Lovers (German Edition)
erzeugt. Was ist der wahre Grund, warum sie mir das alles erzählt?
Ich nicke nur.
“Und”, fährt sie fort, “ich glaube, du bist manchmal etwas … zerbrechlich.”
Es klingt wie eine Anklage. Oder bilde ich mir das ein? Meine Unsicherheit gewinnt wieder die Oberhand. “Du findest mich zerbrechlich?”
“Sei doch nicht so empfindlich, Bettina”, sagt sie etwas zu achtlos. “Ich meinte damit nur, dass du schon vorher verletzt wurdest.”
“Wurden wir das nicht alle, Audrey? Ist nicht jeder irgendwie zerbrechlich? Du etwa nicht?”
Während ich es noch ausspreche, weiß ich, dass ich die Wahrheit sage. Sie war etwas grob zu mir, ein bisschen gemein. Aber ich habe Mitgefühl mit ihr. Audreys ganze Magie und ihr Strahlen sind echt, aber zum Teil ist ihr Verhalten nur aufgesetzt, um etwas zu verbergen. Sie schützt damit den Teil von ihr, der – darin ähnelt sie mir – noch immer ein kleines Mädchen ist, das sich vor der Welt fürchtet. Das macht mich wütend, und zugleich liebe ich sie umso mehr.
Was aber nicht erklärt, warum ich in Tränen ausbreche.
Ich schüttle den Kopf und wische mir mit dem Handrücken über die Augen. “Mir ist nur gerade bewusst geworden, dass ich nicht die Einzige bin, die manchmal Angst bekommt.”
“Kann schon sein”, sagt sie finster. Sie sieht mich jetzt nicht mehr an, und ich spüre, wie sie ihre Schutzwälle hochzieht.
Sie ist auf mich wütend. Und tut ein bisschen so, als wäre sie es nicht. Sie tut ziemlich oft so als ob. Ich frage mich jetzt sogar, ob das strahlende Lächeln von vorhin wirklich echt war oder eher eine Art Falle. Dann hasse ich mich sofort wieder dafür, wie ich so was auch nur denken kann.
“Wovor hast du Angst, Audrey?”
Sie zuckt mit den Schultern. “Vor allem.”
Ihre Antwort trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube. Genauso gut hätte ich das sagen können. Als wäre ich in den letzten Minuten Zeugin einer sich langsam entwickelnden Erleuchtung geworden, obwohl sie sich so passiv-aggressiv verhält. Und ich habe jetzt ein bisschen weniger Angst, weil sie ihre Angst mit mir teilt.
Trotzdem habe ich immer noch die Vorstellung von Jack mit Viviane im Hinterkopf. Und mit Audrey. Das gefällt mir nicht.
Hat er auch Angst? Schläft er deshalb mit jeder Frau, um vor sich selbst zu fliehen? So wie die Bücher für mich eine Flucht waren und der Grund, nicht aus dem Haus zu gehen?
Aber mir bleibt keine Zeit, länger darüber nachzudenken. Audrey nimmt meine Hand in ihre, und die alte Hitze ist sofort wieder da. Sie sieht mich an. Diese Augen, die feenhafte Magie, die sich so auf mich richtet, hätte die Welt um mich untergehen lassen können, ohne dass es mich interessiert. Ich weiß jetzt, dass das ein Teil ihrer Macht ist. Aber irgendwie bin ich dank der neuen Erkenntnis fast immun dagegen. Nur fast.
Sie beugt sich vor und zieht mich an sich. Ich bin von ihrem herrlichen Duft umgeben, nach Blumen und Zitrone und Strand. Sie lässt ihre Lippen über meine gleiten und flüstert: “Komm, Bettina.”
Ihre Lippen sind weich und schmecken süß. Aber ich schrecke zurück. Ich will das hier nicht, obwohl ich mich noch immer körperlich zu ihr hingezogen fühle. Die Lust brennt und pocht wie ein Herzschlag zwischen meinen Beinen. Aber mein Verstand und mein Herz wissen, dass es nicht richtig wäre.
Ich lächle, und weil ich ihr nicht wehtun will, hebe ich die Hand und streichle ihre Haare. Aber sie entzieht sich mir mit einer heftigen, fast gewaltsamen Bewegung. Ihre dunklen, eleganten Brauen ziehen sich zusammen, und sie verzieht die schönen, roten Lippen zu einem Schmollmund.
“Was ist denn mit dir los, Bettina? Sag mir nicht, du willst mich nicht oder dass der Sex nicht gut ist. Wir wissen beide verdammt gut, dass das nicht stimmt.”
Ihre Augen sind ein blaues, wütendes Funkeln. Sie ist jetzt wirklich verärgert, so richtig sauer. Ich will mich bei ihr entschuldigen, weil das meine übliche Reaktion wäre. Aber ich weiß, dass es keinen Grund gibt, sich zu entschuldigen. Ich schulde ihr nichts.
“Audrey … Ich wollte dich von dem Moment an, als ich dir das erste Mal begegnet bin, das kann ich nicht leugnen. Aber mein Herz gehört Jack. Und egal, was mit ihm passiert, im Augenblick gehöre ich zu ihm. Und dort will ich auch sein.”
“Na gut, in Ordnung.” Audrey nickt und macht einen Schritt zurück. Sie sieht mich finster an. “Wie auch immer. Ich habe verstanden.”
“Wirklich?”
Sie lächelt. Jetzt ist sie wieder
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