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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ich mußte mich entscheiden, ob ich mich zurechtmachen oder bleiben sollte, wie ich war.
    Mir war klar, welche Gefahren damit verbunden waren, das Schicksal herauszufordern. Wenn ich mich zurechtmachte, würde er nicht kommen. Wenn ich mich nicht zurechtmachte, würde er kommen, aber von meinem Anblick so entsetzt sein, daß er sofort wieder verschwand.
    »Was ist los?« flüsterte eine Stimme. Es war Karen. »War das Gus?«
    Ich nickte. »Tut mir leid, daß ich dich geweckt hab.«
    »Hast du ihn zum Teufel geschickt?«
    »Äh, nein, weißt du, ich hab noch nicht seine ganze Geschichte gehört. Er, äh, kommt und erzählt sie mir.«
    »Jetzt!? Um halb drei in der Nacht?«
    »Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen«, sagte ich matt.
    »Ich fasse zusammen: er war auf einer Party, konnte bei keiner landen und will dringend bumsen. Ich muß schon sagen, Lucy, du verkaufst dich wirklich teuer.«
    »So ist es nicht...« sagte ich, wobei sich mein Magen hob.
    »Gute Nacht«, seufzte sie, ohne auf mich zu achten. »Ich geh wieder ins Bett. Zu Daniel«, fügte sie von oben herab hinzu.
    Mir war klar, daß sie ihm die ganze Geschichte brühwarm berichten würde, denn sie erzählte Daniel alles über mich, jedenfalls alles Peinliche und Beschämende. Ich hatte keine Privatsphäre, und ich war wütend, weil er soviel über mich wußte und mich so überheblich und besserwisserisch behandelte.
    Er war ständig in unserer Wohnung. Fast hatte ich den Eindruck, er lebte dort. Warum konnten die beiden nicht zu ihm gehen und mich in Frieden lassen?
    Am liebsten wäre mir, wenn sie auseinandergingen, dachte ich gereizt.
    Ich beschloß, das Schicksal hinters Licht zu führen. Ich war es satt, daß es Macht über mich hatte, und so machte ich mich zwar zurecht, zog mich aber nicht an.
    In Null Komma nichts schrillte die Türglocke so laut, daß sie Tote geweckt hätte. Nach einigen Sekunden hochwillkommener Ruhe legte sie wieder los und schien stundenlang nicht aufzuhören – Gus war da.
    Ich öffnete die Wohnungstür und wartete auf ihn, aber er kam nicht. Dann hörte ich einige Stockwerke unter uns erhobene Stimmen. Schließlich kam er die Treppe heraufgetorkelt. Er wirkte einnehmend, verlockend, zerzaust und betrunken.
    Ich wußte nicht, wie mir geschah. Erst bei seinem Anblick ging mir richtig auf, wie sehr er mir gefehlt hatte.
    »Großer Gott, Lucy«, knurrte er, als er sich an mir vorbei in die Wohnung schob, »haben die Leute da unten wirklich eine Saulaune. Jeder kann doch mal ’nen Fehler machen.«
    »Was hast du angestellt?« fragte ich.
    »An der falschen Tür geklingelt«, sagte er beleidigt und ging schnurstracks in mein Zimmer.
    Augenblick, mein Junge, dachte ich. So schnell schießen die Preußen nicht. Er konnte nicht einfach nach dreiwöchiger Sendepause aufkreuzen und erwarten, daß ich unverzüglich mit ihm ins Bett hüpfte.
    Allem Anschein nach konnte er. Er saß bereits auf meinem Bett und zog sich die Schuhe aus.
    »Gus...« sagte ich zögernd. Ich wollte mit meiner Strafpredigt beginnen. Es war die übliche Leier: ›Wie kannst du es wagen, mich so zu behandeln; was glaubst du, wer du bist; für wen hältst du mich; dafür hab ich zu viel Selbstachtung (glatt gelogen); das laß ich mir nicht bieten‹ (ebenfalls gelogen), usw usw.
    Er aber ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und fuhr fort: »Dann hab ich zu dem Kerl da unten gesagt, ›Ich hab Sie doch bloß geweckt. Es ist ja nicht so, als ob ich in Polen einmarschiert wär‹, ha, ha. Ich wußte, daß ihm das zu denken geben würde. Er ist doch Deutscher, oder?«
    »Leider nein, Gus, Österreicher.«
    »Ist doch alles ein und dasselbe: Sie sind groß, blond und stopfen sich pausenlos mit Würsten voll.«
    Dann richtete er seine unruhigen blutunterlaufenen Augen auf mich und sah mich zum ersten Mal an, seit er in die Wohnung gekommen war.
    »Lucy! Meine liebste Lucy! Du siehst wunderbar aus.«
    Er sprang auf und rannte auf mich zu. Sein Geruch rief eine Sehnsucht und Begierde in mir hervor, deren Heftigkeit mich überraschte.
    »Hmm, Lucy, du hast mir gefehlt.« Er küßte mich auf den Nacken und fuhr mir mit der Hand unter die Schlafanzugjacke. Die Berührung ließ mich erschauern und weckte eine Begierde, die drei Wochen lang ungestört geschlafen hatte. Dennoch schob ich ihn mit äußerster Selbstbeherrschung von mir.
    Pfoten weg, dachte ich – du wirst dir erst anhören, was ich dir zu sagen habe.
    »Ach Lucy, Lucy, Lucy«,

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