Lucy Sullivan wird heiraten
(unwillkürlich stellte ich mir vor, daß man sie Ann-Chauvi schrieb) zu Ananas passen...?«
Ich mußte Daniels Geduld bewundern, auch wenn ich ihm nach wie vor nicht in die Augen sehen konnte.
Als die Pizzen und das Bier kamen, setzten wir uns zu dritt an den Küchentisch. Kaum hatte Dad aufgegessen, als er wieder anfing, drohende Blicke auf Daniel zu werfen. Die Spannung war entsetzlich.
Er sah ihn nicht direkt an, sondern warf ihm boshafte Blicke zu, wenn Daniel den Kopf wegdrehte, wandte aber die Augen rasch ab, sobald Daniel zu ihm hersah. Weil Daniel vermutete, daß ihm Dad böse Blicke zuwarf, begann er, ständig hinzusehen, um ihn dabei zu ertappen. Da hatte man den Eindruck, er trinke in Ruhe sein Bier, aber in Wirklichkeit riß er in einer Tausendstelsekunde den Kopf herum, um zu sehen, was Dad trieb. Im selben Augenblick drehte Dad seinen Kopf zur Seite und schlürfte mit unschuldigem Kindergesicht sein Bier.
So ging das Stunden. Zumindest kam es mir so vor. Die Atmosphäre war so gespannt, daß wir uns sofort lustvoll dem Whiskey zuwandten, als wir das Bier ausgetrunken hatten.
Die wenigen Male, die Dad den Blick abwandte, um einem Politiker im Fernsehen Beleidigungen zuzubrüllen (»Streck die Zunge raus, damit man den schwarzen Strich in der Mitte von all den Lügen sieht, die du verbreitet hast!«), verzog Daniel das Gesicht in alle Richtungen, zwinkerte und wies mit dem Kopf auf die Tür. Damit wollte er offenbar andeuten, daß wir in ein anderes Zimmer gehen sollten. Wahrscheinlich das Wohnzimmer, um die Szene vom vorigen Mal zu wiederholen. Ich achtete nicht auf ihn.
Schließlich aber beschloß Dad, ins Bett zu gehen. Inzwischen waren wir alle ziemlich betrunken.
»Willst du etwa hier übernachten?« fragte er Daniel.
»Nein«, sagte Daniel.
»Na, dann mal los«, sagte Dad und stand auf.
»Würde es Sie stören, wenn ich mit Lucy ein paar Worte unter vier Augen wechsle, Mr. Sullivan?« fragte Daniel.
»Ob es mich stört?« stieß Dad hervor. »Nach der Art, wie ihr beiden euch neulich aufgeführt habt, stört mich das sogar gewaltig.«
»Das tut mir leid«, sagte Daniel zerknirscht. »Ich kann Ihnen versichern, daß es nicht wieder vorkommt.«
»Versprichst du das?« fragte Dad streng.
»Das verspreche ich«, sagte Daniel feierlich.
»Na, von mir aus«, sagte Dad.
»Danke«, sagte Daniel.
»Ich verlaß mich auf euch zwei«, sagte Dad und drohte uns mit dem Finger. »Keine Fisimatenten, verstanden?«
»Keine«, versprach Daniel. »Keine Fisimatenten, keine Sperenzchen und keine Menkenke.«
Dad warf ihm einen mißtrauischen Blick zu, weil er wohl annahm, Daniel mache sich über ihn lustig. Dieser setzte ein äußerst ernstes Gesicht auf, von dem man gewissermaßen ablesen konnte: »Sie dürfen mir Ihre Tochter anvertrauen, Mr. Sullivan.«
Nicht ganz überzeugt, ging Dad zu Bett. Natürlich rechnete ich damit, daß sich Daniel auf mich stürzen würde, kaum, daß sich die Tür hinter Dad geschlossen hatte und war ziemlich sauer, als er es nicht tat. Ich hatte mich darauf gefreut, ihn abblitzen zu lassen und den ganzen Abend über beschimpfen zu dürfen.
Aber er verwirrte mich, indem er zärtlich meine Hand nahm und freundlich mit mir sprach. »Ich möchte über was Wichtiges mit dir reden«, begann er.
»Ach ja?« sagte ich sarkastisch. »Wahrscheinlich über meine...« – leises Kichern – »Wohnung.« Ich durchschaute einen Vorwand ebenso gut wie jede andere Frau.
»Ja«, sagte er. »Ich hoffe, du nimmst nicht an, daß ich mich in deine Angelegenheiten einmischen will. Na ja, ich bin davon überzeugt, daß du es für Einmischung hältst, aber hör mich bitte erst mal an.«
Das verschlug mir die Sprache – ich hatte nicht erwartet, daß er wirklich mit mir über das Thema sprechen wollte.
»Warum sollte ich?« fragte ich ihn.
»Ich sag nur, überstürze nichts, tu nichts, was du nicht rückgängig machen kannst«, sagte er.
»Das hab ich nicht vor«, sagte ich.
»Doch«, sagte er. Eine Unverschämtheit.
»Du bist im Augenblick zu erregt, als daß du vernünftige Entscheidungen treffen könntest.«
»Bin ich nicht«, sagte ich, während mir Tränen in die Augen stiegen.
»Aber ja«, sagte er. »Sieh dich nur an.«
Vielleicht hatte er damit nicht ganz unrecht, aber ich konnte nicht kampflos aufgeben. Ich nahm einen ordentlichen Schluck Whiskey.
»Welchen Sinn soll es haben«, fragte ich ihn, »daß ich Miete für eine Wohnung zahle, wenn ich bei meinem Vater
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