Lost Secrets 4
Zustimmung zu murmeln. Das war nicht der Psychologe in Eric gewesen, der da gesprochen hatte, auch nicht der Pastorensohn. Es waren die Worte eines Mannes gewesen, der sich verdammt nochmal mehr Gedanken über die Dinge machte, als sie selbst. Eine Tatsache, die sie mehr beschämte, als sie zugeben wollte.
Bis Eric den Wagen zum Stehen brachte, hing sie ihren Gedanken nach.
„Na, das sieht doch schon besser aus.“
Seine Worte ließen sie aufblicken.
Vor ihnen ragte die sonnengelb gestrichene Front eines vierstöckigen Neubaus auf. Der Eingang war von zwei bunten Säulen flankiert, die Türflügel waren mit Fingerfarben bemalt. Selbst das große Schild mit der Aufschrift „St. Marys Home“ war farbenfroh, und zweifellos nicht von Erwachsenen gestaltet worden.
Als Heather die Autotür öffnete, schlug ihr das Lachen und Kreischen von Kindern entgegen, die in einer Art überdimensioniertem Garten neben dem Haus ein Spiel mit mehreren Bällen spielten. Eric atmete hörbar aus und streckte Heather die Hand hin, die sie automatisch ergriff.
Noch ehe sie an der Eingangstür angekommen waren, schwang einer der gläsernen Türflügel auf. Eine Nonne, kräftig gebaut und um die Fünfzig, eilte ihnen mit ausgestreckten Händen entgegen.
„Willkommen im St. Marys!“ Ihre Stimme war etwas schrill und unmittelbar davon bedroht sich zu überschlagen, als sie Erics Hand ergriff und kräftig schüttelte. Dann wandte sie sich Heather zu. „Willkommen“, sagte sie noch einmal. „Wir freuen uns, Sie hier begrüßen zu dürfen.“
Heather warf Eric einen fragenden Blick zu, der mit einem Achselzucken antwortete.
„Miss … äh …“ Heather überlegte, wie man eine Nonne ansprach, wurde aber von dieser mit erstaunlicher Vehemenz ins Innere des Hauses gezerrt, so dass Eric nichts anderes übrigblieb, als den beiden zu folgen.
Der breite Flur war mit Teppich ausgelegt und auf einem Quadratzentimeter lagen mindestens zehn Kinderspielzeuge herum. Heather manövrierte sich erfolgreich hindurch, während Eric weniger Glück hatte und unter seinem schweren Schuh ein Spielzeugauto pulverisierte.
„Das tut mir leid“, sagte er schnell, doch die Nonne winkte nur ab.
„Machen Sie sich keine Sorgen. Wir haben Tausende dieser kleinen Stolperfallen herumliegen. Das lässt sich nicht verhindern. Wenn Sie erst eines unserer Kinder adoptiert haben, werden Sie schnell wissen, wovon ich spreche. Ich bin übrigens Schwester Agnes.“
Heather riss den Mund auf. Endlich begriff sie, warum sie hier so überschwänglich Willkommen geheißen wurden.
„Oh, ich fürchte, da liegt ein Missverständnis vor.“
Sie waren bereits in einem kleinen Büro angekommen, in dem so viele Grünpflanzen herumstanden wie in einem Feuchtbiotop.
„Missverständnis?“, fragte Schwester Agnes irritiert.
„Ja, sehen Sie, wir haben nicht vor ein Kind zu adoptieren, also …“ Sie warf Eric einen hilfesuchenden Blick zu, der sie jedoch nur schweigend musterte. „Wir … wir sind von der Polizei.“
Die Nonne griff sich ans Herz. „Ist einem der Kinder etwas passiert?“
„Nein!“ Heather schüttelte schnell den Kopf. „Nein, wir sind aus einem ganz anderen Grund hier. Es tut mir leid, falls wir den Eindruck erweckt haben …“ Diese verdammte Stotterei musste aufhören. „Wir haben ein paar Fragen an Sie, zu einem Jungen, der hier vor langer Zeit aufgenommen worden ist.“
Die Enttäuschung war im Gesicht der ältlichen Nonne schwer zu übersehen. Sie ließ sich etwas kraftlos auf ihren Schreibtischstuhl nieder und bot den beiden Platz an.
„Ach so“, sagte sie. „Als ich Sie beide Hand in Hand heraufkommen sah, hatte ich wohl einen falschen Schluss gezogen. Es tut mir leid, dass ich Sie so überfallen habe. Jedes Mal, wenn eines meiner Kinder Aussicht auf Eltern bekommt, werde ich ganz euphorisch.“ Sie wirkte so traurig, dass Heather fieberhaft überlegte, wie sie sie trösten konnte.
„Sie haben hier einen ganz wundervollen Ort geschaffen“, kam Eric ihr zuvor.
Das Gesicht der Schwester hellte sich ein wenig auf. „Die Kinder haben einen Großteil dazu beigetragen.“
„Wie viele Kinder leben hier bei Ihnen?“ Heather sah durch das Fenster hinaus in den Garten, wo Kinder unterschiedlichen Alters miteinander spielten.
„Sechsundzwanzig“, antwortete Schwester Agnes. „Die meisten sind zwischen zwölf und achtzehn Jahren alt. Unser Jüngster ist fünf.“
„Schwester Agnes, wir sind hier wegen eines Säuglings, der 1976
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