Lügen haben hübsche Beine
Leute zu schikanieren pflegte.
An ihrer Seite und ebenfalls in der Jury waren zwei Männer, Michael Fairgate und Craig Peters.
Michael Fairgate, von allen nur »Mick« genannt, war der Inhaber einer der führenden Modelagenturen. Die Siegerin jeder Staffel erhielt, zusätzlich zu 500.000 Dollar Siegerprämie, von ihm einen zweijährigen Model-Vertrag. Er war zweiunddreißig Jahre alt, verheiratet, hatte zwei Kinder und eine leicht hausbacken wirkende Frau. Es gab etliche Fotos, die ihn als stolz lächelnden Vater im Kreise seiner Familie zeigten.
Craig Peters war mit dreißig Jahren das jüngste Jurymitglied und auf den ersten Blick ein unbeschriebenes Blatt, über ihn hatte sie kaum etwas gefunden. Er war in der letzten Staffel erst kurz vor dem Ende dazu gekommen, als Ersatz für einen Modedesigner, der kurzfristig ausgestiegen war. Scheinbar war er ziemlich reich, es hieß er sei der Alleinerbe einer größeren Hotelkette. Die Peters-Holiday-Ressorts waren Jill nicht unbekannt, und wenn er tatsächlich zu diesem Familienimperium gehörte, war er mehrere Millionen schwer. Es gab ein paar kleinere Berichte über Frauengeschichten sowie einige Fotos, die ihn an der Seite eleganter und prominenter Frauen zeigten. Sonst war nichts weiter zu erfahren, offensichtlich verstand er es gut, sein Privatleben aus der Öffentlichkeit herauszuhalten.
Seit der ersten Staffel dabei war Ewan Miller, zweiunddreißig Jahre alt, Visagist, Stylist, und laut den einschlägigen Internetseiten genauso zickig und hysterisch, wie die Models, die er zu schminken pflegte. Es wurde gemunkelt, er würde sich mehr für Männer als für Frauen interessieren, doch das war in dieser Branche absolut nicht ungewöhnlich.
Dann war da noch Joel Benson, der Starfotograf, gerade mal sechsundzwanzig Jahre alt, aber bereits international bekannt. Es gab kaum einen Promi, der sich nicht von ihm schon hatte ablichten lassen. Seine Bilder waren brillant, er verstand es meisterhaft, selbst die unscheinbarsten Personen in strahlende Persönlichkeiten zu verwandeln. Über sein Privatleben war ebenfalls nicht viel in Erfahrung zu bringen, außer dass er seit einer geraumen Weile mit einer bekannten Schauspielerin liiert war.
Das war also die Stammbesetzung, darüber hinaus gab es noch etliche andere Leute, die im Hintergrund an der Sendung mitwirkten und ständig wechselten.
Den ganzen Nachmittag war Jill damit beschäftigt, sich alle Details einzuprägen. Anschließend nahm sie die Mappe, die Walter ihr gegeben hatte, und sah sie durch.
Lucy Hollister war mit siebzehn Jahren die jüngste Kandidatin der letzten Staffel gewesen. Üblicherweise mussten die Teilnehmerinnen mindestens achtzehn Jahre alt sein, doch in Ausnahmefällen wurde es akzeptiert, wenn die Eltern eine schriftliche Einverständniserklärung abgaben. Die Fotos zeigten ein äußerst hübsches und gutgebautes Mädchen mit braunen Haaren und dunklen Augen, das fröhlich in die Kamera lächelte. Sie hatte es bis ins Finale geschafft, hatte den zweiten Platz belegt, direkt danach war sie auf unerklärliche Weise verschwunden. Da sie nach dem Ende der letzten Sendung nicht mehr aufgetaucht war, vermutete man, dass ihr Verschwinden mit der Show zusammenhing. Beweise dafür gab es keine, und auch sämtliche Befragungen der Beteiligten hatten keinerlei diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben.
Irgendwann gegen Abend legte Jill leise seufzend die Unterlagen beiseite. Sie fragte sich, ob es überhaupt einen Sinn machte, sich hinter den Kulissen der Show umzusehen. Genauso gut hätte man eine Stecknadel in einem Heuhaufen suchen können, das war ebenso aussichtslos.
Nach wie vor war sie nicht begeistert davon, sich in den Trubel dieser Fernsehshow zu begeben, aber jetzt hatte sie diesen Job am Hals und es gab kein Zurück mehr.
Am nächsten Mittag fuhr Jill zum Präsidium und holte ihren Presseausweis ab. Sie musste sich von den Kollegen noch ein paar gutgemeinte Ratschläge anhören, dann machte sie sich auf den Weg zur Stadthalle von Lakeside.
Schon von weitem war eine unüberschaubare Menschenmenge zu erkennen, bestehend aus lauter jungen Frauen aller Altersklassen, von Teenagern bis hin zu reifen Endzwanzigern war alles vertreten. Alle schnatterten und wuselten mehr oder weniger aufgeregt durcheinander, und am liebsten hätte Jill auf dem Absatz kehrtgemacht.
Resigniert bahnte sie sich einen Weg durch das Gewühl, bis sie endlich vor dem Eingang stand. Nachdem sie ihren Presseausweis vorgezeigt hatte
Weitere Kostenlose Bücher