Love Train
würde ihm etwas bedeuten!
Marco Messmann, Sportass, Klassensprecher, Mädchenschwarm, hatte auf der Stufenparty ausgerechnet mich angegraben: Lena Wirschau, besondere Kennzeichen: keine. Natürlich war ich geschmeichelt. Natürlich hatte ich mit ihm rumgeknutscht. Und dann waren wir ein paar Wochen miteinander gegangen. Offiziell. Meine Güte, fühlte ich mich fantastisch! Und dann, tja, dann hatte Marco gesagt, dass es langsam mal an der Zeit wäre, dass ein bisschen mehr passierte als bloà Knutschen und Fummeln. Und ich â hatte mitgemacht. Weil alle es taten, das dachte ich zumindest. Und weil ich Angst hatte, Marco würde mich sonst abservieren.
Was er im Ãbrigen dann auch tat. Nur einen Tag danach. Weil ich ihm gestand, dass mir das alles zu schnell gegangen war, und ihn bat, mir etwas mehr Zeit zu lassen. Wie gesagt: Ich war so was von naiv! Er nahm mein Herz, schmiss es achtlos auf den Boden und trat wie zufällig darauf, als er mich links liegen lieÃ. Zwei Tage später hatte er eine neue Freundin, Susan aus der Stufe über uns, die gerne damit angab, dass sie schon mit fünf Jungs geschlafen hatte. Danach hatte ich mir geschworen, mich nie wieder in einen Jungen zu verlieben, bei dem auch nur die geringste Gefahr bestand, dass er mich ebenso verletzen konnte.
»Lena, du tropfst.« Juli beugte sich zu mir und wischte mit ihrem Zeigefinger die Tränen von meinem Gesicht, die mir jetzt unaufhörlich aus den Augen strömten. »Erzähl mir, was passiert ist. Ãber manche Sachen muss man reden, weiÃt du, die werden immer schlimmer, je länger man sie mit sich rumschleppt.«
Ich blinzelte und schluckte kräftig, aber es half alles nichts, ich wusste plötzlich, dass Juli recht hatte. Ich musste jemandem davon erzählen, es war längst überfällig. Ansehen konnte ich meine Schwester dabei allerdings nicht, also berichtete ich dem wolkenlosen Himmel stockend, was vor etwas mehr als einem Jahr geschehen war. Es dauerte eine Weile, bis alles raus war, und es flossen noch einige Tränen, aber als ich fertig war, fühlte es sich an, als wären mir gerade mindestens fünf der groÃen Steine am Boden von der Brust gerutscht.
»So ein kleines ScheiÃerchen«, stieà meine Schwester voller Inbrunst hervor. Sie schüttelte sich, als hätte sie gerade ein besonders ekliges Insekt entdeckt.
»Das ist der passendste Ausdruck, den ich je für Marco Messmann gehört habe«, stimmte ich zu. Und plötzlich musste ich kichern. Aus dem Kichern wurde ein Lachen, in das Juli etwas verwundert einstimmte. Wir kicherten und lachten und kicherten, und immer, wenn wir uns gerade beruhigt hatten, sagte eine von uns »kleines ScheiÃerchen«, und dann ging es wieder von vorn los. Ach, es tat so gut, Marco Messmann als das zu sehen, was er war: ein ekliges Insekt!
»Aber, Lena«, sagte Juli mit einem Mal völlig ernst. »Du weiÃt, dass nicht alle Jungs so sind, oder?«
»Ja«, gab ich zurück. Natürlich wusste ich das. »Nur, woher soll man vorher wissen, ob man es mit einem Traumtyp oder mit einem kleinen ScheiÃerchen zu tun hat?«
»Genau hinsehen, würde ich sagen. Und auf das eigene Bauchgefühl vertrauen.« Juli zuckte mit den Schultern. »Aber ich fürchte, ein gewisses Restrisiko bleibt immer.«
Wer zugibt, dass er feige ist, hat Mut! Ich überlege, mir den Spruch auf ein T-Shirt drucken zu lassen.Â
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»Lena, es wird Zeit!«
»Moment noch.« Hektisch tippte ich auf der Tastatur des Computers herum. Seit meinem ersten Blogeintrag war kein Tag vergangen, an dem ich nicht wenigstens ein paar Sätze online gestellt hätte. Ich musste zugeben: Es hatte einen gewissen Suchtfaktor. Selbstverständlich sendete ich nicht alles, was mich bewegte, in die Weiten des Internets, aber ich war selbst erstaunt, wie toll es sich anfühlte, meine Gedanken und Erlebnisse mitzuteilen und zu wissen, dass sie gelesen wurden. Ich hatte sogar schon einige ziemlich witzige und nette Kommentare zu meinen Einträgen bekommen.
Im Grunde hatten mir diese Reaktionen auf meine Schreiberei immer gefehlt, das merkte ich jetzt. Warum sonst hatte ich Textstellen aus meinem Tagebuch freigelassen, damit andere sie lesen konnten? Dieses Hobby hatte ich übrigens aufgegeben, denn das Bloggen machte mir viel gröÃeren SpaÃ. Tagebuch schrieb ich trotzdem noch â
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