Loving
wollte ich die Gedanken zu den Büchern einfach mal aufschreiben. Um sie zu behalten oder mich zu erinnern, wenn ich mit anderen über ein Buch rede.«
»Und dann ist dir der Blog eingefallen?«
»Ich habe mich auf vielen Blogs umgesehen, aber einen Blog, wie ich ihn mir vorgestellt habe, gab es nicht.«
Luca zieht die Stricknadel aus dem Gips und seufzt erleichtert. »Vielleicht ist da drinnen schon alles blutig, aber das tut so gut!«
Warum erzähle ich das überhaupt?
Ich schweige, aber Luca nickt mir aufmunternd zu. »Ich höre zu. Echt. Und wie hast du dir das mit dem Blog so vorgestellt?«
»Na, die meisten Blogger vergeben Sterne für Bücher.« Ich gestikuliere herum, das tue ich immer, wenn mir etwas wichtig ist und ich Angst habe, dass der andere mich nicht versteht. »Aber ich denke, es sollte nicht immer nur um Sterne oder Punkte gehen. Das ist dann ja wie in der Schule. Und fünf Sterne oder Herzen oder was auch immer, das reicht doch gar nicht aus. Ich will mehr mit anderen über die Bücher diskutieren. Fragen stellen, die andere dann beantworten, die die gleichen Bücher gelesen haben.«
Jetzt sieht Luca mich an. Direkt und interessiert.
»Und klappt das?«
»Manchmal«, gebe ich zu. »Mit einigen Bloggern.«
»Du hast doch viele Follower.«
Das hat er also bemerkt. »Ja, ich habe den Blog ja auch schon zwei Jahre.«
»Wow.«
Ich deute wieder auf meine Aufzeichnungen. »Und? Was hältst du von der Idee. Sollen wir das machen?«
Luca zieht sich wieder auf sein Bett zurück und legt den Fuß behutsam ab. Ich kann seine Unruhe spüren. Wenn ich an seine Videos denke, in denen er ständig in Bewegung ist, dann muss diese Verletzung eine große Umstellung sein.
»Hast du oft Unfälle?«, frage ich und denke an das Video, in dem er gestürzt ist.
Er grinst offen. »Ich habe einen Titannagel im rechten Fuß und eine Titanplatte am Schlüsselbein.« Er zieht sein Sweat-Shirt etwas von seiner Schulter. »Hier fühl mal!«
Er sagt es ganz arglos und offen, aber in meinem Bauch beginnt es zu flimmern. Ich rücke den Stuhl etwas weiter an sein Bett und berühre mit zwei Fingern sein Schlüsselbein. Luca legt seine Hand darüber und schiebt meine Finger an die richtige Stelle. Ich spüre die abgerundete Kante der schmalen Titanplatte. Aber ich spüre auch Lucas Atem, seinen Pulsschlag unter der dünnen Haut. Diese Berührung ist zärtlicher und intimer als ein Kuss. Meine Haut spricht mit seiner. Ich ziehe die Hand vorsichtig wieder zurück. Wir schweigen einen Moment. Ich spüre, dass Luca genauso überrascht ist wie ich.
Was war das?
»Und bleibt die immer da drin?«, frage ich und meine Stimme klingt seltsam brüchig.
»Nö, die sollte eigentlich schon längst wieder raus«, sagt Luca und räuspert sich unsicher. »Tja, hast du Lust, noch ein Stück zu lesen? Wir können dann ja anschließend drüber diskutieren.«
»Okay.«
Wir sind beide erleichtert, dass wir uns wieder zurückziehen können.
Ich schlage das Buch auf und knipse mir die Schreibtischlampe an, damit ich genug Licht habe. Die Buchstaben verschwimmen leicht. Luca legt sich zurück auf sein Bett, lässt den Kopf fallen und entspannt sich.
»Hast du Schmerzen?«, fällt es mir ein.
»Geht so.«
Ich schlage das Buch auf, suche die richtige Stelle. Kapitel 36. Ich bin in meinem Hörbuch schon etwas weiter. Ich höre innerlich die Stimme der Schauspielerin, die das Hörbuch liest und gebe mir Mühe, auch so ruhig und entspannt vorzulesen. Mit den richtigen Betonungen und einer schönen Satzmelodie. Ich kann sowieso nicht so schnell lesen wie sonst, da meine Augen sich immer wieder auf den Text einstellen müssen, den richtigen Abstand. Normal nach der Lasik. Ich lese sehr langsam Kapitel 36 und 37, dann brauchen meine Augen eine Pause. Elisabeth hat gerade über ihre Vorurteile geredet, wie sie Darcy falsch eingeschätzt hat, ihren Stolz, der sie davon abgehalten hat, die Dinge klarer und richtiger zu sehen. Ich sehe vom Buch auf zum Bett. Luca liegt halb auf der Seite, die Augen geschlossen und - schläft. Ich bin empört, wie kann er einschlafen, wenn ich vorlese? Das hier sollte doch Arbeit sein. Dann fällt mir ein, wie erschöpft er war. Vielleicht schläft er nachts nicht gut und muss tagsüber den Schlaf nachholen. Ich ziehe mich leise an, packe meine Sachen und schleiche aus dem Zimmer.
Auf der Treppe kommt mir ein Mädchen mit roten Haaren entgegen. Sie ist ungefähr zehn und sieht Lucas Mutter sehr ähnlich.
»Hi,
Weitere Kostenlose Bücher