Loving
besser. Im Gegenteil. Am Montag habe ich Fieber und bleibe zu Hause. Am Nachmittag ruft Zoe an. Ich muss ihr nichts vormachen, sie weiß, warum es mir schlecht geht.
»Melanie kann so eine Zicke sein! Soll ich mit ihr reden?«
»Worüber? Es ist nicht Melanies Schuld. Luca muss sie ja nicht umarmen.«
»Ja, Max hat auch gesagt ...«
»Wieso mischt sich Max da ein?«
»Na ja, er ist schon länger angepisst von Luca.«
»Redest du eigentlich mit ihm über ... diese Dinge?«, frage ich Zoe erstaunt.
»Hör mal, er ist mein Bruder! Natürlich rede ich mit ihm.«
Ich fühle mich auf einmal allein. Vorher bin ich damit klargekommen, dass ich auf mich gestellt war. Ich habe mich aus allem herausgehalten, ich war auf keiner Party, der Nerd eben. Ich hätte mein Schneckenhaus nie verlassen dürfen. Selbst die Augenlasik kommt mir wie ein Fehler vor. Denn was sehe ich? Lauter Dinge, die ich lieber nicht sehen würde: böse Blicke, falsche Umarmungen, betrunkene Freunde. Wenn man sich nicht öffnet, kann man auch nicht verletzt werden.
»Was ist mit Alex?«, fragt Zoe.
»Was soll mit ihm sein? Er kommt am Wochenende. Falls ich bis dahin gesund bin«, sage ich. Im Moment ist mir das alles vollkommen egal.
Am Abend habe ich mich etwas erholt. Mein Kopf hat wieder die Führung über meinen Körper übernommen und ich erinnere mich daran, dass ich einen Blog habe, Bloggerfreunde, und einen SUB, um den ich mich schon längst hätte kümmern sollen. Hatte ich nicht vorher ein Leben, was sehr gut ohne Luca funktioniert hat? Es gab doch Sachen, die mich interessiert haben? Ich gehe ins Internet. Auf den meisten Blogs wird über die Buchmesse diskutiert, was man gesehen hat, wen man getroffen hat. Einige Blogger fragen, wo ich geblieben bin und ich versuche, es zu erklären, aber eigentlich rede ich nur um den wahren Grund herum.
Hallo, ich habe Liebeskummer?! Scheint mir allerdings kein passender Blogkommentar zu sein. Wir Blogger reden über Bücher und verstecken uns dahinter. Dieses Buch war so gefühlvoll, ich liebe diesen oder jenen Typ in diesem Buch, ich liebe dieses Buch . Keiner sagt, ich liebe diesen Typen, der im Deutschunterricht neben mir sitzt und leider nützt es nichts, wenn ich ihm nur zwei oder drei Sterne gebe, denn das ändert nichts daran, dass ich verliebt bin, obwohl ich ihm offenbar egal bin. Aber natürlich, das Internet ist vielleicht kein Ort, wo man sich für diese Dinge öffnen kann. Oder es ist der einzige Ort, wo man sich öffnen kann. Ich bin mir gerade nicht sicher. Ich googele Liebeskummer und komme auf ein verrücktes Forum, wo lauter seltsame Kommentare stehen. Entweder sind sie sehr kurz oder ellenlang und sie kommen mir entweder gefälscht oder ein wenig verrückt vor. Und natürlich lande ich wieder auf den YouTube Videos von Luca. Irgendwann werden diese Videos eine Million Klicks haben, weil ich sie mir hundertmal am Tag ansehe.
Am Dienstag geht es mir besser und ich beschließe, zur Schule zu gehen. Ich muss nur den Deutsch Leistungskurs überstehen, wo ich Luca treffen werde. Und insgeheim treffen möchte.
Zoe erwartet mich vor der Schule und gibt mir Geleitschutz.
Nach Biologie setzen wir uns auf eine der Nebentreppen.
»Er ist da«, sagt Zoe düster. »Ich habe ihn mit Sven gesehen.«
Zum Glück nicht mit Melanie .
»Wie sah er aus?«
»Schrecklich!«, sagt Zoe und wir lachen, weil sie nicht gut lügen kann.
»Nein, ehrlich gesagt, sieht er verdammt sexy aus. Er hat keinen Aircast mehr, er steht wieder lässig herum in seinen coolen Klamotten und flirtet mit jedem, der in seine Nähe kommt.«
Er hat tatsächlich sein altes Leben zurück und vielleicht war ich ja nur ein Teil des Lebens mit Gipsbein und Krücken. Des behinderten Lebens. Gut für die Auszeit oder die Pause vom echten Leben, in dem Luca jedes Mädchen haben kann. Warum sollte er dann mich nehmen?
»Weil du smart bist! Und intelligent. Und ein netter Mensch.«
Smart. Intelligent. Nett. Okay . Aber Luca sucht vielleicht sexy, naiv und was weiß ich.
Ich gehe etwas zu spät in den Deutschunterricht. Zum einen, weil ich so lange mit Zoe geredet habe, zum anderen, damit ich nicht auf meinem Platz darauf warten muss, bis Luca endlich erscheint. Doch als ich in den Unterricht komme, ist Luca nicht da. Weder auf seinem Platz in der vorletzten Bank, noch neben mir. Ausgerechnet heute, denn Frau Bolder will sich einen Überblick über den Fortschritt der Projektarbeit verschaffen.
»Wie weit seid ihr mit Stolz
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