Lost Land
Ich verstehe ihn nicht. Und ich weià auch nicht, ob ich ihn jemals verstanden habe.«
Nix stieà ihn fest gegen die Brust. »Was sollâs? Er hat meine Mom nicht gerettet, obwohl er es gekonnt hätte.«
»Nix, ich weiÃ, dass du verletzt bist. Und ich wünschte, ich könnte es wiedergutmachen, das schwöre ich bei Gott. Ichwünschte, ich könnte alles ändern, könnte alles, was geschehen ist, ungeschehen machen. Wenn ich es könnte ⦠ich würde alles dafür geben. Ich würde mein Leben opfern, wenn ich dir und deiner Mom damit helfen würde.«
Nix wollte etwas sagen, doch er berührte ihren Arm.
»Wenn du mich brauchst, damit du jemanden hast, auf den du einschlagen kannst ⦠an dem du dich abreagieren kannst, zum Beispiel, indem du mich von diesem Turm herunterwirfst ⦠wenn dir das auch nur ein bisschen hilft, dann tu es. Was mit mir passiert, ist mir mittlerweile egal. Ich habe, was ich wollte.«
»Und was ist das?«, fragte Nix fordernd.
»Dich«, erklärte er. »Du bist wieder in Sicherheit. Diese Scheusale haben dich nicht mehr in ihrer Hand.«
Sprachlos starrte Nix ihn an, wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort hervor.
Benny zog das abgewetzte Tagebuch aus seiner GesäÃtasche und drückte es ihr in die Hand. »Das hier hab ich auf dem FuÃboden in deinem Zimmer gefunden. Ich habe es behalten ⦠aber nicht gelesen. Ich habe es behalten, weil es mir die Gewissheit gab, dass ich dich wiederfinden würde.«
Nix nahm das Tagebuch und strich im blassen Schein der Mondsichel mit dem Finger über den Umschlag. Als sie aufschaute, standen ihr erneut Tränen in den Augen. »Benny, ich â¦Â«, setzte sie an.
Doch bevor sie noch etwas sagen konnte, beugte er sich vor und küsste sie. Es war die falsche Zeit, der falsche Ort, die falsche Situation. In ihrer ganzen Welt gab es nichts, das richtig gewesen wäre.
Nichts auÃer diesem Kuss.
Nach einer Weile schlief Nix erschöpft ein, den Kopf auf Bennys SchoÃ. Benny blieb dagegen wach, strich ihr über das Haar und starrte gedankenverloren zum unendlichen Sternenhimmel hinauf. Jenem ersten heiÃen Kuss waren weitere gefolgt. Und als Nix das Ausmaà ihres Verlusts bewusst geworden war, hatte sie weitere Tränen vergossen. Aber diese waren sanfter gewesen. Die Tränen des Schocks und des Nichtbegreifens waren schon geflossen â diesen Sturm hatten sie bereits hinter sich. Die späteren Tränen entsprangen einer tiefen, untröstlichen Einsicht.
Ihr Leben hatte sich verändert. Ihre Welt hatte sich verändert. Während Benny da saà und Nix übers Haar strich, hatte er das sonderbare Gefühl, wenn er sich umdrehte, dann könnte er das Gestern und Vorgestern sehen ⦠dann könnte er bis zu dem Punkt zurückblicken, an dem er beschlossen hatte, bei Tom in die Lehre zu gehen. Das war der Moment gewesen, ab dem seine Route vom normalen und vorhersehbaren Verlauf seines Lebens abgewichen war. Er wünschte, er könnte dies dem Benny von vor zehn Tagen zurufen und ihn laut warnen, diesen Weg nicht einzuschlagen. Nimm den Job in der Grube an, arbeite für dendeutschen Schlosser, besorg dir einen Job auf dem Turm mit Chong. Mach alles, nur das hier nicht.
Während er darüber nachdachte, spürte Benny, wie ihm übel wurde und wie sich furchtbare Fragen wie Geschwüre in ihm ausbreiteten.
Wäre das alles hier passiert, wenn ich diesen verdammten Job bei Tom nicht angenommen hätte?
Und schlimmer noch â¦
Wäre überhaupt irgendetwas von dem hier passiert?
Tief in seinem Inneren wusste er, dass diese Gedanken dumm und falsch waren. Charlie und der Hammer hätten es trotzdem auf Tom, Sacchetto und Nixâ Mutter abgesehen.
Oder doch nicht?
AuÃerdem war ihm klar, dass die Qual, die er empfand, sich nicht von der Schuld unterschied, die Nix quälte, weil sie Zak erzählt hatte, ihre Mutter wisse etwas über Lilah. Es sollte verboten werden, Dinge, die man sagte und in aller Unschuld tat, als Waffe einzusetzen. Sie beide trugen keine Schuld, folgerte Benny schlieÃlich, denn diese lag voll und ganz bei Charlie.
Allein der Gedanke an diesen Namen entfachte ein Höllenfeuer in ihm. Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte er, Tom wäre da und würde ihm helfen, das alles zu verstehen. Tom. Den GroÃteil seines Lebens hatte Benny ihn
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