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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Verwirrung hervor, weil wir gewöhnlich nur am Sonntag kamen.
    »Ich hätte schwören können, daß heute Montag ist«, sagte Pavel auf bangladeschi zu Karim, als wir drei hereinkamen und uns an unseren üblichen Tisch setzten.
    »Ich auch«, stimmte Karim zu, »aber es ist wohl doch erst Sonntag. Fein, dann machen wir heute abend eine Stunde eher zu. Hol du den Wein, ich sag in der Küche Bescheid, daß sie da sind und der Koch die Tikka-Masala-Hühnchen fertigmachen kann. Heute haben sie uns wirklich bei einer Unaufmerksamkeit ertappt.«
    »Können wir bitte eine Flasche von Ihrem Weißen haben?« fragte ich Machmud, aber Pavel war bereits hinter der Bar und entkorkte die Flasche. Wir aßen und tranken stets das gleiche – man brachte uns nicht mal mehr die Speisekarte, weil bekannt war, daß wir grundsätzlich eine Portion Gemüse-Biryani und zwei Portionen Tikka-Masala-Hühnchen mit Reis bestellten. Dazu tranken wir Weißwein. Nur die Zahl der Flaschen schwankte, aber es waren immer mindestens zwei.
    Während wir auf das Essen warteten, erfuhren Charlotte und ich von Karen Einzelheiten über das, was zwischen ihr und Daniel vorgefallen war.
    Sie war sich sicher gewesen, daß er sich in sie verliebt hatte und daß sie von ihm eine diesbezügliche Erklärung erwarten konnte. Dann hätten sie noch genug Zeit gehabt, vor der gemeinsamen Fahrt nach Schottland einen Verlobungsring zu kaufen, und hätten dann Karens Eltern die gute Neuigkeit eröffnet. Aber Daniel hatte sich, wie es schien, mit seiner Erklärung Zeit gelassen, und so hatte sie beschlossen, die Dinge ein wenig voranzutreiben, denn der Zeitpunkt ihrer Abreise rückte immer näher. In der festen Gewißheit, Daniel werde ja sagen, hatte sie ihn gefragt, ob er sie liebe. Unzufrieden mit seiner Antwort, er möge sie wirklich gern, hatte sie die Frage erneut gestellt.
    Daraufhin hatte Daniel erklärt, er sei sehr gern mit ihr zusammen und sie sei sehr schön.
    »Das weiß ich selber«, hatte sie ihm entrüstet geantwortet, »aber liebst du mich?«
    »Wer weiß schon, was Liebe ist?« hatte Daniel gefragt. Bestimmt war ihm der Boden unter den Füßen immer heißer geworden.
    »LIEBST DU MICH – ja oder nein?« hatte Karen wissen wollen.
    Auf diese Frage hatte Daniel geantwortet: »Wenn du so fragst – nein.«
    Schnitt: zerbrochene Träume, wilder Streit, Entwendung einer Flasche teuren Kognaks, ein Taxi wird gerufen, Karen äußert die Hoffnung, daß Daniel in der Hölle schmoren muß, verläßt seine Wohnung und trifft in unserer ein.
    »Er ist ein verdammter Saukerl«, schluchzte sie.
    Teilnahmsvoll nickten Machmud, Karim, Pavel und der andere, der Michael zu heißen behauptete. Sie hatten förmlich an Karens Lippen gehangen und jedes ihrer Worte mitbekommen. Pavel schien den Tränen nahe.
    Karen stürzte ein Glas Wein hinunter, wobei ihr einige Tropfen über das Kinn liefen. Dann füllte sie das Glas erneut.
    »Noch eine«, rief sie und fuchtelte mit der leeren Flasche zu der Gruppe von Kellnern hinüber.
    Charlotte und ich wechselten einen Blick, der soviel hieß wie »Sie hat schon genug getrunken«, aber ihr das zu sagen hatten wir nicht den Mut.
    Karim brachte Wein und murmelte, als er die Flasche auf den Tisch stellte: »Die geht auf Rechnung des Hauses, mit dem Ausdruck unseres tiefsten Bedauerns.«
    Schließlich betranken Charlotte und ich uns ebenfalls. Indem wir so viel Wein tranken, wie wir nur konnten, versuchten wir zu erreichen, daß Karen nicht noch betrunkener wurde. Nur nützte das nichts, denn sie schrie nach der nächsten Flasche, kaum daß die zweite leer war, und so ging der Kreislauf fort und fort. Allerdings machte mir die Sache inzwischen Spaß.
    Karen wurde immer betrunkener. Zweimal steckte sie ihre Zigarette am falschen Ende an, merkte nicht, daß ihr die Ärmel ins Essen hingen, schüttete ein Glas Wasser in mein Gemüse-Biryani und lallte: »Sah sowieso widerlich aus.«
    Dann verdrehte sie zu meinem Entsetzen plötzlich die Augen und kippte langsam vornüber, bis sie mit dem Gesicht in ihrem Teller Tikka-Masala-Hühnchen mit Reis lag.
    »Schnell, schnell, Charlotte«, sagte ich voll Panik. »Nimm ihr Gesicht aus dem Essen, sie erstickt sonst!«
    Charlotte packte sie bei den Haaren und zog sie hoch, woraufhin sich Karen betrunken und verwirrt an sie wandte.
    »Was zum Henker soll das?« wollte sie wissen. Sie hatte rote Masala-Soße auf der Stirn und Reiskörner im Haar.
    »Karen, du bist ohnmächtig geworden«, keuchte ich.

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