Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
Vom Netzwerk:
keiner gesehen. Wenn wir das aber jetzt ändern, dann könnte es auffallen.« Und zumindest bis 2007 wurde der Fehler nicht korrigiert!
    Die rasante Talfahrt der britischen Autoproduktion kam durch Manipulation der x-Achse zustande. Nach Walter Krämer: So lügt man mit Statistik. 2
    Doch es gibt auch absichtliche Manipulationen der x-Achse. Eine Grafik der britischen Autoproduktion stellt deren Rückgang in den Jahren 1972 bis 1979 genauso breit dar wie die Weiterentwicklung von 1980 bis 1982 – acht Jahre Rückgang also genauso breit wie drei Jahre Stagnation. Der Rückgang erscheint im Zeitraffer viel dramatischer, als er in Wirklichkeit war. Nach rechts verzeichnet die Grafik den Wiederanstieg der Produktion bis 1988 im gemächlichen Tempo der
Stagnationsjahre. Der mutmaßliche politische Hintergrund dieser Manipulation ist Krämer entgangen: Bis 1979 regierte in Großbritannien die Labour Party, danach waren die Konservativen an der Macht, unter der Ägide von Margaret Thatcher. Diese hatten ein großes Interesse daran, die Politik ihrer sozialdemokratischen Vorgänger als wirtschaftlich katastrophal darzustellen.
    Arme Ossis! Ein Vergleich der durchschnittlichen ostdeutschen mit der durchschnittlichen westdeutschen Wohnungsgröfse, gezeigt von der Bundesregierung 1983. 3 Vorsicht, manipuliert!
    Mit dieser Grafik wollte die Bundesregierung 1983 den Wohlstand der westdeutschen gegen die Armut der ostdeutschen Bevölkerung ausspielen. Die westdeutschen Wohnungen waren damals im Durchschnitt etwa 1,4 Mal so groß wie die ostdeutschen. In der Zeichnung vergrößerte man die Fläche der westdeutschen Wohnung aber sowohl in der Länge als auch in
der Breite um den Faktor 1,4. Dadurch wurde die Fläche um den Faktor 1,4 2 = 1,96 vergrößert. Die untere, westdeutsche Wohnung hat also optisch nicht, wie angegeben, 82, sondern 114 Quadratmeter Fläche. Hintergrund dieser plump propagandistischen Übertreibung war die damalige Konkurrenz zwischen den beiden deutschen Staaten BRD und DDR, die bei jeder Gelegenheit versuchten, sich als den besseren deutschen Staat darzustellen. Auf Seite 290 sehen Sie ein ähnliches Beispiel mit einem Kinderwagen.
    Noch gröber wird diese Art der Verzerrung, wenn man räumliche Figuren abbildet. Der amerikanische Statistiker Darrell Huff zeigt in seinem Buch Wie lügt man mit Statistik Beispiele: Ein Durchschnittslohn in den USA ist doppelt so hoch wie der in einem anderen Land, also zeichnet man einen Geldsack, der doppelt so hoch ist wie der andere. Doch damit ist er auch doppelt so breit und doppelt so tief, insgesamt also ungefähr acht Mal so groß wie der andere. Die Stahlproduktion wuchs in einer anderen Abbildung von Huff um das Anderthalbfache, also zeichnete man einen Hochofen, der anderthalb Mal so hoch, damit aber auch anderthalb Mal so breit und tief ist wie der vorige. Als räumliche Figur gesehen ist er mithin mehr als drei Mal so groß wie der andere. 4
    Sie haben bisher gesehen, wie die Macher dieser Grafiken mit geschickt ausgewählten Achsenausschnitten oder räumlichen Verzerrungen arbeiten, um ihre oft einseitige Sicht der Dinge mit scheinbar objektiven Grafiken möglichst augenfällig zu machen.
    Doch damit ist die Trickkiste der Zahlengrafiker noch lange nicht ausgeschöpft. Man findet dort zum Beispiel auch noch Dinge, die den menschenfreundlich erscheinenden Namen Sehhilfe tragen.
    Diese Grafik hat die Deutsche Post (Niederlassung Philatelie) 2004 in einem Werbeprospekt veröffentlicht.
    Diese rasante Kursrakete der Deutschen Post-Philatelie mit der dynamischen, fast schon aggressiven Pfeilspitze sollte Briefmarkensammler motivieren, komplette Briefmarkenjahrgänge der Post zu abonnieren. Die nach oben weisende Pfeilspitze ist eine typische Sehhilfe , die auch dem letzten Zauderer klarmachen soll, welche Wertentwicklung die Briefmarken seines glücklichen Nachbarn unweigerlich erzielen werden. Sie ist vollkommen fiktiv, denn in Wirklichkeit wusste 2004 niemand, wie sich der Wert dieser Briefmarken in den Jahren danach entwickeln würde.
    Die Sehhilfe ist nicht das einzige Fiktive an der Kurve. Die Kurve stützt sich, soweit die Grafik es offenbart, nur auf zwei Werte: einen für 1992 – den Nominalwert aller damals neu erschienenen deutschen Briefmarken – und einen für 2004. Was war in den Jahren dazwischen? Wir wissen es nicht. Die Post hat einfach eine exponentielle Entwicklungskurve durch die beiden feststehenden Punkte gezogen und dann nach rechts
in die

Weitere Kostenlose Bücher