Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)
Durchschnitt (arithmetisches Mittel, siehe S. 163 f.). Hier ist, wie fast immer bei der Verteilung von Vermögen oder Einkommen, das arithmetische Mittel das größere (88 000 Euro pro Person!), der Median der kleine (15 300 Euro pro Person).
Die Wirkung der Mittelwerte kann man gut bei einer fiktiven Konstruktion mit 5 Werten sehen.
Der Median ist die Mitte. Zum Beispiel:
0 5000 15 000 30 000 x
x muss in dieser Sortierung nur größer oder gleich 30 000 sein. Wenn das arithmetische Mittel genau 90 000 Euro beträgt, ist die Gesamtsumme aller Werte 450 000 Euro
(450 000 : 5 = 90 000), also
0 + 5000 + 15 000 + 30 000 + x = 450 000 → x = 400 000 Euro.
Sie sehen hier anschaulich, wie ein großer Wert das arithmetische Mittel nach oben treibt. Dabei sind 400 000 Euro Vermögen für die wirklich Reichen ein paar Erdnüsse (Peanuts).
Ideen zu Aufgabe 10 (Schwarzfahrer)
In der Geschichte, die in ähnlicher Form tatsächlich passiert ist, habe ich ganz rücksichtsvoll auf drei Aspekte hingewiesen:
Die Anzahl der Schwarzfahrer ist nur sehr ungenau abschätzbar. Man kennt höchstens die Anzahl der Erwischten; Hochrechnungen sind unsicher. (Übrigens dürfte die Anzahl der erwischten Schwarzfahrer durch die schärferen Kontrollen zunächst angestiegen sein.)
Wie nachhaltig wird der Erfolg sein (wenn es überhaupt einen gab)? Was passiert, wenn die notorischen Schwarzfahrer mitbekommen, dass die Welle der Kontrollen vorbei ist?
Die Verkehrsbetriebe standen in der Kritik und haben für ihre sechsmonatige Kontrollaktion viel Geld ausgegeben. Sie mussten jetzt etwas Positives vorweisen. Also wird man bei der Auftragsvergabe für die Studie schon klargemacht haben, in welche Richtung zu schauen war (»Wes Brot ich ess, des Lied ich sing … « siehe das Kapitel »Die glatt gebügelte Sonntagsfrage«). Hätte das privat finanzierte Forschungsinstitut es gewagt, das falsche Ergebnis zu bringen, wäre die Studie wahrscheinlich »wegen methodischer Mängel«, die man immer finden kann, nicht veröffentlicht worden.
Das heißt nicht, dass das Ergebnis der Studie falsch ist. Aber bei einer solchen Konstellation können wir der Aussage nicht trauen.
Ideen zu Aufgabe 11 (jugendliche Straftäter)
Als Laien auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendjustiz haben wir Sympathien für die Ansicht des Kriminologen. Auf den ersten Blick erscheint die Argumentation plausibel, aber …
Der beobachtete Trend ist wahrscheinlich für über 14-Jährige festgestellt worden. Eine Übertragung auf unter 14-Jährige (außerhalb des Beobachtungsgebietes) ist zweifelhaft (siehe das Kapitel »Die Magie der Prognose«).
Vermutlich gibt es eine Hintergrundvariable (siehe das Kapitel »Auf der Suche nach dem Warum«): die Schwere der Tat. Jugendliche werden wahrscheinlich nur bei sehr schweren Taten eingesperrt, erwachsene Täter dagegen auch bei weniger schweren Verbrechen. Dass Schwerverbrecher eine höhere Rückfallquote als Kleinkriminelle haben, dürfte auf der Hand liegen.
Formal gibt es noch ein Argument: Wer jünger ist, hat auch mehr Jahre für den Rückfall zur Verfügung. Bei einer Lebenserwartung von durchschnittlich über 70 Jahren dürfte dieser Aspekt im beobachteten Vergleich aber keine bemerkbare Rolle spielen.
Ideen zu Aufgabe 12 (Raucher und Nichtraucher)
Die Überlebenswahrscheinlichkeiten sind in beiden Altersgruppen bei den Nichtrauchern höher. Für die 55- bis 64-Jährigen ergibt sich 67 zu 56 Prozent, für die Älteren 22 zu 19 Prozent. Demnach leben Nichtraucher, wie zu erwarten war, länger.
Fassen wir aber beide Gruppen zusammen, sieht die Sache plötzlich anders aus:
Altersgruppe
55 bis 74 Jahre
Raucher
Nichtraucher
Anzahl
151
250
davon lebten 20 Jahre später noch
71
109
in Prozent
47
44
O Schreck, die Raucher leben länger! Und jetzt ist der Widerspruch des Einleitungssatzes offensichtlich. Das berüchtigte Simpson-Paradox hat zugeschlagen (siehe das Kapitel »Wunder der Statistik«). Dazu hatten wir im Resümee festgestellt: »Der Detailblick gewinnt, oder anders gesagt: Die Wahrheit ist stets konkret.« Sie sind nämlich als Person entweder in der einen oder in der anderen Altersgruppe, und egal, wo Sie sind, als Nichtraucher leben Sie durchschnittlich länger. Der Gesamtüberblick täuscht also.
Das Interessante, aber auch Tückische an diesem Beispiel ist seine Realitätsnähe. Es kommt nicht nur aus einer realen Studie, sondern erscheint auch irgendwie normal! In der jüngeren Gruppe ist der Anteil der Raucher
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