Lucy Sullivan wird heiraten
brechen und dann noch glauben, daß du dich an meinem Busen ausweinen kannst.«
Ich rechnete damit, daß er das zum Anlaß nehmen würde, sich über meinen Busen zu äußern. Doch nichts kam in der Richtung.
»Aber Lucy, du warst doch zuerst meine Freundin«, sagte er.
»Da hast du Pech gehabt«, antwortete ich. »Du kennst die Regeln – Junge lernt Mädchen kennen, Junge macht Schluß, Junge hat’s bei ihren Mitbewohnerinnen bis in die Steinzeit und zurück verschissen.«
»Lucy«, sagte Daniel und klang sehr ernst. »Ich muß dir was sagen.«
»Tu’s, aber schnell.«
»Ich hätte nie gedacht, daß ich das sagen würde, aber... aber... du fehlst mir.«
Ein Gefühl der Trauer durchfuhr mich wie ein Dolch. Allerdings war das bei mir nichts Ungewöhnliches.
»Du hast mich den ganzen Sommer nicht angerufen«, erinnerte ich ihn.
»Du mich auch nicht.«
»Wie denn? Du bist mit ’ner anderen gegangen, und die hätte mich umgebracht.«
»Du bist auch mit ’nem anderen gegangen«, sagte Daniel.
»Ha! Für dich war Gus ja wohl kaum eine Bedrohung, oder?«
»Das hast du gesagt.«
»Ich weiß, was du meinst«, sagte ich, und bei der Erinnerung an Gus gingen mir die Augen über. »Er ist zwar nicht besonders groß, kann aber sicher in einem Zweikampf seinen Mann stehen.«
»Das meinte ich nicht«, sagte Daniel. »Er braucht niemand zu schlagen, denn fünf Minuten seines öden Gesabbels genügen, um jeden Gegner zu lähmen.«
Ich war wütend. Was für eine bodenlose Frechheit, Gus als öde zu bezeichnen! Der Vorwurf war derart lachhaft, daß ich nicht einmal darüber streiten mochte.
»Tut mir leid«, sagte Daniel. »Das hätte ich nicht sagen dürfen. Gus ist wirklich lustig.«
»Meinst du das im Ernst?«
»Nein. Aber ich fürchte, daß du sonst auflegst und mich nicht sehen willst.«
»Damit hast du verdammt recht«, sagte ich. »Ich hab nicht die geringste Absicht, mich mit dir zu treffen.«
»Bitte, Lucy«, sagte er.
»Warum? Du bist so was von erbärmlich. Wahrscheinlich fehlt dir gerade eine Frau und dein Ego kommt nicht darüber weg. Also rufst du die gute alte Lucy an und...«
»Großer Gott«, klagte er. »Wenn ich es nötig hätte, was für mein Selbstbewußtsein zu tun, wärst du der letzte Mensch, zu dem ich ginge.«
»Und warum willst du dich dann mit mir treffen?«
»Weil du mir fehlst.«
Einen Augenblick lang fielen mir keine weiteren Kränkungen ein, die ich ihm um die Ohren schlagen konnte, und Daniel erkannte seine Chance.
»Ich langweile mich nicht«, sagte er ernst. »Ich bin nicht einsam, und mir ist nicht einfach nach weiblicher Gesellschaft. Ich brauch auch keine Stärkung meines Selbstbewußtseins. Ich möchte dich einfach sehen. Niemand als dich.«
Eine Pause trat ein. Seine Aufrichtigkeit ließ sich förmlich mit Händen greifen, und einen Augenblick lang hätte ich ihm fast Glauben geschenkt.
»Hör dich nur an«, sagte ich und lachte. »Du meinst, du kannst jede Frau, die dir über den Weg läuft, mit deinem Charme betören, was?«
Aber trotz all meiner großen Worte war da noch etwas anderes. Vielleicht Erleichterung? Ich würde zwar nicht sofort nachgeben, ihn aber auch nicht zurückweisen.
»Du weißt, daß deine üblichen Sprüche bei mir nicht verfangen«, erinnerte ich ihn.
»Ist mir wohlbekannt«, erklärte er. »Ich weiß auch, daß du gräßlich zu mir sein wirst, wenn du dich mit mir triffst.«
»Ach ja?«
»Du wirst mich als alten Charmeur titulieren und als... als...«
»Schleimer?« half ich ihm aus.
»Ja, als Schleimer. Und als Weiberhelden?«
»Natürlich – du hat ja keine Ahnung, was ich noch alles auf Lager hab.«
»Das ist in Ordnung.«
»Du bist krankhaft veranlagt, Daniel Watson.«
»Aber du triffst dich mit mir?«
»Weißt du... mir gefällt es hier.«
»Was tust du gerade?«
»Ich liege flach...«
»Das kannst du hier auch tun.«
»Und esse Schokolade...«
»Ich kauf dir so viel Schokolade, wie du willst.«
»Aber ich lese gerade ein wunderbares Buch. Du willst bestimmt, daß ich mit dir rede...«
»Will ich nicht. Versprochen.«
»Außerdem bin ich nicht zurechtgemacht und sehe verboten aus.«
»Na und?«
Mit meiner Frage: »Und wie soll ich zu dir kommen?« war klar, daß ich kapituliert hatte.
»Ich hol dich ab«, bot Daniel an. Bei diesen Worten warf ich den Kopf in den Nacken und stieß ein gezwungenes Lachen aus.
»Was ist daran so komisch?« fragte er.
»Sei doch realistisch«, sagte ich. »Was meinst du, wie
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