Lost Land
gehasst und er hatte gerade erst damit begonnen, ihn zu mögen, auch wenn er nicht wirklich schlau aus ihm wurde. Und nun hatten die Zombies ihn erwischt.
Die plötzliche Erkenntnis, dass Tom nicht nur tot, sondern wahrscheinlich ein Zombie war, traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Benny schloss die Augen und stieà auf jene alte, uralteErinnerung, in der ihn seine Mom in ihrem weiÃen Kleid mit den roten Ãrmeln in Toms Arme legte und diesen anschrie, er solle davonlaufen. Tom war weggelaufen und hatte sie zurückgelassen.
Tom, der Zombiejäger.
Tom, der Feigling.
Tom, der Zombie.
Würde man bald eine neue Zombiekarte herausgeben? Noch vor zwei Wochen hätte Benny diese Vorstellung lustig gefunden. Oder passend. Doch nun war das damit verbundene Grauen finsterer als die Nacht, die ihn umgab. Er erinnerte sich an ihren Streit, als Tom ihm den alten Mann und das Mädchen in der Kellnerinnenuniform gezeigt hatte.
»Das ist nicht das Gleiche. Das hier sind Zombies, Mann. Sie töten Leute. Sie fressen Leute auf.«
Tom hatte erwidert: »Sie waren mal Menschen.«
Nun war auch Tom einer von ihnen. Benny versuchte, nicht daran zu denken, wie Toms letzten Sekunden gewesen sein mussten. Die Salve aus der Schrotflinte des Hammers hatte ihn getroffen, Benny hatte das Blut spritzen sehen. Hatte der Schuss ihn getötet? Das wäre eine Gnade gewesen. Die Alternative lag jenseits allen Grauens. Blutbeschmiert in eine Horde von Zombies zu stürzen. WeiÃe Hände, die ihre Krallen in seine Haut schlugen, verfaulende graue Zähne, die sich in ihn verbissen, die an ihm rissen â¦
Das hatte Tom nicht verdient. Ob Tom ein Feigling war oder jemals gewesen war, wusste Benny nicht recht. Er zweifelte an seinen eigenen Erinnerungen an die Erste Nacht oder doch zumindest daran, wie er diese alten Erinnerungen deuten sollte.Aber unabhängig davon hatte Tom das, was ihm zugestoÃen war, nicht verdient.
Benny schauderte und Nix bewegte sich unruhig.
Ihr Anblick lenkte seine Gedanken in eine andere Richtung. Dieser Kuss. Mit Nix? Ausgerechnet Nix. Es war absurd, unmöglich. Vor dieser Hürde hatten sie bereits in der Stadt gestanden und sie waren nicht in der Lage gewesen, sie gemeinsam zu überwinden. Es war gefährlich und falsch, sich in einen Freund zu verlieben. Das verkomplizierte die Dinge. Chong und er hatten einst geschworen, sich nie in ein Mädchen aus ihrer Clique zu verlieben â ein kühnes Versprechen in einer so kleinen Stadt wie Mountainside. Und jetzt ⦠Nix Riley lag schlafend auf seinem Schoà und Benny hätte schwören können, dass er ihre warmen Lippen noch immer auf seinen spürte.
Nachdenklich zog er die ramponierte und fleckige Zombiekarte aus seiner Brusttasche und betrachtete das Verlorene Mädchen. Sofort verspürte er ein stechendes Schuldgefühl und blickte rasch auf Nix hinunter. Er sah, dass sich ihre Pupillen unter den geschlossenen Lidern bewegten und wusste, dass sie träumte. Ein gequältes Stöhnen drang über ihre geöffneten Lippen, aus dem Verletzung und Verlust, Verzweiflung und Schrecken, aber auch Wut und Trotz sprachen.
Benny strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
Verwirrung und widersprüchliche Gefühle kochten in ihm hoch. Selbst jetzt, selbst nach diesem unglaublichen Kuss, den Nix und er geteilt hatten, spürte er eine beinah körperliche Anziehungskraft, wenn er das Bild des Verlorenen Mädchens betrachtete. Das Verlangen, Lilah zu finden und zu beschützen, war noch immer genauso stark wie zu dem Zeitpunkt, als er auf derVeranda von Laffertyâs Krämerladen ihre Karte zum ersten Mal gesehen hatte, und das ergab jetzt für ihn genauso wenig Sinn wie damals. Er kannte dieses Mädchen doch gar nicht! Sogar Tom und Sacchetto hatten Lilah nicht richtig gekannt. Und selbst wenn sie noch immer irgendwo hier drauÃen lebte, war sie für niemanden von Bedeutung. Und doch â¦
Und doch.
Benny betrachtete ihr Bildnis auf der Karte eine ganze Weile, sogar als die Erschöpfung seine Lider schwer werden lieÃ. Nix stöhnte erneut auf, gefangen in ihren unruhigen Albträumen. Benny schaute von Nix zu dem Verlorenen Mädchen und wieder zurück zu Nix.
»Es tut mir leid«, sagte er.
Dann streckte er seine Hand aus und zum zweiten Mal öffnete er seine Finger und überlieà die Karte dem Wind. Dieser trug sie mit sich, hoch in die Luft,
Weitere Kostenlose Bücher