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Lost Girl. Im Schatten der Anderen

Lost Girl. Im Schatten der Anderen

Titel: Lost Girl. Im Schatten der Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Ströle
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aufgerissen. »Ich … ich wollte niemanden verletzen.«
    Ich stimme ihm nicht zu. Warum auch? Er ist mein Feind. Er tut, was die Meister ihm befehlen. Vielleicht hat er schon Echos umgebracht, vielleicht auch normale Menschen. Trotzdem weiß ich, dass er Ophelia nicht erstechen wollte.
    Mina Mas Stimme zittert, aber sie zwingt sich zur Ruhe. »Genug«, sagt sie zu Theseus. »Beruhige dich. Du musst Hilfe holen.«
    Der Wächter zögert. Wirft mir einen Blick zu. »Aber das Mä…«
    »Glaubst du, ich werde nicht mit einem Echo fertig, das ich selbst großgezogen habe?«, ruft Mina Ma. »Idiot! Los!«
    Theseus geht. Ich höre seine Schritte kaum. Er bewegt sich schnell und sicher und nahezu lautlos. Wie ich.
    Mir ist elend zumute. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ophelia blutet und ich bin schuld daran. Alles, was mir wichtig ist und mir etwas bedeutet, entgleitet mir.
    »Eva«, sagt Mina Ma entschieden. »Du musst gehen.«
    »Was?« Ich sehe sie erschrocken an. »Aber … aber Ophelia … ich kann sie doch nicht allein lassen …«
    »Ich kümmere mich um sie. Der Wächter holt Hilfe und sie wird sich wieder erholen. Du musst von hier verschwinden, solange du noch kannst. Eine solche Chance bekommst du nie wieder. Eva!« Mina Ma rüttelt mich an den Schultern. »Du musst, um meinetwillen. Wenn du nicht gehst, wird man dich zum Tod verurteilen. Oder zumindest zwingen, die Vereinbarung mit Adrian einzuhalten.«
    »Aber Ophelia …«, würge ich heraus.
    »Die Wunde ist nicht so schlimm, wie sie aussieht«, sagt Mina Ma ruhig und sieht mir fest in die Augen. »Ophelia wird wieder gesund werden. Aber du musst jetzt gehen.«
    Ich streichle Ophelias Wange. Mein Daumen hinterlässt eine blutige Spur. Ophelia wollte, dass ich ihr verzeihe, aber ich habe es nicht getan. Sie hat mich verraten und ich habe sie beinahe getötet. Ich habe gekämpft, um Sean zu retten und um selbst zu überleben. Und ich habe es geschafft, ich kann die Meisterei verlassen, aber um welchen Preis? Es gibt immer einen Preis. Ich blicke auf Ophelias Gesicht hinunter und muss an die fünf kleinen Entchen denken, die nacheinander über den Hügel gehen und verschwinden …
    Dann sehe ich wieder Mina Ma an. Ophelia wird sich erholen, wird gesund werden. Mina Ma würde mich nicht anlügen.
    »Geh endlich!«, schimpft sie.
    Ich unterdrücke ein Schluchzen und renne los.

11. Grün
    I ch habe nur noch ein Dutzend Meter bis zum Fuß der Treppe, da höre ich, wie mir eilige Schritte entgegenkommen. Hastig drücke ich mich in eine Nische, hinter eine alte Rüstung. Mein Herz rast. Ich muss ständig an Ophelia und den dunklen Fleck auf ihrem Kleid denken. Ich bin schweißgebadet.
    Theseus und eine Frau in einem weißen Kittel, offenbar eine Ärztin, eilen an mir vorbei und die Treppe hinauf. Demnach habe ich die Schritte der Ärztin gehört. Theseus geht lautlos. Die beiden bemerken mich nicht.
    Ich warte, bis die Schritte verklungen sind, dann steige ich die Treppe vollends hinunter. An ihrem Fuß bleibe ich stehen und blicke misstrauisch in verschiedene Richtungen und Gänge. Niemand ist zu sehen. Ich kenne mich in der Meisterei nicht aus und weiß nicht, wie ich nach draußen komme. Das Eingangstor kann ich nicht benutzen, es ist bestimmt bewacht. Ich kann nur hoffen, dass ich ein leeres Zimmer im Erdgeschoss finde und durch das Fenster steigen kann, ohne gesehen zu werden.
    Theseus wird gleich oben im Turm ankommen und feststellen, dass ich geflohen bin. Ich muss mich beeilen. Bald werden sie mich suchen.
    Blindlings renne ich einen Gang entlang und biege um eine Ecke. Ich lasse meine Füße die Richtung wählen. Sie zögern nicht, sondern laufen einfach weiter, als wüssten sie, wohin es geht. Die Pfeiler und Gewölbe der Meisterei ragen über mir auf und ein ganzes Heer von Wasserspeiern blickt grinsend von den Mauern auf mich herunter. Im Laufen drehe ich an verschiedenen Türgriffen. Doch die meisten Türen sind abgesperrt, die Fenster auf den Gängen doppelt verglast.
    Vor mir öffnet sich ein Torbogen. Ich renne hindurch. Das Aussehen der Gänge ändert sich. Die Wände sind jetzt holzgetäfelt. Ich strecke die Hand nach einem Türgriff aus, höre aber ein Geräusch und halte inne. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ich lausche. Hinter der Tür geht jemand auf und ab und ich höre Stimmen. Sosehr ich mich auch anstrenge, ich kann nichts verstehen. Ist das – Matthew?
    Ich lausche nicht länger, sondern stürze den Gang hinunter bis zu einer

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