Loving
meine Kondition schlecht . Eigentlich hatte ich vor, vielleicht ein- bis zweimal die Woche zu laufen, aber nun wird mir klar, dass ich jeden Tag laufen sollte, damit sich wirklich etwas an meiner Kondition verbessern kann.
Bei meiner Rückkehr wartet Zoe schon auf mich.
»Was machst du?«, fragt sie irritiert, als ich mit hochrotem Kopf ins Haus stapfe. »Ich trainiere für den Berlin-Marathon.«
»Marathon?«
»In fünf Jahren. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schlecht ich bin.«
»Aber warum?«
»Ich muss meine Durchblutung verbessern. Sauerstoff für die Augen.«
Während ich dusche, kocht Zoe die Nudeln für den Salat. Wenn sie nicht da wäre, würde ich die ganze Sache abblasen. Einfach ein Schild an die Tür hängen: Party fällt aus . Aber nun ist es zu spät.
Vor dem Kleiderschrank überlege ich, was ich anziehen könnte und entscheide mich schließlich für eine Jeans und ein enges T-Shirt. Eigentlich das, was ich sonst auch trage, denn im Moment ist es mit dieser Party wie mit der Augen-OP. Ich will es einfach nur hinter mich bringen.
Am frühen Abend kommt Sven, Melanies Bruder, mit seiner Anlage. Er ist nicht mit in den Skiurlaub gefahren, da er sich auf seine Abi-Prüfungen vorbereiten will und ich frage ihn, ob wir ihn vom Lernen abhalten.
»Kein Thema, ich brauche die Pause!«, sagt er und lächelt breit. Er hat die gleichen blonden Haare wie Melanie, ist groß und schlank, wirkt aber im Gegensatz zu Melanie überhaupt nicht eingebildet. Er begrüßt meine Eltern und verabschiedet sie etwas später. Sie gehen mit dem guten Gefühl, dass zumindest ein vernünftiger und einigermaßen erwachsener Mensch auf dieser Party sein wird.
Nachdem Zoe und ich auf der Küchentheke Schüsseln mit Chips, Salat, Gurken und anderem Fingerfood aufgebaut und die Getränke im Kühlschrank verstaut haben, sehen wir Sven zu, wie er sein Laptop, die Lautsprecher und Kabel sortiert. Ich zeige ihm die Steckdosen, die bei uns fast unsichtbar in den Betonboden eingelassen sind.
»Tolles Haus!«, sagt er. Er sucht eine Musikdatei aus und ich fliege fast an die Wand, als Sven einen Soundcheck macht und sehr zufrieden nickt.
»Und tolle Akustik.«
Zoe reicht ihm eine der schwarzen Masken, von denen sie bestimmt fünfzig gekauft hat.
»Hier kommt keiner ohne Maske rein!«
»Irgendwelche Musikwünsche?«, fragt Sven. »Du hast doch Geburtstag, Ella, oder?«
»Ich hatte vor einer Woche Geburtstag und: nein, spiel was du willst.«
Er legt den Kopf schief und lächelt mich an. »Keinen Lieblingssong?«
»Ich höre gerade immer wieder Still von Daughter .«
» Daughter ! Wow, guter Musikgeschmack.«
Er durchsucht seine iTunes-Bibliothek und spielt den Song ab.
»Ganz schön depri!«, sagt Zoe. Musikalisch passen wir überhaupt nicht zusammen. Zoe hört am liebsten Katie Melua .
Wir reden über Musik und Sven spielt uns Songs vor und als es schließlich klingelt, sehen wir uns alle überrascht an.
»Gäste!«, kreischt Zoe, springt auf und rennt mit ihren Masken zur Tür. Mein Magen dreht sich. Gerade hätte ich einfach weiter hier sitzen können und mit Sven über Musik reden, aber anscheinend beginnt gerade meine Party. Ich setzte meine Maske auf und bin froh, dass ich mich den Abend über dahinter verstecken kann.
»Ist ja ein irres Haus!«, ruft jemand und kommt auf mich zu. »Und wer bist du?«
»Das bleibt ein Geheimnis«, sage ich und sehe aus dem Augenwinkel, wie Sven grinst und den ersten Song abspielt.
Zwei Stunden später ist unser Wohnbereich hauptsächlich mit Leuten gefüllt, die ich mit oder ohne Maske nicht kenne. Ich tanze ein wenig und finde langsam Gefallen am Feiern. Wieso bin ich nie mitgegangen, wenn Zoe losgezogen ist? Auf einmal kann ich das überhaupt nicht mehr verstehen. Ich habe sogar Lust, eine gute Gastgeberin zu sein und stelle mich hinter die Küchentheke und gebe Getränke aus. Alle Viertelstunde taucht Zoe auf, und erzählt mir, wie toll alles läuft.
Alle sind begeistert!«, sagt sie. »Aber wo bleibt Melanie?«
Ich beuge mich zu ihr herüber und flüstere. »Oder Luca?«
Sie boxt mich freundschaftlich und verschwindet wieder Richtung Haustür, als es klingelt. Die Masken sind ein guter Schutz, ich fühle mich frei und entspannt und für Zoe sind sie der perfekte Vorwand, an der Tür zu stehen und beim Ausgeben der Masken genau zu überprüfen, wer ankommt. Ich beschäftige mich gerade damit, Flaschen zu öffnen, als Zoe aufgeregt zurückkommt.
»Sie sind da!«, haucht
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