Luciano
New York
ist für sie immer noch das Gelobte Land, während ich nichts
wie weg wollte.«
Er massierte jetzt das Gesicht des
Alten mit Creme ein und tupfte eine Spur Rouge auf die Wangen. Carter
sagte: »Was ist mit der Contessa?«
»Die Gestapo hat sie nach Palermo geschafft.«
»Schlimm für Sie, wenn man ihr die Daumenschrauben an setzt.«
»Unmöglich.« Barbera
schüttelte den Kopf. »Gestern nach mittag hat ein Freund
eine Zyanidkapsel ins Frauengefängnis geschmuggelt.«
Carter tat einen langen, schaudernden
Atemzug, um seine Nerven zu beruhigen. »Ich hatte gehofft,
daß sie mir etwas über Luca sagen könnte.«
Barbera unterbrach seine Arbeit und
sah ihn einigermaßen verwundert an. »Da verschwenden Sie
Ihre Zeit. Niemand kann Ihnen etwas über Luca sagen, weil er es so
haben will.«
»Wiederum die Mafia?«
»Ja, mein Freund, wiederum die
Mafia, und Sie würden gut daran tun, das nicht zu vergessen. Wie
sind Ihre Pläne?«
»Ich sollte noch heute nacht
nach Agrigento. Um Mitter nacht wartet vor Porto Stefano ein
Thunfischboot auf mich.«
»U-Boot-Pickup?«
»Genau.«
Barbera runzelte nachdenklich die
Stirn. »Ich sehe keine Möglichkeit, Harry, nicht heute
nacht. Alle Straßen werden von Krauts wimmeln. Vielleicht
morgen.« Er wies auf den To ten. »Ich muß den alten
Knaben ohnehin nach Agrigento hin unterschaffen. Dann geht das in
einem.«
Ehe Carter antworten konnte, wurde
die Tür aufgerissen, und Rosa steckte den Kopf herein. »Sie
sind da, auf dem Dorfplatz.
Viele Deutsche.«
Barbera trat ans Fenster und schob die Gardine
ein wenig zur Seite. Carter rappelte sich mühsam hoch und humpelte
zu ihm hinüber. Mehrere Fahrzeuge hatten auf dem Dorfplatz haltge
macht, Kubelwagen und Armeelaster und zwei Panzerfahrzeu ge. Soldaten
waren im Halbkreis angetreten und empfingen Befehle von einem Offizier,
der in einem Geländewagen stand. Carter sagte: »Waffen-SS,
Fallschirmjäger. Wo zum Teufel kommen die denn her?«
»Vom Festland, letzten Monat.
Von Kesselring handverle sen, sie sollen die Berge von Partisanen
säubern. Der Offizier, der zu ihnen spricht, ist ihr Kommandant,
Major Koenig. Guter Soldat. Man nennt ihn den Jäger von
Cammarata.«
Während sie hinausspähten,
schwärmten die SS-Männer aus, um das Dorf zu durchsuchen.
Koenig setzte sich, und sein Ku belwagen fuhr über den Platz,
dicht dahinter ein zweiter.
Barbera schloß die Gardine.
»Sieht aus, als käme er in unsere Richtung.« Er wandte
sich zu Carter um. »Haben Sie zufällig droben in der Villa
einen Toten zurückgelassen?«
»Vermutlich.« Carter
packte Barbera am Ärmel. »Er wird es das Dorf entgelten
lassen, wenn ich mich nicht stelle.«
Barbera lächelte traurig.
»Nicht sein Stil. Koenig ist ent schieden ein Ehrenmann. Macht es
einem schwierig, ihm ein Messer in den Rücken zu stoßen.
Jetzt bleiben Sie hübsch hier bei Rosa und verhalten sich
still.«
Er nahm die Lampe und ging hinaus, die beiden blieben im Dunkeln zurück.
Als Barbera über den Hof ging, wurde bereits
an das Tor der Einfahrt gehämmert. Er schob den massiven Riegel
zurück, und die Flügel schwangen auf. Draußen stand der
erste Kubel wagen. Koenig stieg aus und kam näher.
»Ah, da sind Sie ja, Signor Barbera. Ich
habe hier leider ein ziemlich trauriges Geschäft für
Sie«, sagte er in leidlich gutem Italienisch.
Die beiden Kubelwagen fuhren in den
Hof. Barbera sah im zweiten eine Bahre mit einem zugedeckten
Körper darauf. Zwei SS-Männer liefen um den Wagen herum,
hoben die Bah re heraus, und Barbera sagte: »Wenn Sie mir bitte
folgen wol len, Herr Major.«
Er ging dem Zug über den Hof
voran, dann durch einen kur zen Korridor. Als er die Tür am Ende
öffnete, wehte ihnen die Ausdünstung des Todes entgegen.
Der Raum, den er betrat, war sehr
still, das einzige Licht kam von einer Petroleumlampe auf dem Tisch in
der Mitte. Es war eine jener Aufbahrungshallen, wie sie in Sizilien
üblich sind.
Mindestens ein Dutzend Särge
standen hier, jeder mit geöff netem Deckel und einem Toten darin,
um dessen Finger Schnü re gewickelt waren, die über den
Plafond zu einer alten Mes singglocke an der Tür liefen.
Koenig trat hinter Barbera ein. Das
silberne TotenkopfAbzeichen an seiner Feldmütze, die er wie viele
langgediente Offiziere aus Snobismus trug, schimmerte im Lampenlicht.
Am Hals gab das scharlachrot und schwarz gestreifte Band des
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