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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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um den Eindruck bemüht, daß ich alles mitmachte. »Gute Nacht.«
    »Lucy, du brauchst aber nicht zu gehen, nur, weil wir da sind«, sagte Daniel, höflich wie immer.
    »Geh nur«, verbesserte ihn Karen.
    »Bleib«, drängte Daniel.
    »Tu’s nicht«, sagte Karen.
    »Karen, sei nicht so unhöflich«, sagte Daniel. Er sah aus, als ob es ihm peinlich wäre.
    »Ich bin nicht unhöflich«, lächelte Karen, »sondern einfach ehrlich. Ich sag Lucy, was Sache ist.«
    Ich ging, und unerklärlicherweise war mir zum Weinen.
    »Ach übrigens, Lucy«, rief mir Karen nach.
    »Ja?« fragte ich, schon in der Tür.
    »Da war ein Anruf für dich.«
    »Von wem?«
    »Von Gus.«

47
    E ine riesiger Stein fiel mir vom Herzen, und ich atmete genüßlich aus – darauf hatte ich drei Wochen lang gewartet.
    »Und was hat er gesagt?« fragte ich aufgeregt.
    »Daß er in einer Stunde noch mal anruft und falls du nicht da wärest, jede Stunde, bis er dich erreicht.«
    Ein Glücksgefühl durchflutete mich. Er hatte mich nicht verlassen, ich hatte nichts falsch gemacht, Mandy hatte es nicht geschafft, mich aus seinem Herzen zu verdrängen.
    Mir kam ein Gedanke. »Hast du gesagt, wo ich war?« fragte ich atemlos.
    »Ja, daß du aus warst.«
    »Mit einem Mann?«
    »Ja.«
    »Hervorragend, dann macht er sich vielleicht Sorgen. Wann will er wieder anrufen?«
    Karen setzte sich kerzengerade auf und starrte mich an. »Wieso?« fragte sie. »Du willst ja wohl nicht mit ihm sprechen?«
    »Äh, doch«, sagte ich verlegen und trat von einem Fuß auf den anderen. Verzweifelt lächelnd schüttelte Daniel den Kopf, als wolle er sagen »Ob sie das je lernt?« Eine Unverschämtheit! Was verstand er von den Qualen nicht oder halb erwiderter Liebe?
    »Hast du denn gar keine Selbstachtung?« fragte Karen ungläubig.
    »Nein«, sagte ich zerstreut, während ich überlegte, in welchem Ton ich mit Gus sprechen sollte – belustigt? Verärgert? Streng?
    Daß ich ihm verzeihen würde, war mir klar, es fragte sich nur, wie schwer ich es ihm machen würde.
    »Nun, du mußt selbst wissen, was du tust«, sagte Karen und wandte sich ab. »Er müßte in etwa zwanzig Minuten anrufen.«
    Ich ging in mein Zimmer und lief vor Freude auf der Stelle. Zwanzig Minuten – es fiel mir schwer, mich zu beruhigen.
    Aber ich mußte mich beherrschen, durfte ihn nicht wissen lassen, wie begeistert ich war. Ich zwang mich, tief durchzuatmen.
    Doch ich mußte immer wieder lächeln – um fünf vor zehn würde ich mit Gus sprechen, mit Gus, von dem ich angenommen hatte, er sei auf immer verloren. Ich konnte es kaum erwarten.
    Als ich auf meinem digitalen Wecker die Zahlen neun – fünf – fünf sah, stellte ich meine Füße in die Startblöcke und wartete auf das Signal. Ich wartete und wartete... Er rief nicht an.
    Natürlich rief er nicht an. Wie hatte ich auch glauben können, daß er es tun würde?
    Um nicht weinen zu müssen, sprach ich mir den üblichen Trost zu. Gus kannte den Unterschied zwischen fünf Minuten und einer ganzen Stunde nicht. Wahrscheinlich war er in einer Kneipe, und sofern es da überhaupt ein Telefon gab, funktionierte es vermutlich nicht. Falls aber doch, hatte es wahrscheinlich eine junge Frau aus Galway für ein tränenreiches Dauergespräch nach Hause mit Beschlag belegt.
    Doch um elf Uhr erklärte ich mich geschlagen und legte mich schlafen.
    Der Mistkerl, dachte ich wütend. Er hatte seine Chance und sie nicht genutzt. Wenn er jetzt doch anruft, spreche ich nicht mit ihm. Oder höchstens, um ihm zu sagen, daß ich nicht mit ihm spreche.
    Eine Weile später hörte ich die Haustürklingel und setzte mich vor Schreck im Bett auf. Ach du meine Güte! Er war da, im Haus, und ich war schon abgeschminkt! Großer Gott, was für eine Katastrophe! Ich sprang aus dem Bett und hörte, wie jemand auf den Türöffner drückte.
    »Halt ihn hin«, zischte ich Karen zu, den Kopf aus meiner Zimmertür gesteckt. »Ich bin in fünf Minuten fertig.«
    »Wen soll ich hinhalten?« fragte sie.
    »Gus natürlich.«
    »Wieso, wo ist er denn?«
    »Auf dem Weg nach oben – du hast doch gerade auf den Türöffner gedrückt.«
    »Hab ich nicht«, sagte sie.
    »Natürlich hast du«, beharrte ich. »Gerade eben.«
    Sie benahm sich sehr merkwürdig, wirkte aber nicht betrunken.
    »Hab ich nicht«, gab sie zurück. Sie sah mich prüfend an. »Bist du sicher, daß dir nichts fehlt, Lucy?«
    »Ja«, sagte ich. »Aber ich mach mir Sorgen um dich. Wem hast du die Tür aufgemacht, wenn es

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