Lord Garrows widerspenstige Braut
den Norden geschickt worden? Beide Besucher hatten sich immer wieder nach den Finanzen von Drevers und Galioch erkundigt. Hatte Mr. Durston seine Verwandten in die Highlands geschickt, um in Erfahrung zu bringen, ob sein Betrug entdeckt worden war? Allerdings schienen die beiden Gäste fest entschlossen zu sein, James und Susanna voneinander zu entfremden und gegeneinander auszuspielen. Warum nur? Und warum hatte Mr. Fowler ihn angeschossen?
Sogar wenn Mr. Fowler und Miss Durston völlig unschuldig waren, selbst wenn sie nur aus den von ihnen genannten Gründen hier waren – sie konnten sich anderswo in Sicherheit bringen. Kein Mensch mit einem Rest von Anstand belästigt so kurz nach der Eheschließung ein frisch vermähltes Ehepaar, dachte James. Die beiden hatten kein Recht, hier zu sein, nicht einmal dann, wenn sie liebenswerte Menschen wären – und das waren sie nicht. Unglücklicherweise würde Susanna ihn nicht unterstützen, wenn er den Gästen befahl, abzureisen. Ihr war die Gastfreundschaft heilig. Er würde also etwas tun müssen, damit die ungebetenen Besucher freiwillig verschwanden.
Glücklicherweise hatte er etwas für diese Zwecke auf Lager. Schon Jahre zuvor hatte er damit bei den Gästen seiner Mutter durchschlagenden Erfolgt gehabt. James lächelte und erhob sich. Es wurde Zeit, dass er nach seiner Frau sah.
Doch diese war nirgendwo zu finden. Die Gäste waren ebenfalls verschwunden. Nach vergeblichem Suchen eilte James in die Küche. Dort fand er die Köchin und Kait.
"Oh, Lady Susanna war vor einer Stunde noch hier. Aber jetzt sind alle los – sie wollen sich Galioch ansehen", informierte ihn Kait.
James unterdrückte einen Fluch und eilte in die Stallungen. Der Ponywagen und sein Pferd waren fort. Schnell sattelte er die alte Stute und trabte quer über die Felder los. Noch nie war ihm der Weg nach Galioch so lang erschienen.
Als er nach einer Dreiviertelstunde dort ankam, stand der Ponywagen davor. Kein Mensch war zu sehen. Im Haus war es ruhig. Die Eingangshalle war leer, auch in der Küche war niemand zu finden. Rasch eilte James über die Treppe nach oben. Im ersten Stock bot sich ihm dasselbe Bild – auch die Schlafzimmer waren leer. Allmählich wurde ihm mulmig zu Mute. Er blickte zur Wendeltreppe: Sie mussten oben auf der Brüstung sein.
Er hastete im Ostturm nach oben. Als er auf den breiten Umlauf trat, sah er, dass er nicht allein war. Miranda und Susanna standen zwischen den Zinnen. Mr. Fowler musste die beiden hochgehoben haben. Oder hatten sie die Holzkiste, die gegen die Mauerbrüstung lehnte, als Treppe benutzt?
Susanna deutete mit der einen Hand auf irgendetwas weit Entferntes, vermutlich auf Drevers. Mit der anderen hielt sie sich an der Mauer der Zinne zur Rechten fest. Mr. Fowler machte eine Bewegung zu ihr hin, die Holzkiste in der Hand. Es sah aus, als würde er zu Susanna steigen wollen.
James stockte der Atem. Er war zu weit weg, als dass er Fowler davon hätte abhalten können, Susanna dort oben auf ihrem unsicheren Standpunkt zu bedrängen.
Mit einem lauten "Hallihallo!" machte er sich bemerkbar und schlenderte auf das Trio zu. Er wollte, dass seine beiden Gäste wussten, dass sie beobachtet wurden. Wenn Susanna irgendetwas zustieß, würden die beiden teuer dafür bezahlen müssen.
Als er nahe genug herangekommen war, um eingreifen zu können, stand Mr. Fowler bereits hinter Susanna auf der Brüstung, eine Hand auf ihrer Schulter. Die Brüstung war breit, und es war genügend Platz für beide. Aber Mr. Fowler lehnte sich so weit nach vorne, dass Susanna in prekärer Lage am äußersten Rand der Mauer stehen musste.
"Kommen Sie sofort da runter, Mr. Fowler!" befahl James mit einer Stimme, die das Blut gefrieren ließ. "Und nehmen Sie Ihre Hand von meiner Frau, Mister!"
Mr. Fowler lachte nervös. "Wir genießen nur die Aussicht, Garrow. Kommen Sie doch herauf!"
"Ich wiederhole mich nicht gerne", sagte James gebieterisch.
"Oh! Ich glaube, mir wird schwindlig!" rief Miranda. "Helfen Sie mir hinunter, Mylord!"
James achtete nicht auf sie. Er behielt den Engländer im Auge, der langsam seine Hand von Susannas Schulter nahm und von ihr zurückwich. Mürrisch setzte er sich auf die innere Mauer und stieg über die Holzkiste ab. Dann klopfte er demonstrativ seine Hose sauber, aber James schob ihn zur Seite.
"Komm, meine Liebe", sagte James zu Susanna und streckte die Arme nach ihr aus. Sie runzelte die Stirn, erlaubte ihm aber, ihr hinunter zu helfen. Er
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