Luciano
Messingtablett herein. »Danke,
George, Sie können wieder gehen«, sagte Eisenhower.
Er goß den Kaffee selber ein
und zündete sich eine frische Zigarette an. »Ich gehe wohl
nicht fehl in der Annahme, daß Sie über das, was im
Augenblick dort drüben vorgeht, mehr wissen als irgend jemand
sonst in Nordafrika. Also unterhalten wir uns.«
»Was möchten Sie wissen, General?«
»Ich möchte, daß Sie mir die Mafia erklären.«
»Vermutlich haben Sie die Unterlagen über die MafiaConnection?«
»Ja.«
Carter zündete sich zerstreut
ebenfalls eine Zigarette an. »Die Mafia war ursprünglich
eine Art Geheimgesellschaft, die in Zeiten wirklicher
Unterdrückung gegründet wurde. Damals war sie die einzige
Waffe der Bauern, ihr einziges Mittel, sich Gerechtigkeit zu
verschaffen.«
»Und weiter?«
»Man muß die Landschaft
dort kennen, Sir. Eine Welt für sich. Öd und unfruchtbar. Die
Menschen kämpfen weniger um den Lebensunterhalt als ums nackte
Überleben. Das Schlüssel wort in dieser Welt lautet omertà ,
das bedeutet Männlichkeit, Ehre, und niemals, unter keinen
Umständen, die Hinzuziehung der Behörden. Wer in
Schwierigkeiten steckt, geht zu seinem capo .«
»Capo!« wiederholte Eisenhower fragend.
» Capo bedeutet Chef, Häuptling oder was immer Sie wollen. An jedem Ort in Sizilien gibt es einen capo mafia, und er hat das Sagen.«
»Auch heute noch?«
»Mussolini versuchte, die Bewegung zu
zerschlagen, aber sie ging einfach in den Untergrund. Gewiß, es
gibt die Separa tisten, die Kommunisten und jede Menge anderer
politischer Gruppen, aber in Sizilien hat in Wahrheit nach wie vor die
Ma fia das Heft in der Hand.«
Eisenhower saß da und blickte
nachdenklich ins Leere. End lich tippte er, als hätte er einen
Entschluß gefaßt, mit dem Fin ger auf den vor ihm liegenden
braunen Manila-Umschlag. »Hier sind die Unterlagen zur, wie Sie
sagten, MafiaConnection. Wissen Sie Bescheid über einen hierin
erwähnten Mann, der unter dem Namen Lucky Luciano bekannt
ist?«
Carter nickte. »Ein New Yorker Gangster sizilianischer Ab stammung und vermutlich der mächtigste capo der
amerikani schen Mafia. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe zwischen drei
ßig und fünfzig Jahren verurteilt und sitzt zur Zeit im
Zucht haus Dannemora ein. Ich glaube, die Anklage lautete auf orga
nisierte Prostitution.«
»Jetzt ist er nicht mehr in
Dannemora«, sagte Eisenhower. »Laut meinen Unterlagen wurde
er nach Great Meadows in Comstock überführt. Offenbar hat
sich nach dem Brand der >Normandie< vergangenes Jahr
draußen auf dem Hudson un ser Marine-Geheimdienst wegen des
Überhandnehmens von Sabotageakten im Hafen von New York Gedanken
gemacht.«
»Ich weiß, General, und
als der Geheimdienst mit der Hafenarbeiter-Gewerkschaft Verbindung
aufnahm, erfuhr er, daß er sich in dieser Sache nur an einen
einzigen Menschen wenden könne, an Lucky Luciano, ob der nun im
Zuchthaus saß oder nicht.«
Eisenhower sagte: »Einfach
unglaublich. Mitten im größten Krieg der Weltgeschichte
muß man einen Verbrecher um Hilfe angehen. Und nicht genug damit,
jetzt erfahre ich, daß unsere Leute seit einiger Zeit Agenten
nach Sizilien einschleusen, zu meist Amerikaner sizilianischer
Abstammung. Wußten Sie das?«
»Es handelt sich um ein
speziell amerikanisches Projekt, General, aber ich hatte in der Tat
davon Kenntnis. Der Zweck ist, wie ich glaube, die Unterstützung
durch die Mafia im Falle einer Invasion zu sichern.«
Eisenhower rief zornig:
»Herrgott, kämpfen wir denn nicht beide im gleichen
Krieg?« Wieder nahm er sich eine Zigarette und strich das
Zündholz so ungestüm an, daß es zerbrach. »Jetzt
suchten sie Luciano wiederum im Zuchthaus auf, damit er Hilfestellung
leisten solle. Sie scheinen zu glauben, daß er auch in Sizilien
einigen Einfluß hat.«
»Beträchtlichen, General.
Wenn er in einem dieser Bergdör fer auftauchen würde, so
käme dies einem zweiten Auferste hungswunder gleich.«
»Unsere Geheimdienstleute
jedenfalls scheinen das zu glau ben. Offenbar soll ein gelber Schal mit
eingesticktem schwar zem >L<, Lucianos Visitenkarte, zum
gegebenen Zeitpunkt in zahlreichen Exemplaren an geeigneten Stellen
abgeworfen werden.«
»Und was verspricht man sich davon?« fragte Carter.
Eisenhower wandte sich wieder der
Landkarte zu. »Die Theorie ist recht einleuchtend. Das Gebiet,
das Patton und sei ne Armee durchqueren müssen, um
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