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Lübeck

Lübeck

Titel: Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erlangen Michael Müller Verlag
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bei
einem Brand. Nach dem Holstentor (→ Spaziergang 1) im Westen ist das
fünfstöckige Burgtor der andere der zwei erhaltenen Wehrbauten Lübecks. Die
Modelle der beiden abgerissenen Vorbauten können in kleinen Schaukästen auf
der linken Bürgersteigseite betrachtet werden, sobald man die Innenstadt in
Richtung Gustav-Radbruch-Platz verlässt.
    Carl Hans Lody –
ein Amateurspion für die Propagandamaschinerie
    Rechts vom Burgtor, wenn man eine kleine, verwitterte Treppe erklimmt,
stößt man auf eine Naziplakette von ’34 . Zitiert wird darauf Carl Hans
Lody, der 1914 als erster deutscher Spion im Tower von London hingerichtet
wurde: „Ich habe einen Auftrag meines Vaterlandes erfüllt.“ Und weiter:
„Am 6. Nov. 1914, 6.30 Uhr früh starb Lody von feindlichen Kugeln
durchbohrt, im Tode noch seinen Gegnern Achtung abtrotzend für deutsches
Heldentum. Denkt daran!“ Ach ja, Dummheit stirbt nie aus. Zur Untermauerung
dieser Feststellung feierten Neonazis vor einigen Jahren am Burgtor jenen Mann,
der nie mit den Nationalsozialisten in Berührung gekommen war und keine (!)
Verbindung zu Lübeck hatte.
    Die ärgerliche Plakette geht auf August Glasmeier zurück, Schriftleiter
des Lübecker Generalanzeigers. Er missbrauchte den patriotisch
überbegeisterten Seeoffizier und Reiseleiter Lody für Propagandazwecke. Lody
hatte sich der Admiralität als unausgebildeter Spion aufgedrängt und unter
dem Decknamen Mr. Inglis mit gefälschtem Pass und perfektem Englisch agiert.
Neben der Plakette errichteten die Nationalsozialisten sogar ein Denkmal für
ihn (das 1946 wieder entfernt wurde). Man sah einen Ritter in vollem Harnisch,
der eine Schlange zertrat: Heldenkitsch vom Feinsten! Weshalb dieser ganze
Aufwand? Carl Hans Lody, Sohn eines Juristen und Bürgermeisters, hatte dafür
gesorgt, dass zum ersten Mal in der Seekriegsgeschichte ein fahrendes Schiff
von einem U-Boot versenkt wurde. Das war am 5. September 1914.
    Laut Beschluss vom 29. Oktober 2005 sind braune Versammlungen an der Tafel,
die die britische Besatzung (!) nach dem Zweiten Weltkrieg zur Abschreckung
erhalten wollte, inzwischen verboten.
    Von hier erkennt man auch die Reste der alten Stadtmauer. Sie geht
zurück auf die Dänenzeit im 13. Jh., umfasste die ganze Stadt und besaß 26
Türme. Ein zweiter Mauerrest befindet sich am Krähenteich (→
Spaziergang 2). Überquert man die Burgtorbrücke, hat man links einen
netten Blick auf einen Ausläufer des Stadthafens mit seinen giraffenartigen
Kränen und einer neugotischen Hubbrücke, die noch immer im Einsatz ist. Unter
der Burgtorbrücke, wieder auf Seite der Innenstadt, befindet sich übrigens
der Grundstein des Elbe-Trave-Kanals (heuteElbe-Lübeck-Kanal). Nach
der Legung am 31. Mai 1895 dauerte es knapp fünf Jahre, bis die Wasserstraße
betriebsbereit war. Von oben ist der Stein nicht zu sehen, aber es ist auch
nicht nötig, danach zu jagen: Es handelt sich einfach – um einen Stein.

Spaziergang 4: Kulturforum Burgkloster, St. Jakobi und Schiffergesellschaft
Kulturforum Burgkloster mit Museum für Archäologie
    Das benachbarte Kulturforum Burgkloster bietet eine spannende Zeitreise durch die Jahrhunderte: Wechsel- und Dauerausstellungen zu Stadt-, Zeit- und Kulturgeschichte werden präsentiert. Kurzweilig sind v. a. der Lübecker Münzschatz und das Museum für Archäologie.
    Baugeschichte
    In diesen Mauern liegt der Beginn von Lübeck. Zwar gab es bereits 817 eine erste Siedlung (→ Stadtgeschichte), doch der Ausbau der Innenstadtinsel nahm in jener verlassenen, spätslawischen Burg seinen Anfang. 1147 bauteGraf Adolf II. von Schauenburg die 1143 entdeckte, entvölkerte Anlage für seine Privatgemächer entsprechend um und lockte Siedler aus dem ganzen Reichsgebiet in die meernahe Handelsstadt. In den nächsten 80 Jahren war der Herrschersitz im Besitz von Herzog Heinrich dem Löwen, Kaiser Barbarossa und König Waldemar II. von Dänemark. Da bei der entscheidenden Schlacht gegen die Dänen am 22. Juli 1227 Maria Magdalena eine den Sieg bringende Wolkenformation auffahren ließ (zuvor hatten die Norddeutschen gegen die blendende Sonne gekämpft), schleifte man das Gelände zu einem ihr geweihten Dominikanerkloster. Probleme bereiteten dieser im Volksmund stets „Burgkloster“ genannten Anlage der Stadtbrand von 1276, der nur das Sommerrefektorium verschonte, und immer wieder die Burgkirche, eine dreischiffige Basilika von 1319:

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