Lords und Ladies
Erzkanzler. »Wenn ich jetzt meine Armbrust hätte…«
»Warum holst du sie nicht?« entgegnete Oma.
»Ja, genau! Bin gleich wieder da!«
Ridcully verschwand. Eine halbe Sekunde später fielen einige Steine aus dem Schloß dort zu Boden, wo er eben noch gesessen hatte.
»Das Problem wäre gelöst«, sagte Oma Wetterwachs zu sich selbst.
Sie stand auf und ließ ihren Blick durch den Wald schweifen.
»Na schön«, sagte sie laut. »Hier bin ich. Und ich laufe nicht weg. Komm und hol mich. Hier bin ich«, wiederholte sie. Und: »Hier sind wir .«
Magrat beruhigte sich. Natürlich gab es einen solchen Ort. Jedes Schloß verfügte über eine derartige Kammer. Und natürlich wurde diese benutzt. Unübersehbare Fußspuren führten durch dicken Staub zu einem nicht sehr weit entfernten Gestell, an dem einige gelangweilt vor sich hin rostende Kettenhemden hingen, direkt neben den Piken.
Shawn kam wahrscheinlich jeden Tag hierher.
Dies war das Arsenal.
Greebo sprang von Magrats Schulter und wanderte durch die von Spinnweben verhangenen Nischen, auf der Suche nach kleinen, quiekenden Geschöpfen.
Magrat folgte ihm benommen.
Die Könige von Lancre hatten nie etwas weggeworfen. Erst recht nichts, womit man jemand töten konnte.
Es gab Rüstungen für Menschen und für Pferde. Es gab auch welche für Kampfhunde. Es gab sogar einige experimentelle Exemplare für Raben, obgleich hier folgendes festgestellt werden muß: König Gurnt der Dumme plante zwar eine Luftwaffe, aber sie ist nie abgehoben. Magrat sah zahllose Piken, Schwerter, Messer, Säbel, Rapiere, Degen, Breitschwerter, Dreschflegel, Morgensterne, Streitkolben und Keulen mit Spitzen. Sie bildeten große Haufen und hatten dort, wo Regenwasser durchs Dach sickerte, ziemlich viel Rost angesetzt. Lange und kurze Bögen kamen hinzu, sowie Armbrüste in verschiedenen Größen. Wie Feuerholz lagen sie übereinander, und das galt auch für viele braunrote Rüstungsteile. Überall war Rost. Der ganze Raum kam einem Grab für Eisen gleich.
Magrat setzte einen Fuß vor den anderen, wie ein aufgezogenes Spielzeug, das in die einmal eingeschlagene Richtung rasselt, bis es gegen ein Hindernis stößt.
Das Licht der Kerze strich über Helme und Brustharnische. Die für Pferde bestimmten Rüstungen an den Holzgestellen wirkten besonders beeindruckend. Sie sahen aus wie Außenskelette – und wie Skelette erinnerten sie an Sterblichkeit und Tod. Leere Augenöffnungen starrten blicklos zur ehemaligen Hexe.
»Hübsche Dame?«
Die Stimme erklang jenseits der Tür, weit hinter Magrat. Doch die Worte waren im ganzen Arsenal zu hören, hallten von jahrhundertealten Waffen wider.
Dieses Zimmer können sie nicht betreten, dachte Magrat. Hier gibt es zuviel Eisen. Hier bin ich sicher.
»Wenn die hübsche Dame spielen möchte, so holen wir ihre Freunde.«
Magrat drehte sich um, und dabei fiel das Kerzenlicht auf einen ganz besonderen Gegenstand.
Sie zog einen großen Schild beiseite.
»Hübsche Dame?«
Magrat streckte die Hand aus.
»Teuerste?«
Magrat griff nach einem rostigen Helm mit Schwingen.
»Komm und tanz bei der Hochzeit, hübsche Dame.«
Magrat griff nach einem Brustharnisch mit zwei großen Stahlkörben und Spitzen.
Greebo jagte in einer auf dem Boden liegenden Rüstung Mäuse und spähte nun aus einem Bein.
Magrat veränderte sich. Das merkte man daran, wie sie atmete. Noch vor kurzer Zeit hatte sie vor Furcht und aus Erschöpfung geschnauft und dann einige Sekunden lang den Atem angehalten. Jetzt holte sie tief und entschlossen Luft.
Greebo hatte Magrat bisher immer als eine Art Maus in Menschengestalt wahrgenommen und beobachtete nun, wie sie den Schwingenhelm aufsetzte.
Magrat wußte um die Macht von Hüten.
Zwischen ihren Schläfen hörte sie das Donnern von Streitwagen.
»Hübsche Dame? Wir holen deine Freunde, um für dich zu singen.«
Sie wandte sich um.
Das Kerzenlicht funkelte in ihren Augen.
Greebo zog sich in die Sicherheit der Rüstung zurück. Er entsann sich an die Sache mit der Füchsin. Normalerweise wurde er mit einem Fuchs fertig, ohne dabei aus der Puste zu kommen, doch in diesem besonderen Fall hatte die Füchsin Junge gehabt. Und das hatte Greebo erst herausgefunden, als er sein vermeintliches Opfer bis in den Bau verfolgt hatte. Er hatte die Spitze eines Ohrs und recht viel Fell verloren, bevor ihm die Flucht gelungen war.
Magrats Gesichtsausdruck erinnerte ihn an jene Füchsin.
»Greebo? Komm her!«
Der Kater drehte sich
Weitere Kostenlose Bücher