Lovers (German Edition)
Sand und sehe zum Mond auf, betrachte das Wasser und die Nebelschleier, die über den dunklen Himmel ziehen. Ich will meine Traurigkeit eindämmen, aber das kann ich jetzt nicht mehr. Und die Tränen sind zumindest so sanft, dass sie sich kathartisch anfühlen. Sie sind sanft, weil ich selbst jetzt, in dieser verfluchten, furchtbaren Situation weiß, wie viel ich gelernt habe. Von Jack und von Audrey. Ich kann keinen von ihnen hassen.
Auch mich kann ich nicht mehr hassen.
Ich wische mir die Tränen mit dem Ärmel vom Gesicht und atme tief ein und aus. Versuche, mich zu beruhigen. Nach einiger Zeit gelingt es mir sogar, und schließlich versiegen die Tränen.
Der Himmel ist jetzt dunkel und tintenschwarz bis auf den fast vollen Mond. Und dort, wo er das Wasser berührt und reflektiert, ist gerade genug Silberlicht, um etwas sehen zu können. Ich lege mich auf dem Rücken in den Sand, der vom Tag noch warm ist, und gestatte meinem Verstand, ganz und gar leer zu sein. Ich hoffe auf Frieden und finde ein wenig davon in dieser endlosen, nachtschwarzen Kuppel über mir.
Das kehlige Rollen der Brandung dröhnt mir in den Ohren und tröstet mich. Als ob dieses Geräusch eine Decke ist, die mich umhüllt und auf der Erde hält. Es hilft mir, im Innern meines Kopfs zur Ruhe zu kommen. Ich werde von Erde und Wasser beruhigt, und das ist genau das, was dieser Ort für mich seit meiner Ankunft geboten hat, auch wenn ich mich jetzt schrecklich fühle. Trotz der Verwirrungen, die ich durchgemacht habe. Dafür bin ich dankbar.
Aber wütend bin ich auch noch.
Ich erkenne, dass es durchaus möglich ist, das alles zugleich zu sein.
“Bettina?”
Seine Stimme ist wie ein feiner, rauchdunkler Whiskey. Wie damals, als ich sie das erste Mal gehört habe.
Ich atme tief ein, ehe ich mich aufsetze, und er kniet sich neben mir in den Sand. Ich sehe das dunkle Funkeln seiner Augen, als er mich ansieht. Dann wischt er mit der Hand Sand von meinem Rücken, und ich will einfach in seine Arme sinken und seine Berührung genießen. Aber das darf ich nicht.
“Verdammt, Jack”, sage ich leise.
Er atmet neben mir laut aus. “Du hast jedes Recht, wütend auf mich zu sein.”
“Das bin ich auch.”
“Ich möchte das erklären.”
“Nein, das brauchst du nicht. Ich verstehe das, Jack. Du warst immer absolut ehrlich zu mir. Das muss mir nicht gefallen. Und ich muss dich auch nicht mögen. Aber du musst mir wirklich nichts erklären.”
“Verflixt, Bettina. Ich will aber.” Er packt meinen Arm und hält mich so fest, dass es wehtut. Seine Augen sind wie zwei Leuchtfeuer in der Dunkelheit. Das Mondlicht fängt ihr Funkeln ebenso ein wie das Tanzen der Wellen.
Ich setze mich aufrechter hin. “Was hättest du denn schon sagen können, Jack?”
“Dass das, was du da drin gesehen hast, ein verdammter Fehler war.”
“Ja, das war es.”
Mein Magen ist in Aufruhr, mein Puls hämmert. Die Wut macht mich noch stärker, und ich lasse sie wie eine brennende Welle durch mich hindurchfluten.
“Nein. Das meine ich damit nicht. Ich meine, dass es nicht war, wonach es aussah. Nicht so richtig.”
“Nicht so richtig? Willst du mich jetzt verarschen?”
“Hörst du mir jetzt bitte einfach zu, Bettina? Nur zuhören, okay? Ich möchte dir nämlich noch mehr sagen.”
Ich atme seufzend aus. “Also gut. Okay.”
Er lässt mich los und legt die Hand in seinen Nacken.
“Audrey kam heute Abend zu mir. Und wir haben geredet, über … dich. Über uns. Sie erinnerte mich daran, wie ähnlich wir uns sind, sie und ich. Dass keiner von uns sich je ändern wird und dass ich das akzeptieren muss, wie auch sie es akzeptiert hat.”
“Das ist doch Quatsch.”
Jetzt bin ich wirklich wütend.
“Tja, mag sein. Aber vor einer Stunde habe ich das nicht so gesehen. Ich sah nur die Wahrheit in ihren Worten. Die Wahrheit, an die ich für einen Großteil meines Lebens geglaubt habe. Sie sprach darüber, wie wir vielleicht zusammengehören. Sie und ich. Dass wir einander auf eine perverse Art verdienen. Irgendwie ergaben ihre Worte für mich einen Sinn.”
“Das ist auch Quatsch.”
Er reibt sich den Nacken und hält den Kopf gesenkt.
“Ja.” Er hebt seinen Kopf und sieht mich an. Selbst im Dunkeln spüre ich, wie sein Blick mich durchbohrt. “Du hast mich das erkennen lassen, Bettina. Wie viel von meiner Selbstwahrnehmung Quatsch ist. Wie du schon sagtest, es ist nur eine faule Ausrede.”
“Aber wenn du mit Audrey zusammen bist, glaubst du ihr
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