Lügen haben sexy Beine
musste sie eben ein bisschen flunkern. Wenn du gewusst hättest, was sie im Schilde führt, hättest du niemals mitgezogen. Also sei gnädig.“
Genau das, was Mitchell ihm aufzählte, hatte sie alles getan. Das und noch viel mehr, dachte Tanner. Aber darüber schwieg er sich aus. Einige Dinge würde er selbst seinem besten Freund nicht anvertrauen. Zum Beispiel, was er für Ivy empfunden hatte. Oder dass er jede Nacht von ihr träumte und sein Körper förmlich nach ihr schrie. Oder dass er, seit sie gegangen war, das Gefühl hatte, jemand hätte ihm das Herz aus dem Leib gerissen.
„Und, willst du mich immer noch feuern?“
„Nein“, antwortete Tanner müde, lehnte sich auf dem Stuhl zurück und streckte die Beine aus. „Aber solltest du in nächster Zeit hier vorbeischauen, werde ich dir gehörig in den Hintern treten.“
„Verstehe. Und danke für die Warnung.“
Nachdem er aufgelegt hatte, erkannte Tanner, wie wertvoll seine Freundschaft mit Mitchell war. Und obwohl sein Freund diesen verrückten Plan ausgeheckt hatte, würde Tanner diese enge Verbindung niemals aufs Spiel setzen.
Blieb nur noch die Frage, warum er Ivy nicht verzeihen konnte.
Weil sie ihn tief verletzt hatte. Und das war etwas, was zuvor niemand geschafft hatte.
Sie hatte ihm gesagt, sie liebe ihn.
Und diese Lüge konnte er ihr nicht verzeihen.
11. KAPITEL
Ivy vermisste Tanner.
Drei Tage war es her, dass sie, seine zornigen Worte im Ohr, sein Haus verlassen hatte. Seufzend fuhr sie mit der Hand über die weiche orangefarbene Wand der Hüpfburg. Hier hatte Tanner sie zum ersten Mal berührt. Hier hatte sie sich zum ersten Mal in seinen Armen der Lust hingegeben. Und instinktiv gewusst, dass es bloß der Anfang war. Wie sollte sie ihn nur vergessen, wenn sie von all diesen Erinnerungen umgeben war?
Auf der Farm herrschte geschäftiges Treiben. Einige Familien kümmerten sich um ihren Baum, während andere eine Lunchpause einlegten oder Souvenirs kauften. Ivys Team traf die letzten Vorkehrungen für die Hochzeitsfeier, die am nächsten Morgen stattfinden sollte. Es gab eine Menge zu tun. Doch anstatt mit anzupacken, hing Ivy ihren Gedanken nach.
Von Anfang an hatte sie gewusst, dass es mit Tanner nicht einfach werden würde. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, sich derart leer zu fühlen. In den letzten Tagen war sie wie eine Schlafwandlerin umhergelaufen. Hatte ihren Job erledigt und so getan, als wäre alles in bester Ordnung.
Doch das war es nicht. Und würde es auch nie wieder sein.
Gott, dachte sie und lehnte sich an die Wand des Gummipalastes. Nach Davids Tod hatte sie sich verkrochen und geweint. Damals hatte sie gedacht, ihr Leben wäre zu Ende, was es auch eine Zeit lang gewesen war. Trotzdem war es ihr gelungen, die Trauer zu überwinden und neuen Lebensmut zu fassen.
Tanner zu verlieren war viel erschütternder, denn sie hatte ihn nicht durch einen Unfall, sondern einfach so verloren. Der Schmerz war so groß, dass sie am liebsten für immer in ein schwarzes Loch gekrochen wäre.
Doch auch dieses Mal würde sie tapfer sein. Denn es stand viel zu viel auf dem Spiel. Sie musste weitermarschieren, weiterarbeiten.
Gott, sie war so eine Idiotin. Warum hatte sie eine Beziehung mit einer Lüge begonnen?
„Ivy?“ Von Weitem hörte sie Carol Sands nach ihr rufen.
„Ja, komme schon!“ Ivy zwang sich, die traurigen Gedanken zu verscheuchen, und machte sich auf den Weg, um die letzten Probleme zu beseitigen. Das Selbstmitleid würde sie sich für später aufsparen.
Als Ivy Carol eingeholt hatte, war sie froh über die Ablenkung.
„Das Brautzimmer ist fertig“, erklärte Carol und lächelte zufrieden. „Die Blumengestecke bringe ich morgen früh.“
„Fein. Die Braut dürfte gegen elf Uhr hier sein.“ Ivy musterte die Besucher, die ihnen entgegenkamen, und grüßte diejenigen, die sie kannte. Hoffentlich merkte niemand, dass ihr Lächeln erzwungen war.
Unterdessen redete Carol weiter: „Dan hat die Tische auf der Wiese aufgebaut, und die dunkelroten Decken von Mrs. Miller liegen im Hinterzimmer des Souvenirshops.“
„Gut. Wir werden so früh wie möglich mit dem Aufbau beginnen, damit alles fertig ist, wenn die Braut kommt.“ Braut. Hochzeit. Für immer. Na ja, dachte Ivy, wenigstens bekommt eine ihr Happy End. Ihr Herz hämmerte, doch sie zwang sich, den Kloß im Hals hinunterzuschlucken und weiterzusprechen. „Wenn du es schaffst, um acht Uhr dreißig hier zu sein, könnten wir schon mit der Tischdeko
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