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Loving

Loving

Titel: Loving Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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Haaren bin. Ich habe nur keine Idee, wie ich sie bändigen kann.
    »Doch, warte mal«, sagt Zoe und kramt in ihrem Rucksack nach einer Bürste, taucht auf und lächelt verlegen. »Weißt du, ohne Brille siehst du einfach toll aus. Super schön. Das habe ich gar nicht gewusst.«
    Ich zucke mit den Achseln, lächele. Und bin ein wenig beunruhigt. Ich kenne mich nur mit Brille. Wenn ich die Brille sonst abgenommen habe, um mich im Spiegel anzusehen, habe ich immer nur ein verschwommenes Gesicht gesehen. So, wie ein extrem unscharfes Foto. Also stehe ich auf und gehe ins Bad. Knipse die sehr unvorteilhafte Spiegelbeleuchtung an und sehe trotzdem, was Zoe meint: Mit ein bisschen Schminke und einem besseren Haarschnitt, könnte ich mich ohne Probleme in eines der Mädchen verwandeln, mit denen ich vorher absolut nichts gemeinsam hatte.
    Während ich mir meine Kunststoffschalen auf die Augen halte und Zoe sie mit Heftpflaster festklebt, macht sie schon Vorschläge. »Ich schneide dir die Haare, nur etwas Durchstufen. Und dann hellen wir sie ein wenig auf. Und wenn du wieder Schminke tragen darfst ...«
    »Zoe«, sage ich und muss grinsen, weil ich mir vorstelle, wie ich mit diesen zwei Plastikscheiben im Gesicht wohl aussehe. »Ich bin kein Mädchen mit Schminke und so.«
    Zoe klopft leicht auf eine der Plastikscheiben vor meinem Auge. »Doch, Ella, ab jetzt schon. Gewöhn' dich besser daran.«
    Am nächsten Morgen beschäftigen wir uns hauptsächlich damit, meine Party vorzubereiten.
    »Du hast 150 Euro für Getränke?«, fragt Zoe.
    »Und für Chips und was auch immer.«
    Zoe beginnt zu rechnen und entscheidet, dass wir einen großen Nudelsalat machen und Brot holen und Obst. Ich bin froh, dass sie das in die Hand nimmt und bis Donnerstag bei mir übernachtet und am Samstagvormittag kommt, um mir zu helfen.
    »Du schaffst das!«, sagt sie wie ein guter Coach.
    Freitag gehe ich zur Nachuntersuchung. Ich habe meine Augenpads vier Nächte lang getragen, ich habe die Augentropfen gegen eine mögliche Entzündung regelmäßig in meine Augen getropft, ich habe keine Schminke getragen und mir weder die Augen heftig gerieben, noch stundenlang vor dem Computer gehockt. Trotzdem bin ich aufgeregt. Kann das alles gewesen sein? Ist es so einfach, wieder zu sehen?
    Der Arzt leuchtet mit einer Superlampe in meine Augen und ist sehr zufrieden. »Kaum noch was zu sehen.« Er macht einen Sehtest und ist ebenfalls zufrieden.
    »Fast die volle Sehstärke.«
    »Und jetzt?«, frage ich unsicher.
    »Nimm die Tropfen noch bis Ende der Woche. Treibst du Sport?«
    »Eher wenig.«
    »Ballspiele solltest du für einen Monat vermeiden.
    »Das kriege ich sicher hin«, sage ich und grinse. »Das war mit Brille echt kein Vergnügen.«
    Er lächelt. »Nun, die Brille ist ja nicht mehr da.« Er wird ernst und sieht zu meiner Mutter, die mit zur Nachuntersuchung gekommen ist, und dann wieder zu mir.
    »Ella, deine Augen könnten allgemein besser durchblutet sein. Das wäre auch besser für den Heilungsprozess, der ja noch nicht ganz abgeschlossen ist.«
    »Was heißt das?«, fragt meine Mutter leicht beunruhigt.
    »Sie könnte vielleicht mit einem leichten Lauftraining beginnen? Ein-, zweimal die Woche?«
    Ich denke an meinen Schwur während der OP. Sicher, ein unter Zwang abgelegtes Zugeständnis ist nicht wirklich gültig. Doch wenn ich mit ein wenig Laufen aus der Sache herauskomme, dann ist das eigentlich ein guter Deal.
    »Wird gemacht«, sage ich.
    »Das freut mich.« Er gibt mir zum Abschied die Hand. »Viel Spaß in deinem neuen Leben.«

Ich beschließe, sofort am Samstagmorgen mit dem Laufen zu beginnen. Ich weiß, am Abend ist meine Party, aber wenn ich so etwas nicht sofort angehe, dann wird es nichts. Meine Mutter hat darauf bestanden, mir Laufschuhe zu kaufen und dazu noch eine Jogginghose und einen Hoodie. Ich finde, ich sehe nun etwas zu professionell dafür aus, dass ich noch nie gejoggt bin.
    Wir wohnen in Zehlendorf, einem Außenbezirk von Berlin. Obwohl es hier mit den vielen Gärten und Straßenbäumen sowieso schon sehr grün ist, gibt es außerdem noch drei Parks in der Nähe. Zum Laufen sind sie absolut geeignet, weil man keine Auspuffgase einatmet und trotzdem auf gut planierten Wegen laufen kann. Ich habe mir das eigentlich ganz einfach vorgestellt, ich meine, laufen kann ja jeder, aber nach den ersten 100 Metern bekomme ich Seitenstiche und drossle das Tempo auf etwas, was vermutlich eher Gehen als Laufen ist. Verdammt, ist

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