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Lucy im Himmel (German Edition)

Lucy im Himmel (German Edition)

Titel: Lucy im Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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hüpfte und von Zeit zu Zeit zu ihm hinunterguckte. An der Stelle liefen ihm Tränen über die Wangen. Aber ich ließ mich nicht beirren. Ich versuchte ihn spüren zu lassen, dass ich mich sehr um ihn sorgte und unbeschwerter sein würde, wenn er wieder mehr auf sich acht geben und glücklich werden würde. Ich bemühte mich, ihm ein warmes Gefühl zu vermitteln und ihn in eine ruhige Stimmung zu bringen, während er an mich dachte. Um halb elf schickte ich ihn schlafen.
         Du bist müde. Deine Augen fallen dir gleich zu. Es geht dir gut. Und weil es heute so schön warm ist, gehst du ohne Pyjama ins Bett.
         Ich schluckte. Hatte ich Gregor wirklich auch diesen letzten Satz suggeriert? Ich schielte auf mein Handy, aber es regte sich nicht. Weder ertönte ein schrilles Klingeln noch der SMS-Ton. Puh! Glück gehabt! Vielleicht legten sich Chef-Engel ja früh zur Ruhe?
         Mein Mann tat jedenfalls, was ich mir von ihm wünschte: Er zog sich aus und schlüpfte nackt unter die Decke. Ich legte mich neben ihn. Bevor ich es verhindern konnte, nahm er dann allerdings mein gerahmtes Foto vom Nachtkästchen und streichelte über mein verglastes Gesicht.
         »Ach Lucy, wenn du nur bei mir wärst.«
         »Aber ich bin doch hier, Gregor. Fühlst du mich nicht?«
         »Wenn wir damals schon eine Woche früher Urlaub genommen hätten und weggefahren wären, hättest du diesen Einsatz nicht gehabt, dann würdest du heute noch leben. Aber ich habe mal wieder geglaubt, dass es ohne mich in der Arbeit nicht geht und dabei vergessen, dass es jemanden gibt, der mir viel wichtiger ist als alles andere auf der Welt.«
         Mit seinen Worten brachte er mich zum Weinen. Auch ihm standen wieder Tränen in den Augen.
         »Aber du bist nicht schuld daran, dass ich gestorben bin. Das ist doch Blödsinn. Das Orakel hat schon vor meiner Geburt festgelegt, dass ich nicht so lange leben werde wie du. Wenn jemand Schuld hat, dann das Orakel. Andererseits hat es uns aber auch zusammengebracht, also können wir ihm doch eigentlich gar nicht böse sein, oder?«
         »Warum wird man sich über so vieles im Leben erst richtig klar, wenn es zu spät ist?«
         Endlich besann ich mich, dass all das, was ich ihm erzählte, nicht bei ihm ankam. Also sah ich ihn fest an, konzentrierte mich und schickte ihm Gedanken:
         Lucy ist jetzt im Himmel. Es geht ihr gut. Sie denkt viel an dich, aber sie wünscht sich, dass du dir keine Sorgen um sie machst. Du sollst endlich wieder nach vorne schauen und dein Leben in die Hand nehmen. Es gibt nämlich ein »Buch des Lebens«, in dem drinsteht, dass ... Nein, das würde er nicht verstehen. Das durfte ich ihn nicht denken lassen. Den Satz streichen wir, denke stattdessen: Du willst endlich wieder unbeschwert sein. Du möchtest lachen. Lucy würde sich darüber freuen. Sie lacht auch viel, wenn sie auf den Wolken sitzt und die Sonne genießt. Jetzt hat sie sogar das ganze Jahr über Sommersprossen im Gesicht.
         Endlich geschah das, worauf ich gehofft hatte: Seine Mundwinkel verzogen sich ein klein wenig nach oben. Gregor lächelte, dann stellte er mein Bild auf das Nachtkästchen zurück und löschte das Licht.
     
    Einen Augenblick rang ich mit mir. Ob Erzengel durch Bettdecken sehen konnten? Würde Gabriel es merken, wenn ich versuchte ... ? Oben im Himmel hatte er meine Absichten sofort durchschaut, als ich Gregor beim Duschen beobachtet hatte. Aber hier, so viele Kilometer weit entfernt? Mein Göttergatte hatte nun mal einen Körper, der mich nicht kalt ließ – insbesondere, wenn er nur ein paar Zentimeter von mir entfernt nackt unter derselben Bettdecke lag. Ich musste an all die lustvollen Stunden denken, die er mir bereitet hatte.
         Langsam streckte ich meine Hand aus und begann ihn zu streicheln. Mit einem Auge schielte ich nach meinem Handy. Es rührte sich nicht. Also wurde ich mutiger, rutschte näher an meinen Schatz heran, küsste ihn auf den Mund. Erst vorsichtig, dann zärtlich und schließlich leidenschaftlich. Ich küsste mich vom Hals hinab zum Schlüsselbein, an dem ich knabberte. Streichelte seine Brust, seinen Bauch, seine Hüften. Als ich schließlich sein schlaffes Glied berührte, war es ein surreales Gefühl: Als halte ich einen toten Fisch in der Hand. Nie im Leben hätte Gregor so wenig auf meine Liebkosungen reagiert. Einem Stromschlag gleich durchzuckte mich der Gedanke und machte mir ein für alle Mal klar,

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