Lucy kriegt's gebacken
vielen Jahren hier arbeitet, und schiebt einen Teller auf die Warmhalteplatte. „Beeilung, Louie!“
„Ich brauche zweimal Bisque und ein Mozz spezial.“ Der Kellner schnappt sich die Teller. „Chef, haben wir noch Kalb?“
„Noch dreimal“, antwortet Ethan. Mit dem Rücken zu mir steht er am Herd. Er wendet irgendwas in einer Pfanne, rüttelt kurz an einer anderen, gießt etwas hinein, und eine Flamme sticht in die Höhe. Der Duft von Knoblauch und Fleisch hängt schwer in der Luft. Hier geht es zu wie im Zirkus. Zwei Leute kümmern sich um die Salate und Vorspeisen, während Ethan wendet, rührt, klappert. Der Geschirrwäscher hat die Arme bis zu den Ellbogen in Schaum getaucht, der Bruder des Mannes der Cousine nimmt etwas aus der Kühltruhe, und ungefähr zehn Gerichte köcheln gleichzeitig auf dem Herd. Kellner rennen herein und hinaus, schreien Bestellungen und weichen mir aus, als wäre ich ein Sack Kartoffeln.
In anderen Worten: Dies ist nicht gerade der ideale Zeitpunkt.
Aber.
Irgendwie kann ich jetzt nicht aufhören.
„Ethan?“, rufe ich. Er hört mich nicht.
„Zweimal Crème brulée und zwei Tiramisu! “ , brüllt Kelly, die Kellnerin, mit der ich zur Schule gegangen bin. Sie muss zweimal hinsehen, als sie mich entdeckt. „Hi, Lucy.“
„Tisch vier will wissen, ob sie das Chicken Masala auch ohne Wein haben können“, sagt Louie.
„Klar. Dann ist es zwar kein Masala, aber klar.“ Ethan wirft Hühnchenfleisch in eine Pfanne.
„Ethan?“, versuche ich es erneut.
Dieses Mal hört er mich und wirbelt herum. „Lucy, was gibt’s?“
„Hast du kurz Zeit?“
Er hebt eine Augenbraue. „Eigentlich nicht.“
„Chef, Tisch fünf sagt, das Fleisch wäre nicht genug durch“, sagt ein Kellner und stellt einen Teller ab. Ethan wirft einen Blick darauf. „Es ist englisch“ , ruft er.
„Wem sagen Sie das. Aber er will es weniger roh“, grunzt der Kellner empört. Ethan nickt und schiebt den Teller in den Grill.
„Ethan, ich muss wirklich mit dir sprechen“, verkünde ich laut. Micki, die gerade Petersilie hackt, wirft mir einen Blick zu.
„Lucy, da draußen sind fünfzig Leute, die auf ihr Essen warten, und der Koch meines Vaters ist nicht erschienen.“ Er lässt Gemüse aus einer Bratpfanne auf zwei Teller gleiten. Auf einen legt er ein Stück Kalbsfleisch, auf den anderen Hähnchen, dann schnappt er sich eine Schüssel, füllt sie mit Ravioli und gießt Soße drüber. Micki nimmt die Teller, garniert sie und stellt sie auf die Wärmeplatte. „Essen für Tisch acht“, brüllt sie.
Ethan steht jetzt wieder am Herd, und es entstehen noch ein paar weitere Stichflammen. „Carlo, kannst du noch Filet aus dem Kühlraum holen?“, ruft er.
„Aber klar, Chef.“
Ich seufze. Okay, das ist wirklich ein schlechter Zeitpunkt. Welcher Impuls auch immer mich hierher gebracht hat, er ist nun verschwunden. Ich stopfe die Hände in die Taschen und drehe mich um.
Da ist der Dime.
Ich sehe Ethan wieder an. Da er an dem Zwölf-Flammen-Herd arbeitet, steht er direkt vor Jimmys Schrein. Wie immer brennen die Kerzen, Jimmys Kopftuch liegt ordentlich gefaltet daneben, sein Foto lächelt mich an.
Es ist höchste Zeit. Mir egal, wie voll das Restaurant ist. Es ist verdammt noch mal Zeit. „Ethan?“ Er antwortet nicht. „Eth?“ Nichts. „Ethan, ich muss jetzt mit dir reden!“, brülle ich.
Ethan sieht mich kurz an, dann ruft er: „Micki, kannst du eine Sekunde übernehmen? Das Steak und die Auberginen gehören zusammen, und das Parmesan-Hühnchen und die Ravioli sind für Tisch sechs.“
„Alles klar, Chef.“ Sie packt eine Pfanne.
Ethan schiebt mich an einem jungen Mann, der gerade Suppe in Schalen löffelt, und dem Mädchen, das den Salat macht, vorbei.
„Was, Lucy?“
„Können wir einen Moment rausgehen?“
„Nein!“, fährt er mich an. Schließlich atmet er tief ein und verschränkt die Arme vor der Brust. „Was ist denn so wichtig, dass es nicht warten kann?“
Ich muss schlucken - kein Kieselstein, diesmal ist es reine Nervosität, und mir dämmert, dass ich mir noch gar nicht überlegt habe, was genau ich ihm sagen soll. „Ich, ähm, ich war heute auf dem Friedhof. Vorhin. Um Jimmys Grab zu besuchen.“ Ich beiße mir auf die Lippe.
„Das ist toll, Lucy.“ Ethan blickt über die Schulter zum Suppen-Jungen.
‚„Chef, der Typ mit der Parmesan-Aubergine ist allergisch auf Schalentiere, da müssen wir besonders vorsichtig sein“, ruft Kelly.
Dann kommt Marie
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