Ludlum Robert - Covert 03
Gehirnmasse und Schädelknochen explodierten in das Kissen. Die Kugel durchschlug es und blieb im Verputz der Wand stecken.
Ohne das Kissen loszulassen, weil er verhindern wollte, dass irgendwelche Blutspuren in das Zimmer gerieten, zerrte Hauptmann Bonnard die Leiche zum Bett und legte sie mit dem Kissen unter dem Kopf auf die Liegestatt. Dann schraubte er den Schalldämpfer von der Pistole, steckte ihn in die Tasche und drückte Jean-Luc die Waffe in die linke Hand. Zuletzt schob er das Kissen ein wenig zurecht, legte seine Hand über die von Jean-Luc und betätigte erneut den Abzug. Diesmal hallte der Schuss wie ein Donnerschlag und ließ das Mobiliar in dem kleinen Raum erzittern. Selbst Hauptmann Bonnard, der darauf vorbereitet gewesen war, wunderte sich, wie laut der Schuss krachte.
Das hier war eine Hafengegend, aber ein Schuss würde dennoch Aufmerksamkeit erregen. Er hatte wenig Zeit. Zuerst musterte er das Kissen. Der zweite Schuss war perfekt gewesen, lag so dicht neben dem ersten Loch, dass es wie eine einzige große Ausschussöffnung aussah. Und jetzt würden Rückstände der abgefeuerten Pistole an Jean-Lucs Hand festzustellen sein, und der Leichenbeschauer könnte befriedigt feststellen, dass der junge Mann Selbstmord begangen hatte, wahrscheinlich aus Kummer über den Verlust seines verehrten und geliebten Dr. Chambord.
Nach kurzer Suche fand der Hauptmann einen Notizblock mit Druckstellen, die darauf hinwiesen, dass jemand auf das darüber liegende Blatt geschrieben hatte. Er holte das zusammengeknüllte Papierblatt aus dem Abfallkorb und stopfte es mit dem Block in die Seitentasche seiner Uniformjacke, ohne sich die Zeit zu nehmen, etwas zu lesen. Dann sah er unter das Bett und die übrigen alten Möbelstücke. Es gab keinen Kleiderschrank. Er grub die erste Kugel aus der Wand und schob eine alte Kommode ein Stück nach links, um das Loch damit zuzudecken.
Als er Jean-Lucs Aktentasche aufhob, war in der Ferne das gleichmäßig an- und abschwellende Heulen einer Polizeisirene zu hören. Er spürte, wie sein Puls sich beschleunigte, schloss die Augen und lauschte. Oui, die Sirene kam näher. Noch einmal musterte er mit geübtem Blick jede Einzelheit in dem billigen Zimmer. Überzeugt davon, nichts übersehen zu haben, öffnete er die Tür. Als Hauptmann Bonnard im Halbdunkel des Korridors verschwand, hielt der Polizeiwagen mit quietschenden Bremsen vor der Pension an.
3
Paris
An Bord der C-17-Frachtmaschine, die am frühen Morgen nach Denver-Zeit den Luftwaffenstützpunkt Buckley verlassen und auf der Polroute München angeflogen hatte, befand sich ein einziger Passagier, dessen Name weder auf der Mannschaftsliste noch sonst wo festgehalten war. Um 6 Uhr morgens legte der riesige Jet in Paris einen außerplanmäßigen Zwischenstopp ein, angeblich um eine dringend in München benötigte Sendung aufzunehmen. Ein Dienstwagen der US Air Force rollte zu dem Düsenfrachter, und ein Mann in der Uniform eines Lieutenant Colonel der US Army trug eine leere Metallkassette an Bord. Er blieb dort. Als die Maschine dann eine Viertelstunde später wieder startete, hatte der offiziell nicht existierende Passagier das Flugzeug längst verlassen.
Kurz darauf hielt derselbe Dienstwagen ein zweites Mal an, diesmal am Seiteneingang eines kleinen Nebengebäudes auf dem Charles de Gaulle Airport im Norden von Paris. Die hintere Tür des Fahrzeugs öffnete sich, und ein hoch gewachsener Mann, ebenfalls in der Uniform eines Lieutenant Colonel der US Army, stieg aus. Jon Smith. Anfang vierzig, schlank und austrainiert und durch und durch wie ein Soldat wirkend. Er hatte ein schmales, kantiges Gesicht; sein dunkles Haar unter der Offiziersmütze trug er etwas länger als gewöhnlich. Er richtete sich auf und ließ den Blick seiner blauen Augen in die Runde wandern.
Als er schließlich in der Morgendämmerung auf das niedrige Gebäude zuging, war an ihm nichts, was irgendwie aufgefallen wäre. Der Mann war einfach ein Offizier der US Army mit einer Reisetasche und einem IBM-Laptop in einem massiven Aluminiumkoffer. Eine halbe Stunde später verließ Smith das Gebäude wieder, diesmal in Zivil. Er trug jetzt legere Kleidung, wie er sie bevorzugte – ein Tweedjackett, ein blaues Baumwollhemd, beige Baumwollhosen und einen Trenchcoat. In einem Schulterhalfter unter dem Jackett steckte seine 9-mmSig-Sauer.
Er ging zielstrebig über die Landepiste und passierte mit anderen Passagieren die Zollkontrolle, wo man ihn wegen
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