Ihnen?"
Erschöpft lag James auf dem Rücken. Die Stimme des Earls drang wie durch einen Nebel an sein Ohr. Was ist das nur für ein eigenartiges Gefühl, dachte er. Und auch der Vollmond war mit einem Mal verschwunden. Der Himmel war schwarz. Seine Hände und sein Gesicht fühlten sich feucht an. Seltsam, dass der Regen so warm ist, dachte er müde. Ein starker Schmerz durchzuckte seine Hüfte. Nein, es war nicht Regen, was er spürte, dies wurde ihm klar, sondern Blut. Sein Blut. Er hatte Blut an den Händen und im Gesicht!
"Ich … ich glaube, ich bin angeschossen", flüsterte er verwundert mit gebrochener Stimme, bevor er in die Dunkelheit versank.
4. Kapitel
Susanna kuschelte sich tief in die weiche Daunendecke und genoss die Berührungen des Mannes, der sie in den Armen hielt. Seine blasse, elegante Hand glitt wie ein dünnes Tuch aus Seide über ihre Haut. "Mmmh!" stöhnte sie genießerisch und schmiegte sich an ihn.
Sie runzelte die Stirn, als er plötzlich grob nach ihrer Schulter griff und sie erbarmungslos schüttelte.
"Bitte, bitte, wachen Sie auf, Mylady! Beeilen Sie sich! Ich soll Sie holen!"
Susanna öffnete die Augen und schoss in die Höhe. Verwundert
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