love sheriffs
bitte aufmachen?«
Ich reagiere nicht, sondern stelle mich vor den Spiegel und äffe seine Worte lautlos und mit einem mühsam beherrschten Gesichtsausdruck nach, wie ich ihn mir bei ihm zurzeit vorstelle.
»Liebling?« Klopf. »Bitte.« Klopf. Klopf. »Ich entschuldige mich auch für meine Wortwahl von vorhin. Aber ich war verständlicherweise aufgebracht. Trotzdem, es tut mir leid. In Ordnung? Mach jetzt bitte auf!«
Mein Spiegelbild streckt ihm die Zunge raus und zeigt ihm den Finger. Rohe Sitten in der Spiegelwelt.
Klopf. »Pia, komm jetzt.«
Klopf! »Lass uns vernünftig sein.«
KLOPF! »Jetzt mach schon auf, Menschenskind!«
Eine Minute lang höre ich nichts und befürchte schon, dass Richard gerade Anlauf nimmt, als er, das Gesicht offenbar direkt am Türblatt, mit unterdrückter Lautstärke ruft: »Pia, wenn du einen Rückfall hast wegen deinem ... deinem speziellen Problem, du weißt schon ... also, das ist ein ganz schlechter Zeitpunkt jetzt, hörst du!«
Ich höre, aber ich rede nicht. Ilona hat schwarzen Nagellack, sieh mal einer an. Ob mir der auch stehen würde?
»Jetzt reicht es! Wenn du nicht sofort auf ...«
Ich öffne und schaue Richard erstaunt an. »Was schreist du denn so? Kann man nicht einmal mehr auf der Toilette seine Ruhe haben?«
»Du warst da eine halbe Stunde drin, verdammt!«
»Na und? Wenn man seine Tage hat, dauert es eben etwas länger. Wenn du mit dem Playboy auf der Toilette verschwindest, brauchst du auch eine halbe Stunde, ehe du das Interview gelesen hast, oder?«
Er packt mich grob am Handgelenk und zerrt mich aus dem Badezimmer. »Was ziehst du hier eigentlich für eine Show ab? Die XX kann ich als Kunden abschreiben - und daran bist nur du schuld.«
»Die XX ist nicht wichtig«, entgegne ich. »Und ich bin auch nicht wichtig.« Ich deute Richtung Schlafzimmer. »Da oben liegt der einzige Mensch, der dir wichtig sein sollte. Und dessen Unterstützung oder auch nur dessen Anwesenheit keine Selbstverständlichkeit ist.«
»Was soll das heißen?«
»Das ist die Show, die heute Abend gelaufen ist: Was deine Frau leistet, ist keine Selbstverständlichkeit.«
»Das habe ich doch auch nie behauptet«, empört Richard sich.
»Vielleicht nicht mit dem, was du gesagt oder getan hast. Aber ganz sicher mit dem, was du nicht gesagt und nicht getan hast.«
»Ich will, dass du dich bei den Brunners entschuldigst«, meint Richard nur, ohne weiter auf meinen Vorwurf einzugehen. »Ich möchte wenigstens einen versöhnlichen Abschluss für diesen schrecklichen Abend.«
»Hmmmm.« Überlegend reibe ich mir die Unterlippe. »Und ich will, dass du dich bei Ilona entschuldigst. Dafür, dass du sie über die Jahre hinweg zu deiner Haus- und Liebesdienerin gemacht hast.«
Er will etwas entgegnen, aber ich stoppe ihn mit einer energischen Handbewegung und fahre fort: »Dafür, dass du ständig auf sie herabsiehst und ihr das Gefühl gibst, dir nicht ebenbürtig zu sein.«
»Man könnte meinen, ich sei ein Monster«, sagt Richard kopfschüttelnd. »Was mache ich denn so Schlimmes? Nur weil ich gelegentlich unordentlich bin, bin ich doch kein schlechter Mensch!«
»Nein, nicht deshalb«, bestätige ich. »Aber weil du glaubst, du hättest das Recht dazu. Weil du deine Frau demütigst, ohne es zu merken. Grundlos liegt meine Freundin ganz sicher nicht betrunken im Bett, wenn sie eigentlich Gäste empfangen sollte. Das ist ein Alarmsignal. Alarmstufe Rot, würde ich sagen. Rot wie Rote Grütze. Und in genau die fährst du eure Ehe, wenn du so weitermachst.«
Er kratzt sich nachdenklich am Hinterkopf. »Na ja, da ist schon was dran. In letzter Zeit habe ich mich wirklich hauptsächlich um meine Karriere gekümmert. Solange zu Hause alles glattlief, habe ich nicht weiter darüber nachgedacht und es vielleicht auch als selbstverständlich angesehen, kann sein. Ja, doch, das habe ich schon, wenn ich ehrlich bin. Und dass sie mir immer hinterherräumen muss, hat Ilona mir schon oft vorgehalten. Aber ich kenne es nicht anders. Als Kind musste ich nicht einmal mein Zimmer aufräumen. Meine Mutter hat mich in dieser Hinsicht wohl etwas verwöhnt. Ilona weiß ja, wie sie ist. Sie hat meiner Frau sogar schon angeboten, ihr zur Hand zu gehen, falls ihr die Hausarbeit zu viel wird.«
»Wie freundlich von ihr. Das ist doch viel netter als ein vergifteter Apfel«, spotte ich. »Entschuldige, war nicht so gemeint. Aber deine Mutter kann ihren Besen stehen lassen. Ich habe Ilona schon meine Hilfe
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