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Lovecraft, H. P.

Lovecraft, H. P.

Titel: Lovecraft, H. P. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stadt ohne Namen
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dem spärlichen Schwammbewuchs in der Nähe des riesigen Herdes der im Keller gelegenen Küche glaubten erkennen zu können. Gelegentlich fiel uns auf, daß dieser Fleck eine unheimliche Ähnlichkeit mit einer zusammengekauerten Menschengestalt habe, obwohl im allgemeinen kein derartiger Gedankenzusammenhang bestand, und häufig fand sich überhaupt kein weißlicher Niederschlag. An einem bestimmten, verregneten Nachmittag, als diese Illusion besonders ausgeprägt erschien und als ich mir noch zusätzlich eingebildet hatte, ich hätte eine Art von dünner, gelblicher Ausdünstung bemerkt, die sich von dem Salpetermuster zur Kamin−Öffnung des Herdes hinaufzog, sprach ich mit meinem Onkel über die Sache. Er lächelte über diese merkwürdige Einbildung, aber mir schien, als ob dieses Lächeln etwas von Erinnerungen geprägt sei. Ich hörte später, daß eine ähnliche Vorstellung sich in einigen der unheimlichen Geschichten des einfachen Volkes fand − eine Vorstellung, die gleichermaßen auf leichenfressende Dämonen, Wolfsgestalten, die, sich aus dem Rauch des großen Kamins entwickelten, und auf merkwürdige Umrisse der kräftigem Baumwurzeln, die sich durch die losen Steine des Fundaments ihren Weg in den Keller bahnten, anspielte.
    II
    Erst als ich erwachsen war, machte mich mein Onkel mit den Notizen und Daten bekannt, die er bezüglich des gemiedenen Hauses gesammelt hatte. Dr.
    Whipple war ein vernünftiger, konservativer Arzt der alten Schule, und er war trotz all seines Interesses an dem Haus nicht darauf aus, einen jungen Menschen in seinem Interesse für das Anomale zu ermutigen. Seine eigene Ansicht, die lediglich ein Gebäude und Standort von ausgesprochen gesundheitsschädlichen Eigenschaften voraussetzte, hatte nichts mit abnormen Dingen zu tun, aber es war ihm klar, daß gerade das Malerische, das sein eigenes Interesse erregte, im phantasievollen Geist eines Jungen die Form aller möglichen grausamen, phantastischen Gedankenverbindungen aufleben lassen würde.
    Der Doktor war Junggeselle, ein weißhaariger, altmodischer Gentleman und ein bedeutender Lokalhistoriker, der oft mit solch streitsüchtigen Hütern der Tradition, wie Sidney S. Rider und Thomas W. Bicknell die Degen gekreuzt hatte. Er lebte mit einem Diener in einem georgianischen Heim mit Türklopfer und einer Treppe mit Eisengeländer, das unheimlich auf der steilen Steigung der North Court Street neben dem alten aus Ziegeln gebauten Gerichts− und Kolonialgebäude balancierte, wo sein Großvater −ein Vetter des berühmten Kaperkapitäns Whipple, der den bewaffneten Schoner seiner Majestät, Gaspee, 1772 verbrannte − in der gesetzgebenden Körperschaft am 4. Mai 1776 für die Unabhängigkeit der Rhode Island Kolonie gestimmt hatte. In der feuchten, niederen Bibliothek mit der modrigen weißen Täfelung, geschnitztem Wandschmuck über dem Kaminsims, weinbewachsenen Fenstern mit kleinen Scheiben, befanden sich um ihn all die Erinnerungsstücke und Andenken an seine alteingesessene Familie, unter denen sich viele zweifelhafte Anspielungen auf das gemiedene Haus in Benefit Street befanden. Dieser Pestort liegt nicht weit entfernt − denn die Benefit Street verläuft längs oberhalb des Gerichtsgebäudes, entlang eines abfallenden Hügels, auf den sich die erste Siedlung hinaufzog.Als am Ende meine dauernden Belästigungen und mein Erwachsensein aus meinem Onkel den gehüteten Schatz, den ich haben wollte, herauslockten, da lag vor mir eine Chronik, die merkwürdig genug war. So langatmig, statistisch und langweilig genealogisch manches an der Sache war, so lief doch ein nicht abreißender Faden von brütendem, hartnäckigem Grauen und übernatürlicher Bosheit hindurch, der mich noch mehr beeindruckte, als er den guten Doktor beeindruckt hatte. Weit auseinanderliegende Ereignisse paßten unheimlich zusammen, und scheinbar unbedeutende Einzelheiten waren Fundgruben schrecklicher Möglichkeiten. Eine neue und brennende Neugier wuchs in mir, mit der verglichen meine jungenhafte Neugier schwach und unfertig erschien. Die erste Enthüllung führte zu einer erschöpfenden Untersuchung und schließlich zu der schauerlichen Suche, die sich für mich und die Meinen so verhängnisvoll auswirken sollte. Denn mein Onkel bestand schließlich darauf, sich der von mir begonnenen Suche anzuschließen, und nach einer gewissen Nacht in jenem Haus verließ er es nicht mit mir. Ich fühlte mich einsam ohne die gütige Seele, deren lange Lebensjahre nur

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