Lucy im Himmel (German Edition)
stöhnte erneut, schlug jedoch die Augen auf.
»Hey, da bist du ja wieder.« Nach wie vor hielt er ihren Kopf in seinen Händen. »Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.« Er ließ ihr Zeit, zu sich zu kommen. »Tut dir was weh? Probier mal, ob du dich bewegen kannst.«
»Frag lieber, was mir nicht weh tut.« Sie versuchte sich aufzustützen, keuchte aber vor Schmerz auf, als sie den rechten Arm anhob. Der linke war dagegen kein Problem. Auch die Beine konnte sie anwinkeln. Gregor half ihr, sich hinzusetzen. Sie hing auf der Treppe wie ein Schluck Wasser in der Kurve.
»Mir ist speiübel.«
Sie war käsebleich und sah in der Tat so aus, als müsse sie sich gleich übergeben.
»Möchtest du dich wieder hinlegen?«
»Wenn ich mich an dir anlehnen kann, passt das schon.« Sie hielt die aufgeschürften Beine weit von sich gestreckt, den rechten Arm in einer Schonhaltung und den Kopf gegen Gregors Schulter gelegt. »Gib mir ein paar Minuten, dann geht es sicher wieder. Ich kann ja hier nicht sitzen bleiben.«
Wir brauchen einen Krankenwagen!
»Bea, du kannst nicht nach Hause laufen. Du hast eine Kopfplatzwunde und dein Arm sieht mir ganz danach aus, als ob er gebrochen wäre. Du musst zu einem Arzt.« Gregor zückte sein Handy und bemühte sich kurz darauf, dem Telefonisten der Rettungsleitstelle klarzumachen, wo genau im Volkspark sie sich befanden. Anschließend legte er schützend den Arm um Bea und versuchte sie abzulenken.
»Treppen hinunterfliegen ist gegen die Spielregeln«, sagte er sanft. »Ich fürchte, ich muss dich disqualifizieren. Damit habe ich gewonnen.«
»Ja, ja. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Du bist echt doof«, brummte sie. Allerdings klang es ganz und gar nicht so, als würde sie es ernst meinen.
»Da bist du nicht die Erste, die das zu mir sagt.«
Beas Gesicht verzog sich zu einem matten Grinsen. Man sah deutlich, dass es ihr nicht gut ging, sie ihren Humor aber nicht verloren hatte. »Ich plädiere auf Wiederholung.«
»Was? Du willst noch mal die Treppen hinunterpurzeln? Also, wenn das so viel Spaß macht, sollte ich es vielleicht auch mal versuchen.«
»Nutz es bloß aus, dass ich mich gerade nicht wehren kann.«
»Tja, wenn das so ist.« Er sah sie an, zog die Augenbrauen hoch und grinste ironisch. »Da bringst du mich auf ganz neue Gedanken. Eine hilflose, junge Frau in meinen Armen ...«
Leider brauste genau in dem Moment der Krankenwagen heran, sodass mein Schatz weder Bea noch mir demonstrieren konnte, welcher Natur seine Überlegungen waren.
Die Bestandsaufnahme im Theresien-Krankenhaus fiel ziemlich niederschmetternd aus: Die Kopfplatzwunde knapp oberhalb der Schläfe musste mit acht Stichen genäht werden, wobei der Chirurg Bea versicherte, dass der dünne Faden keine Narbe hinterlassen würde. Anschließend wurde ihr rechter Unterarm eingegipst, da sie sich die Elle gebrochen hatte. Und ihr linker Fuß wurde mithilfe einer Luftpolsterschiene ruhiggestellt: Sie hatte sich auch noch zwei Bänder gerissen und den Knöchel so stark geprellt, dass sie kaum auftreten konnte.
An Sport war damit in den nächsten Wochen nicht zu denken, was Bea ziemlich mitnahm. Noch mehr beschäftigte sie allerdings die Frage, wie sie in ihre Wohnung im fünften Stock Altbau hinaufkommen sollte, wenn sie nicht auftreten konnte.
»Gar nicht«, antwortete der Arzt emotionslos. »Sie bleiben nämlich über Nacht zur Beobachtung bei uns im Krankenhaus.«
Bea schüttelte sofort den Kopf, wenngleich man ihr ansah, dass sie die Bewegung umgehend bereute.
»Es ist nicht auszuschließen, dass Sie sich bei dem Sturz eine Gehirnerschütterung zugezogen haben.«
»Ich will aber nicht hier bleiben, und wenn ich auf eigene Verantwortung gehe.«
Der Arzt seufzte. »Dann muss definitiv gewährleistet sein, dass in den nächsten achtundvierzig Stunden ständig jemand in Ihrer Nähe ist.«
»Kein Problem, ich finde schon jemanden, der auf mich aufpasst«, antwortete sie trotzig.
»Rund um die Uhr, also nicht bloß für ein paar Stunden, sondern auch nachts. Und zwar in Ihrer unmittelbaren Nähe. Nicht die Nachbarin in der Wohnung dane–« Der Arzt wurde vom Piepen seines Pagers unterbrochen. »Einen Moment bitte.«
Schlag Bea vor, dass
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