Lucky - Nur eine Frage der Zeit
Wohnung war ein Trümmerhaufen: umgeworfene Möbel, zertrümmerte Lampen, ein umgekipptes Bücherregal. Mein Gott, der Mann, der die Treppen hinuntergestürmt war, war gar nicht Ginas Freund gewesen, sondern ein Einbrecher.
Oder Schlimmeres …
Syds Nackenhaare sträubten sich, und sie kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy. Bitte, lieber Gott, lass Gina nicht zu Hause gewesen sein! Bitte, lieber Gott, gib, dass diese seltsamen Töne von irgendeinem kaputten technischen Gerät kommen oder vom Wind, der in den Lüftungsschächten heult.
Aber dann hörte sie es wieder. Eindeutig ein ersticktes Wimmern.
Syds Finger schlossen sich um ihr Handy, während sie mit der anderen Hand nach dem Lichtschalter neben der Tür tastete. Sie schaltete das Licht ein.
Da war Gina. Sie hockte zusammengekauert in einer Ecke ihres Wohnzimmers, das Gesicht blutig geschlagen, die Kleidung zerrissen und blutbefleckt.
Syd schloss die Tür hinter sich ab und wählte den Notruf.
1. KAPITEL
E s wurde schlagartig still in Captain Joe Catalanottos Bürovorzimmer, und alle drehten die Köpfe, um Lucky anzuschauen.
Hochgezogene Augenbrauen, offene Münder. Der Grad der Verwunderung hätte kaum größer sein können, wenn Lieutenant Luke “Lucky” O’Donlon seinen Kameraden eröffnet hätte, er wolle den Dienst quittieren und ins Kloster gehen.
Cowboy, Blue und Wes starrten ihn an, und selbst auf Crash Hawkens immer betont gleichmütigem Gesicht zeigte sich kurzfristig Überraschung. Frisco war auch da. Er hatte an einer Besprechung mit Joe und dem Senior Chief der Alpha Squad, Harvard, teilgenommen. Lucky hatte sie alle überrumpelt. Es war eigentlich zum Brüllen komisch – aber leider war ihm gar nicht nach Lachen zumute.
“Kommt schon, Leute! So schlimm ist das nun auch wieder nicht!”, sagte Lucky und zuckte die Achseln. Dumm nur, dass er selbst das ganz und gar anders empfand. Die Sache ließ ihn keineswegs so kalt, wie er vorgab.
Niemand sagte ein Wort. Selbst der kürzlich erst zum Chief beförderte Wes Skelly, der sonst nie die Klappe halten konnte, schwieg. Lucky brauchte allerdings keine telepathischen Fähigkeiten, um zu wissen, was seine Kameraden dachten.
Er hatte sich intensiv darum bemüht, am aktuellen Einsatz der Alpha Squad teilnehmen zu können, einer verdeckten Mission, über die nicht einmal Joe Cat Näheres wusste. Man hatte ihm nur mitgeteilt, er solle ein Fünfmannteam zusammenstellen, das irgendwo in Osteuropa eingesetzt werden würde, sehr kurzfristig und auf unabsehbare Zeit.
Also ein Einsatz der Art, der das Herz höherschlagen ließ und den ultimativen Adrenalinkick verhieß. Ein Einsatz der Art, für den Lucky alles getan hätte.
Er hatte es auch tatsächlich in das Einsatzteam geschafft. Erst am Morgen zuvor hatte er einen Freudentanz aufgeführt, als Joe ihm mitteilte, er solle seine Ausrüstung zusammenpacken und sich bereithalten. Trotzdem stand er jetzt, keine vierundzwanzig Stunden später, vor dem Captain und erklärte, er wolle von diesem Auftrag entbunden werden. Obendrein bat er ihn, alle seine Beziehungen spielen zu lassen, um ihm vorübergehend eine weit weniger aufregende Stelle in der SEAL-Basis hier in Coronado zu verschaffen. Und zwar so schnell wie möglich.
Lucky zwang sich zu einem Lächeln. “Du wirst keine Probleme haben, mich zu ersetzen, Captain.” Er warf einen Blick hinüber zu Cowboy und Wes, die offensichtlich nur allzu bereit waren, seine Stelle einzunehmen.
Der Captain deutete kurz auf die Tür zu seinem Büro. Er ließ sich durch Luckys demonstrative Gleichgültigkeit nicht täuschen. “Möchtest du mir unter vier Augen sagen, was eigentlich los ist?”
Lucky legte keinen Wert auf ein Vieraugengespräch. “Daraus brauche ich kein Geheimnis zu machen, Cat. Meine Schwester heiratet in ein paar Wochen. Wenn ich an diesem Einsatz teilnehme, laufe ich Gefahr, nicht rechtzeitig wieder hier zu sein.”
Wes Skelly konnte seine Klappe keine Sekunde länger halten. “Ich dachte, du wärst gestern Abend nach San Diego gefahren, um ihr die Leviten zu lesen?”
Genau das hatte Lucky tatsächlich vorgehabt. Er war zu Ellen und ihrem Verlobten gefahren, einem dämlichen College-Professor namens Gregory Price. Er wollte den großen Bruder herauskehren und seiner gerade mal zweiundzwanzig Jahre alten kleinen Schwester klarmachen, dass sie mindestens noch ein Jahr warten sollte, bevor sie einen so schwerwiegenden Schritt tat und heiratete. Er war wild entschlossen gewesen,
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