Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loving

Loving

Titel: Loving Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
Vom Netzwerk:
die indische Paare beim Liebesspiel zeigen. Tantra oder Kamasutra oder keine Ahnung. Auf dem Boden liegt ein bunter Flickenteppich und unter der Garderobe stehen runde Lederhocker, auf denen Berge von Schals und Handschuhen liegen. Ich überlege, ob ich meine Jacke in diese Kleidersammlung hängen soll und entscheide mich dann, sie besser anzubehalten. In irgendeinem Raum im Erdgeschoß setzt ein lautes und langgezogenes OHM ein.
    »Meine Meditationsgruppe!«, erklärt Monja und lächelt sanft. Ich unterdrücke eine ganze Menge zynischer und ironischer Gedanken zu der Tatsache, dass Lucas Mutter sich mit Meditation beschäftigt, während ihr Sohn sich offenbar mehr zu fleischlichen Genüssen hingezogen fühlt. Ich weiß, das ist nicht sehr nett, aber es tut mir gut, meinen Kopf mit kleinen bissigen Gedanken zu füttern, damit ich gewappnet bin.
    »Luca ist oben!«
    Ich gehe die Treppe hoch. Auf jeder zweiten Stufe steht eine Topfpflanze in unterschiedlichem Verwelkungsgrad. Oben nimmt das Chaos eher noch zu, über dem Geländer hängen Jacken und Kleider. Es gibt vier Türen, an dreien stehen Namen in bunten Holzbuchstaben. Hannah, Luzy und Luca lese ich und meine Aufregung, die ich gerade so perfekt unter Kontrolle bekommen habe, wird wieder größer.
    Ich klopfe an.
    »Komm rein!«, ruft jemand sehr genervt und ich schaue vorsichtig durch den Türspalt. Luca thront auf einem breiten Bett, das verletzte Bein etwas höher gelagert. Um den Hals hängt ein Kopfhörer, auf seinem Schoß steht ein aufgeklappter Laptop.
    »Oh, sorry, ich dachte es wäre Luzy«, sagt er und grinst, als er mich erkennt. »Komm rein!«
    Das ist nicht so einfach, da überall auf dem Boden Klamotten, DVDs und Videospiele liegen. Ich tapse vorsichtig durch das Zimmer bis zu einem Schreibtisch, auf dem sich Schulbücher, weitere DVDs und Spiralordner stapeln.
    »Setz dich«, sagt er großzügig und deutet auf den Schreibtischstuhl, auf dem nur ein Hoodie liegt, den ich vorsichtig beiseite lege, bevor ich mich setze. Wie kann man in dieser Umgebung einen einzigen klaren Gedanken fassen?

»Wo soll ich hier meinen Laptop hinstellen?«, frage ich leicht genervt. Luca ist kein bisschen auf meinen Besuch vorbereitet.
    Luca grinst. »Hallo, Ella. Wie geht es dir? Schön, dass du dich nach meinem Befinden erkundigst!«
    Ich muss lächeln. Okay, er hat recht, erst mal ankommen.
    »Und, wie geht es dir?«, frage ich, ziehe meine Jacke aus und stelle meine Tasche nah an den Schreibtischstuhl, damit ich sie später in dem Chaos wiederfinde.
    Luca seufzt. »Ehrlich? Ich flippe bald aus.« Er stellt den Laptop beiseite, angelt nach einer langen Stricknadel und schiebt sie unter den Gips. »Jetzt fängt es auch noch an zu jucken.«
    »Ach, ist doch sicher nicht mehr lange, oder?«
    »Mitte März. Aber wie soll ich dann bis zu den Osterferien fit sein?«
    »Wofür denn?«
    »Ich will mit meinem Vater zum Freeclimbing. Mann, endlich klappt das mal und dann das!«
    »Ihr könnt es doch verschieben.«
    Luca beißt auf seiner Unterlippe herum. Es scheint ihn wirklich zu beschäftigen. Hier, in seinem chaotischen Zimmer und in diesem ungewöhnlichen Haus, wirkt Luca ganz anders. Nicht cool, sondern wie ein ziemlich netter Junge.
    »Wollen wir dann mal beginnen?«, frage ich, bevor ich anfange, ihn zu nett zu finden. »Du hast das Buch ja schon gelesen.«
    »Nö.«
    »Nein? Ich dachte ... du hast dich doch am Dienstag gemeldet, als Frau Bolder gefragt hat, oder?«
    Er sieht mich komplett unschuldig an. »Na, ich dachte, sie ist bestimmt genervt, wenn wir uns nicht melden.«
    »Also, hast du es gar nicht zu Ende gelesen?«
    »Yep.«
    »Und du kennst das Ende gar nicht?«
    »Doch, das habe ich gelesen.«
    Okay. Ein Buch auf dem Handy zu lesen ist eine Sache, aber einfach das Ende eines Buches zu lesen, bevor man es ganz gelesen hat?
    »Aber du weißt doch jetzt gar nicht, wie es zu dem Ende gekommen ist? Ich meine, warum Darcy und Elisabeth am Ende zusammenkommen.«
    »Kann ich mir schon denken.«
    »Ach ja, wie denn?«, sage ich skeptisch.
    Er legt den Kopf schief und sieht mich an. »Du hast es doch auch noch nicht zu Ende gelesen, oder? Du hast dich jedenfalls nicht gemeldet.«
    »Ich habe das Buch schon zweimal gelesen, das ist nur schon eine Weile her und ... ich kenne das Buch jedenfalls.«
    »Dann erzähl mir den Inhalt.«
    »Darum geht es doch nicht. Es geht um die Sprache, wie Jane Austen das alles entwickelt. Die Art, wie sie die Dinge beschreibt. Darum

Weitere Kostenlose Bücher