Lords und Ladies
und die andere hielt den Arm eines feindlichen Kriegers. Der Rest des Gegners hing an verschiedenen Bäumen im Hintergrund. Das Porträt zeigte auch Spitze, das Lieblingspony der Königin – es gehörte zu jener inzwischen ausgestorbenen Lancrespezies, deren Erscheinungsbild und Leidenschaft am besten mit einem Faß Schießpulver verglichen werden kann – und ihren Streitwagen, dem es ebenfalls nicht an Spitzen mangelte. Mit den Rädern hätte man sich auch rasieren können.
Magrat starrte auf das Bild.
Darauf hatte sie niemand hingewiesen.
Man hatte ihr nur immer von Tapisserien, Stickereien und Reifröcken erzählt, um ihr anschließend noch zu erklären, wie man adligen Herrn die Hand reichte. Von metallenen Spitzen und Brustpanzern und dergleichen erfuhr sie erst jetzt.
Vom Ende der Galerie, aus der Richtung, aus der sie gekommen war, hörte Magrat Geräusche. Einmal mehr hob sie den Saum ihres Kleids und lief los.
Schritte folgten ihr. Schritte und Gelächter.
Nach links, dann nach unten durch den Kreuzgang, und durch die dunkle Passage über der Küche, vorbei an…
In der Dunkelheit bewegte sich ein Schemen. Zähne blitzten. Magrat hob das Stuhlbein und blieb abrupt stehen.
»Greebo?«
Nanny Oggs Kater rieb den Rücken an ihren Beinen, hatte Fell und Ohren angelegt. Dadurch wuchs das Unbehagen in Magrat. Dies war Greebo, unumstrittener König der Katzen von Lancre, in den meisten Fällen auch ihr Vater. Wo er auftauchte, versteckten sich Wölfe und kletterten Bären auf Bäume. Doch diesmal fürchtete sich der Kater.
»Komm her, du dummer Kerl.«
Magrat packte ihn am zernarbten Nacken, woraufhin Greebo ihr dankbar die Krallen in den Arm bohrte * und sich zur Schulter hochzog.
Offenbar befand sie sich nun in der Nähe der Küche, denn das war Greebos Revier. Es handelte sich um eine unbekannte, dunkle Region, um terror incognita. Hier ging das Fleisch von Teppichen und der Gips von Säulen zu Ende; hier offenbarten sich die steinernen Knochen des Schlosses.
Magrat glaubte, schnelle, leichtfüßige Schritte hinter sich zu hören.
Wenn sie lief und die nächste Ecke hinter sich brachte…
Greebo spannte plötzlich die Muskeln, fühlte sich an wie eine zusammengedrückte Feder. Magrat zögerte.
Hinter der nächsten Ecke…
Ganz automatisch ging die Hand mit dem Stuhlbein nach oben.
Sie trat vor – und schlug gleichzeitig zu. Ein triumphierendes Zischen verwandelte sich in ein schmerzerfülltes Heulen, als die improvisierte Keule einen Elfennacken streifte. Das Geschöpf taumelte zur Seite. Magrat stürmte zur nächsten Tür, und Tränen der Panik quollen ihr in die Augen, als sie an der Klinke zog. Die Tür ging auf. Mit einem Satz sprang sie über die Schwelle, riß die Tür hinter sich zu, tastete nach den Riegeln, drückte sie zu… Und sank auf die Knie.
Draußen stieß etwas an die versperrte Tür.
Nach einer Weile öffnete Magrat die Augen und fragte sich sofort, ob sie wirklich die Lider gehoben hatte: An der Dunkelheit änderte sich überhaupt nichts. Irgend etwas teilte ihr mit, daß weiter vorn… Platz war. Es gab viele Dinge im Schloß, unter ihnen auch verborgene Kammern und so… Direkt vor Magrat mochte sich eine tiefe Grube befinden. Praktisch alles war möglich. Die Ex-Hexe hielt sich am Türrahmen fest, als sie aufstand und die andere Hand in Richtung Wand ausstreckte.
Sie ertastete ein kleines Bord. Eine Kerze stand darauf. Und daneben lag ein Bündel Streichhölzer.
Magrat versuchte, das rasende Pochen ihres Herzens unter Kontrolle zu bringen, indem sie dachte: Dies muß ein Zimmer sein, das ab und zu benutzt wird. Die meisten Leute in Lancre benutzten nach wie vor Zunderbüchsen. Nur der König konnte es sich leisten, Streichhölzer aus Ankh-Morpork kommen zu lassen. Oma Wetterwachs und Nanny Ogg benutzten sie ebenfalls. Allerdings wären sie nie auf die Idee gekommen, Streichhölzer zu kaufen – sie gingen einfach davon aus, daß man sie ihnen schenkte. Nun, als Hexe bekam man viele Dinge geschenkt.
Magrat zündete die Kerze an und drehte den Kopf, um festzustellen, in welchem Raum sie sich befand.
Oh…
»Na so was«, brummte Ridcully. »Der Baum dort kommt mir bekannt vor.«
»Sei still.«
»Wenn ich mich recht entsinne, hat jemand gesagt, wir müßten nur am Hang nach oben«, fuhr der Erzkanzler fort.
»Sei still.«
»Als wir damals in diesem Wald spazierengegangen sind, hast du mir erlaubt…«
»Sei still.«
Oma Wetterwachs setzte sich auf einen
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