Lovers (German Edition)
schlecht, um jemandem von den anderen zu begegnen. Sie werden wissen, dass irgendwas nicht stimmt. Vor allem Viviane. Und ich will mit niemandem darüber reden. Außer mit Jack. Aber was kann ich denn jetzt noch sagen?
Ich fühle mich völlig verloren und machtlos.
Audreys Worte kommen mir wieder in den Sinn. Was sie darüber sagte, dass ich niemandem erlauben dürfe, zu viel Macht über mich zu haben. Ich weiß, dass sie recht hat. Ich fühle mich nur nicht stark genug, dagegen anzukämpfen. Oder um ihn zu kämpfen. Und warum sollte ich das auch, wenn er es nicht will?
Vielleicht, weil ich stärker bin als er? Wäre das möglich?
Ich drehe mich herum und lehne mich über die Bettkante, um das Fenster zu öffnen. Draußen kühlt es merklich ab. Die Sonne ist am Himmel ein kleiner, orange glühender Ball, der langsam herabsinkt, um sich mit den dunklen Wellenkämmen zu treffen. Ich atme die Meerluft ein und lasse das Salz in meine Lungen strömen.
Warum zur Hölle sollte ich ihn ohne Kampf aufgeben? Vielleicht ist dies der Zeitpunkt, um etwas zu kämpfen und mutiger zu sein als das Bild, das ich immer von mir gezeichnet habe. Dieses kleine, ängstliche Mädchen … Vielleicht gibt es in diesem Fall jemanden, der mehr Angst hat als ich.
Ich steige aus dem Bett, ziehe mir eine Jeans und einen dünnen Baumwollpullover an. Meine Füße schlüpfen in Sandalen. Ich schaue noch einmal zum Bett und widerstehe dem Drang, die zerknautschte Tagesdecke zu glätten und die Kissen aufzuschütteln. Ich will nicht länger diese Person sein. Jetzt noch viel weniger als vorher.
Ich öffne die Tür und trete in die nächtliche Dunkelheit, folge dem Kiesweg, der zwischen Jacks und meinem Cottage entlang führt. Es ist noch nicht ganz dunkel, aber sein Verandalicht brennt und verströmt ein warmes, schwaches Licht, das den Nebel durchschneidet, der jeden Abend vom Meer heraufzieht.
Ich trete näher und sehe, dass die Tür halb offen steht. Licht fällt auf die Veranda und erleuchtet den Türrahmen. Ich gehe noch weiter und blinzle im schwachen Licht. Meine Augen und mein Verstand brauchen einen Moment, sich daran zu gewöhnen.
Jack ist im Cottage. Und in seinen Armen liegt Audrey. Ihre dunklen Haare fließen wie ein Vorhang aus Seide über ihren Rücken, den sie mir zuwendet. Jack ist zu sehr damit beschäftigt, sie zu küssen, um mich in der Tür zu bemerken. Ich kann von meiner Position aus alles sehen. Mein Herz stockt. Er hat die Brauen zusammengezogen. Seine Hände liegen auf ihren nackten Schultern, und ich sehe, dass sie kein Oberteil anhat. Sie trägt nichts außer einer knappen Jeansshorts, die kaum die glatten Backen ihres Arschs bedecken. Und ich denke für einen dummen Moment noch, wie sexy sie ist: halb angezogen und mit gelöstem Haar.
Ich bin eine Idiotin. Aus vielen Gründen.
Ich schüttle den Kopf und schaffe es irgendwie, durch meine zugeschnürte Kehle hervorzustoßen: “Verdammt, Jack.”
Sein Kopf ruckt hoch, und er schiebt Audrey von sich weg und starrt mich an.
“Bettina …”
Ich wende mich ab und renne fort. Am Strand entlang direkt auf die brandenden, wilden Wellen zu. Oh, ich habe nicht vor, hineinzuspringen. Nein, ich muss nur sofort von hier verschwinden, um endlich wieder Luft zu kriegen. Ich brauche die Kraft des Ozeans, damit er diese tiefe Trauer und Wut fortwäscht, die sich in meinem Magen ballen.
Ich erreiche den Sand und stürze irgendwie. Zu viele Gefühle haben meinen Körper überwältigt, um noch einen Moment stehen zu können.
So dumm, dumm, dumm …
Aber ich wehre mich mit aller Kraft. Nicht ich bin dumm, verdammt noch mal! Er verhält sich dumm.
Verdammt.
Dann kommen die Tränen, und ich hasse sie. Aber ich weiß auch, dass es nicht die üblichen Tränen voller Selbstmitleid sind. Es ist nur Trauer. Eine schreckliche, schwere Traurigkeit. Und ich erfahre zum ersten Mal, wie es sich anfühlt, wenn mir das Herz gebrochen wird. Aber das auch nur, weil ich mich endlich jemandem ganz hingegeben habe.
Jack.
Ein Teil meines Verstands wartet und hofft, dass er mir folgt, aber ich bin zu sehr Realistin, um zu glauben, dass er das wirklich machen wird. Er wird bei Audrey bleiben und weiter das zerstören, was wir hätten haben können. So hat er es nämlich gewollt. Er ist mir gegenüber zumindest ehrlich gewesen. Mehr darf ich von ihm nicht erwarten; das wäre nicht fair. Und realistisch wäre es auch nicht.
Manchmal ist es echt schrecklich, Realist zu sein.
Ich sitze lange im
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