Lügen haben hübsche Beine
Melancholie raffte Jill sich am nächsten Morgen auf, duschte und fuhr zum Supermarkt, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Sie nahm sich auch eine Tageszeitung mit, auf deren Titelseite ein großer Artikel über die Ereignisse in der Show und Harriets Machenschaften zu lesen war. Aufmerksam studierte sie den Bericht, er deckte sich im Großen und Ganzen mit dem, was Walter ihr erzählt hatte. Hauptsächlich ging es um Harriet, Mick, Joel und Ewan, von Craig wurde lediglich in einem kleinen Satz erwähnt, dass er nicht an der Sache beteiligt gewesen war.
Gegen ein Uhr machte sie sich auf den Weg zu ihrer Mutter.
Alice Moore erwartete sie bereits und fiel ihr schon im Treppenhaus überglücklich um den Hals. »Ach Jill, ich bin ja so froh, dass du wieder da bist.«
Sie hielten sich einen Moment im Arm, dann schob Alice sie in die kleine Wohnung. »Komm erstmal rein und setz dich hin.«
Als Jill den Flur betrat, schlug ihr ein köstlicher Essensduft entgegen, und sie lächelte.
»Hm, Mom, das riecht aber lecker.«
»Ja, aber du musst dich noch einen Augenblick gedulden«, erklärte Alice. »Erst unterhalten wir uns ein bisschen.«
Sie öffnete die Tür zum Wohnzimmer, und Jill blieb erschrocken stehen.
»Was macht sie denn hier?«, flüsterte sie, und deutete auf Mrs. Atkins, die in voller Pracht auf dem Soda saß und sehr aufgeregt dreinschaute.
»Jetzt sei ein wenig freundlich«, raunte ihre Mutter ihr zu, »Sie möchte doch nur wissen, wie es dir geht und was du erlebt hast.«
Jill presste die Lippen zusammen, beschloss dann aber, sich zusammenzureißen und höflich zu sein.
»Hallo Mrs. Atkins«, grüßte sie die Nachbarin mit einem schiefen Lächeln, »Schön, dass Sie auch da sind.«
Ihre Mutter bugsierte sie zu einem Sessel und drückte sie hinein. Dann setzte sie sich neben Mrs. Atkins und die beiden schauten sie erwartungsvoll an.
»Na los Kind, erzähl uns was du so erlebt hast, und vor allem, was da vorgestern Abend in der Sendung los war.«
Mit einem tiefen Atemzug begann Jill zu schildern, was sich in den Wochen in der Villa ereignet hatte. Ausführlich berichtete sie von ihrem Auftrag, von ihren Nachforschungen, und was sie nach und nach herausgefunden hatte. Dann beschrieb sie die Shootings, die Orte, an denen sie gewesen war und die Shows. Sie erzählte detailliert, was ihr in den letzten Wochen widerfahren war, lediglich ihre Affäre mit Craig und alles, was damit zu tun hatte, verschwieg sie geflissentlich.
Die beiden Frauen hörten ihr mit offenem Mund zu, warfen ab und zu ein »Ah« und ein »Oh« ein, und waren sichtlich gefesselt von Jills Ausführungen.
»Ach Jill, ich bin so glücklich, dass du das jetzt hinter dir hast«, seufzte ihre Mutter, als Jill fertig war, »Nicht auszudenken, was dir alles hätte passieren können.«
»Ja Mom, ich bin auch froh«, nickte Jill, »Und es tut mir leid, dass ich dich ein bisschen angeschwindelt habe, aber ich durfte nicht über meinen Einsatz sprechen.«
»Schon gut Kind, das verstehe ich ja«, sagte Alice verständnisvoll. Dann schaute sie Jill durchdringend an und fügte hinzu: »Doch ich glaube, es gibt da noch etwas, was du mir verschwiegen hast, oder?«
82
» D ie Fotos«, schoss es Jill durch den Kopf, »Woher weiß sie von den Fotos?«
Fieberhaft überlegte sie, wie sie dieses Thema jetzt am besten umgehen könnte. Auf keinen Fall wollte sie mit ihrer Mutter über diese Bilder sprechen, und schon gar nicht vor Mrs. Atkins.
»Ich … äh … ich denke, du solltest mal nach dem Essen sehen«, schlug sie hastig vor. »Es riecht irgendwie ein bisschen verbrannt.«
»Ach ja, das Essen«, nickte Alice zu ihrer Erleichterung. »Weißt du was, schau du doch gerade mal danach, Phyllis und ich decken inzwischen den Tisch.«
Jill sprang auf, froh darüber, weiteren unangenehmen Fragen erst einmal ausweichen zu können.
Schnell lief sie zur Küche und öffnete die Tür.
Im gleichen Moment hielt sie entsetzt inne, glaubte ihren Augen nicht zu trauen.
Am Herd stand Craig, er hatte eine Schürze ihrer Mutter umgebunden und hantierte emsig mit den Töpfen herum.
»Du?«, entfuhr es ihr ungläubig, »Was machst du denn hier?«
»Hallo Liebling, es gibt Roastbeef, gebackene Kartoffeln und Salat – ich hoffe, du magst das«, sagte er fröhlich, als hätte er ihre Frage überhaupt nicht gehört.
Sekundenlang starrte sie ihn an, als wäre er ein Gespenst, dann drehte sie sich um, schloss die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
»Ich träume«, murmelte
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