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Lovesong

Titel: Lovesong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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bei dem Studio ankomme, das zehn Blocks entfernt auf einem gottverlassenen Abschnitt der West 50 liegt, ist mein Haar, das ich unter einer Mütze versteckt habe, klatschnass. Ich hole eine Zigarette aus der Tasche, und als ich sie anzünden will, merke ich, dass meine Hand zittert. Schon seit ungefähr einem Jahr oder so plagt mich dieses leichte Zittern. Nachdem man ausgiebige Untersuchungen an mir vorgenommen hatte, meinten die Ärzte nur, es seien einfach die Nerven, und empfahlen mir, es mit Yoga zu versuchen.
    Beim Studio wartet Aldous bereits draußen unter dem Vordach auf mich. Er wirft einen Blick auf mich, auf meine Zigarette, wieder auf mein Gesicht. So wie er mich anglotzt, weiß ich genau, dass er gerade überlegt, ob er heute der gute oder der böse Bulle sein will. Dass er sich für den guten Bullen entscheidet, sagt mir, dass ich wirklich grauenvoll aussehen muss.
    »Guten Morgen, Sonnenschein«, sagt er bemüht heiter.
    »Echt? Was war denn jemals gut an einem Morgen?« Ich gebe mir alle Mühe, es wie einen Witz klingen zu lassen.
    »Eigentlich haben wir ja schon Nachmittag. Wir sind spät dran.«
    Ich drücke die Kippe aus. Aldous legt mir seine riesige Pranke auf die Schulter, aber überraschenderweise berührt er mich absolut sanft. »Wir brauchen nur eine neue Gitarrenspur auf ›Sugar‹. Nur damit der Song das gewisse Etwas kriegt und die Fans ihn gleich noch mal kaufen.« Er lacht und schüttelt den Kopf, verwundert darüber, was aus dem guten alten Business geworden ist. »Danach hast du dieses Mittagessen mit Shuffle, und hinterher, so gegen fünf, das Fotoshooting für diese Fashion-Rocks-Sache in der Times mit dem Rest der Band. Dann noch auf ein paar Drinks mit Labelsponsoren, und anschließend geht’s für mich ab zum Flughafen. Morgen hast du ein kurzes Meeting mit den PR -Fritzen und dem Merchandising. Lächle einfach, und sag nicht viel. Hinterher bist du auf dich allein gestellt, bis es dann nach London geht.«
    Allein? Das Gegenteil von im Schoß der Familie weilen, wenn alle zusammen sind?, frage ich. Aber nicht laut, nur so zu mir selbst. In letzter Zeit führe ich sowieso die meisten Gespräche mit mir selbst. Wenn ich mir allerdings überlege, was für Quatsch mir so in den Sinn kommt, dann ist es vermutlich besser so.
    Dieses Mal aber werde ich so richtig allein sein. Aldous und der Rest der Band brechen schon heute Abend nach England auf. Ich sollte eigentlich ursprünglich denselben Flug nehmen, aber dann stellte ich fest, dass heute Freitag der Dreizehnte ist, also nur über meine Leiche! Ich habe so schon Bammel genug vor dieser verdammten Tour, deshalb will ich es nicht noch schlimmer machen, indem ich am offiziell anerkannten Unglückstag aufbreche. Unser Reisebüro hat mir also einen Flug einen Tag später gebucht. Wir drehen ein Video in London und geben eine Reihe von Interviews, bevor wir unsere Europatournee starten. Ist also nicht so, als würde ich einen Auftritt verpassen; nur eine unbedeutende Vorbesprechung mit dem Regisseur des Videos. Ich habe eh keine Lust, mir einen Vortrag über seine künstlerische Vision anzuhören. Wenn wir mit dem Dreh beginnen, mache ich einfach, was er sagt.
    Ich folge Aldous hinein ins Tonstudio und betrete den schallgeschützten Aufnahmeraum, der abgesehen von mir und ein paar Gitarren leer ist. Auf der anderen Seite der Glaswand sitzen der Producer Stim und die Tontechniker. Aldous gesellt sich zu ihnen. »Okay, Adam«, sagt Stim ins Mikro, »nur noch eine Aufnahme von der Bridge und dem Refrain. Damit die Hookline noch ein bisschen eingängiger klingt. Mit der Stimme spielen wir dann beim Mischen noch ein wenig.«
    »Hookline. Eingängig. Verstanden.« Ich setze die Kopfhörer auf und schnappe mir meine Gitarre, um sie zu stimmen und mich ein bisschen einzuspielen. Ich bemühe mich, zu ignorieren, dass das, was Aldous vor wenigen Minuten gesagt hat – nämlich dass ich allein sein werde –, jetzt schon zutrifft. Ich befinde mich ganz allein in einem schallisolierten Aufnahmeraum. Denk bloß nicht darüber nach, ermahne ich mich selbst. So nimmt man in einem technisch top ausgestatteten Tonstudio eben auf. Das einzige Problem ist, dass ich mich vor ein paar Abenden im Madison Square Garden ganz genauso gefühlt habe. Dort oben auf der Bühne, vor achtzehntausend Fans, an der Seite der Leute, die vor langer Zeit so was wie ein Teil meiner Familie waren, fühlte ich mich ebenso allein, wie jetzt hier in dieser Kabine.
    Aber mal

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