Lords und Ladies
den Bienen! Man macht mich zur Königin, ob ich’s will oder nicht!«
»Der König hat dir die vornehmen Kleider besorgt, weil…«
»Ich meine nicht nur die Kleider. Die Leute würden in jedem Fall Hurra rufen – ganz gleich, wer in der Kutsche sitzt!«
»Aber du hast dich als einzige in den König verliebt, Gnäfrau«, wandte Millie tapfer ein.
Magrat zögerte. Bisher hatte sie dieses Gefühl noch keiner gründlichen Analyse unterzogen. »Nein«, erwiderte sie schließlich. »Da war er noch nicht König. Und niemand wußte, daß er einmal der König werden würde. Damals war er nur ein trauriger, netter junger Mann, der eine Narrenmütze mit Glöckchen trug und den niemand beachtet hat.«
Millie wich noch etwas weiter zurück.
»Vermutlich liegt’s an den Nerven, Gnäfrau«, brachte sie unsicher hervor. »Am Tag vor der Hochzeit ist Nervosität durchaus verständlich. Vielleicht… sollte ich dir einen Kräutertee holen…«
»Ich bin nicht nervös! Und ich kann mir selbst Kräutertee kochen, wenn ich welchen will.«
»Die Köchin sieht es nicht gern, wenn jemand anders ihren Kräutergarten betritt«, gab Millie zu bedenken.
»Ich habe den ›Garten‹ bereits gesehen. Da wächst nur kümmerlicher Salbei und gelbliche Petersilie. Wenn man’s nicht in den Hintern eines Huhns stopfen kann, ist es nach Meinung der Köchin überhaupt kein richtiges Kraut! Außerdem… Wer ist hier die Königin?«
»Ich dachte, du wolltest keine sein, Gnäfrau«, entgegnete Millie.
Magrat starrte sie an und schien einige Sekunden lang mit sich selbst zu ringen.
Millie mochte nicht sehr gebildet sein, aber sie war keineswegs dumm. Sie floh und warf die Tür hinter sich zu, bevor sie das Tablett mit dem Frühstück an die Wand knallte. Magrat setzte sich auf die Bettkante und ließ die Schultern hängen.
Sie wollte keine Königin sein. In die Rolle der Königin zu schlüpfen… Dazu mußte man über gute schauspielerische Fähigkeiten verfügen, und Magrat war sicher, daß es ihr ausgerechnet in dieser Hinsicht an Talent mangelte. Es fiel ihr schon schwer genug, sie selbst zu sein.
Der Lärm des regen Treibens auf dem Stadtplatz wurde ins Zimmer geweht. Bestimmt würde das Volk tanzen – das schien unvermeidlich zu sein –, und wahrscheinlich würde es auch singen. Und der ganze Rest: tanzende Bären, fröhliche Jongleure, der Wer-kann-am-schnellsten-den-eingefetteten-Pfahl-erklettern-Wettbewerb, den aus irgendeinem Grund immer Nanny Ogg gewann. Dann das Schweinereiten. Und die Sache mit der Kleienwanne. Für gewöhnlich kümmerte sich Nanny darum. Nur besonders mutige Männer wagten es, ihre Hand in eine Kleienwanne zu stecken, die eine für ihren besonderen Humor bekannte Hexe vorbereitet hatte. Magrat war von solchen Veranstaltungen immer begeistert gewesen. Bis jetzt.
Nun, es gab noch das eine oder andere zu tun.
Zum letztenmal zog sie gewöhnliche Kleidung an und eilte über die Hintertreppe zum entgegengesetzten Turm, in dem man Diamanda untergebracht hatte.
Ein angenehm wärmendes Feuer brannte im Kamin – es war Shawn zu verdanken –, und Diamanda ruhte, schlief einen tiefen Schlaf, aus dem man sie nicht wecken konnte.
Magrat stellte fest, daß Diamanda geradezu hinreißend gut aussah. Und damit nicht genug: Sie hatte den Mut aufgebracht, ausgerechnet Oma Wetterwachs die Stirn zu bieten. Magrat konnte es kaum abwarten, daß sich die Verletzte erholte – um sie dann hingebungsvoll zu beneiden.
Die Wunde schien gut zu verheilen, aber gewisse Gegenstände im Zimmer…
Sie ging zur Kordel in einer Ecke des Raums und zog daran.
Ein oder zwei Minuten später traf ein schnaufender Shawn Ogg ein. An seinen Händen klebte Goldfarbe.
»Was hat es damit auf sich?« fragte Magrat.
»Ähm. Die Frage beantworte ich nicht gern, gnä’ Frau…«
»Zufälligerweise bin ich… fast… die Königin«, betonte Magrat.
»Ja, aber der König hat gesagt… Das heißt, Oma Wetterwachs meinte…«
»Oma Wetterwachs herrscht nicht über dieses Königreich«, verkündete Magrat. Sie verabscheute es, auf diese Weise zu reden, aber es schien zu funktionieren. »Außerdem ist sie nicht hier. Ich bin hier, und wenn du mir nicht erklärst, was hier los ist… Dann sorge ich dafür, daß du die ganze Drecksarbeit im Schloß erledigen mußt.«
»Das muß ich ja schon«, erwiderte Shawn.
»Dann sorge ich eben dafür, daß die Dreckarbeit noch dreckiger wird.«
Magrat griff nach einem Bündel. Es bestand aus mehreren
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