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Lost Girl. Im Schatten der Anderen

Lost Girl. Im Schatten der Anderen

Titel: Lost Girl. Im Schatten der Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Ströle
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liebte sie auch.«
    »Dann verstehe ich ihr Verhalten nicht«, sagt Adrian. »Sie hat Ophelia mit einem Fleischmesser bedroht. Oder war das lieb gemeint?«
    »Adrian …«
    »Genug!« Adrians Stimme rollt wie ein Donnergrollen durch das Zimmer und bringt alle zum Schweigen. Nur Matthew wirkt entspannt. Er sieht geradezu so aus, als erweise er Adrian mit seinem Schweigen eine große Ehre. »Wir klagen sie an und dann wird sie bestraft.«
    »Du kannst nicht einfach ignorieren, was Eva gerade gesagt hat«, mischt sich Elsa ein. »Du kannst nicht so tun, als hätte Matthew ihr dieses Versprechen nie …«
    »Du siehst doch, dass ich es sehr wohl kann, Elsa. Manche Menschen halten ihre Versprechen, wie zum Beispiel du, Erik. Du hast bei all deinen Fehlern eine fast schon lästige moralische Ader. Aber Matthew nicht. Ehre und Verlässlichkeit sind für ihn Fremdwörter.«
    »Die Menschen rechnen bei mir immer mit dem Schlimmsten«, sagt Matthew bekümmert. »Aber ich gebe ja zu, man kann mir vielleicht nicht uneingeschränkt vertrauen und ich war in der Vergangenheit tatsächlich nicht immer ehrlich. Adrian könnte also womöglich nicht ganz Unrecht haben.«
    Erik presst die Lippen zusammen. »Aber mit dem Versprechen, das du damals in diesem Zimmer gegeben hast, war es dir ernst.«
    »Aber Matthews Versprechen ist mir egal.« Adrian streckt die Hand aus und packt mich am Nacken. »Nichts kann mich daran hindern, sie zu töten, und zwar jetzt.« Ich will mich losmachen, aber seine Finger graben sich wie stählerne Klauen in meine Haut. Er könnte mich auf der Stelle in Stücke reißen. Dabei sieht er nicht mich an, sondern Matthew. Abwartend. »Und? Willst du mich aufhalten?«
    Matthew scheint sich heute ganz besonders für seine Fingernägel zu interessieren. »Mach ruhig weiter.«
    »Nein!«, schreit Mina Ma.
    Ich wehre mich verzweifelt, aber sein Griff wird nur fester. Erik macht einen Schritt nach vorn, doch Matthew bedeutet ihm mit erhobener Hand, stehen zu bleiben. Mina Mas Augen schießen zornige Blitze.
    »Er wird es nicht tun.« Matthew lächelt Adrian an. »Er würde mir genauso wenig ein Messer in den Leib rammen wie ich ihm.«
    Heißt das, ich bedeute ihm doch noch etwas? Sonst kapiere ich nicht, warum er meinen Tod mit einem Messer in seinem Leib vergleicht. Adrian dagegen scheint es zu verstehen, denn er lässt mich los. Ich sehe zwischen ihm und Matthew hin und her und mir ist auf einmal, als verbinde die beiden ein Band, bestehend aus Freundschaft, Treue, gemeinsamen Geheimnissen und den dunklen Leidenschaften der Meisterei. Wenn sie widersprüchliche Entscheidungen treffen, streckt und dehnt sich das Band, aber es reißt nicht. Stattdessen zieht es sich anschließend wieder zusammen. Ich bin die Kraft, die am einen Ende zerrt, aber egal wie stark ich daran reiße, das Band wird sich immer wieder zusammenziehen. Egal ob Matthew sein Versprechen hält oder nicht, er wird immer auf Adrians Seite stehen. Von dem Menschen, der mich in einem hellgrünen Kinderzimmer in den Schlaf gesungen hat, ist nicht mehr viel übrig.
    Aber vielleicht gerade noch genug.
    »Wir könnten natürlich Anklage erheben, um deinen Blutdurst zu stillen, Adrian«, sagt Matthew. »Aber es wäre eine solche Zeitverschwendung und ich habe am Vormittag eine wichtige Verabredung zum Tee. Verschone das Mädchen. Widerrufe den Schlafbefehl. Du musst sie nicht einfach laufen lassen. Schick sie zu ihren Nenneltern zurück, sie sind vermutlich bereit, sie zu behalten.« Er sieht auf einmal müde und verbittert aus. »Ich will nicht mehr darüber reden.«
    »Ich schließe mich seiner Meinung an«, sagt Elsa. Ein merkwürdiger Ausdruck ist in ihre Augen getreten, als sähe sie die ihr bekannte Welt zusammenbrechen und als freute sie sich darüber. »Wenn es tatsächlich zu einem Prozess käme, Adrian, würdest du überstimmt.«
    Ich wage es nicht aufzuatmen, noch nicht. Dass ich mein Leben behalten und selbst darüber bestimmen könnte, kommt mir ganz und gar unwirklich vor.
    Adrian sagt lange nichts. Sein Schweigen ist viel unheimlicher als ein Wutausbruch. Dann lächelt er und mir läuft ein Schauer über den Rücken. Denn hinter dem Lächeln verbergen sich Wut, Trauer und Hass. Er wird nie vergessen, wie Ophelia gestorben ist, und dass er mich bestrafen wollte, dann aber doch gehen lassen musste.
    »Ich bin diesmal also überstimmt«, sagt er. »Gut, du bist frei.« Er geht zur Tür und bleibt stehen. »Aber du wirst wiederkommen. Denn

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