Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)
nachbohren musste.
Wenn Sie nur stromlinienförmig prüfen, bleiben Sie im Fahrwasser der anderen und werden dort kaum Neues entdecken. Weder Wahrheiten noch Fälschungen.
13. Trauen Sie sich, selber nachzurechnen!
Autoritäten werden Ihnen Rückhalt bieten; zum Beispiel Arthur Schopenhauer: »Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand.«
Oder Bertolt Brecht (»Lob des Lernens«):
»Scheue dich nicht zu fragen, Genosse!
Lass dir nichts einreden
Sieh selber nach!
Was du nicht selber weißt
Weißt du nicht.
Prüfe die Rechnung
Du musst sie bezahlen.
Lege den Finger auf jeden Posten
Frage: wie kommt er hierher?
Du musst die Führung übernehmen.«
Mit dieser Haltung können Sie sogar »ewige« Wahrheiten ins Wanken bringen. Schon dass Sie dieses Buch in der Hand haben, ist wahrscheinlich nicht die Frucht eines BWL-Diploms 5 , sondern das Resultat Ihrer Fähigkeit zum Querdenken.
Um Ihre Synapsen im Training zu halten, haben wir für Sie im Kapitel »Übung macht den Meister« einige Aufgaben zusammengestellt. Wenn Sie auch nur in drei der Fälle den Irrtum durchschauen, sind Sie schon viel weiter als die meisten Wichtigtuer.
14. Am Ende den Mut zur Entscheidung haben
Auch die Skepsis kann man übertreiben, denn endgültige Sicherheit gibt es nicht; ein Restrisiko bleibt immer. Entscheiden Sie nach sorgfältiger Prüfung. Aber planen Sie so flexibel, dass Irrtümer korrigierbar und unvorhergesehene Entwicklungen beherrschbar bleiben. Vergessen Sie bei länger wirksamen Entscheidungen nicht die regelmäßige Kontrolle, sonst verschlafen Sie den Umbruch und den Zeitpunkt zur Nachjustierung oder Revision.
15. Die fünf gröfsten Fehler vermeiden
Ich habe keine Zeit.
Das sagen alle, also muss es wohl stimmen.
Ich kann das ohnehin nicht überprüfen.
Da steht 2,6 – also haben die das gemessen.
Wenn das immer so weitergeht, dann haben wir im Jahr 2100 … [90 Prozent Greise, Muslime, Analphabeten, Wüste, was auch immer].
1
Natürlich passen nicht alle Regeln zu jedem Anwendungsfall. Trotzdem sollten Sie alle bei wichtigen Entscheidungen prüfen.
2
Das ist tatsächlich der Fall: Rheinische Post, Online, 29.1.2007 (Klaus Peter Kühn), aber auch Kölner Stadt-Anzeiger , 14.2.2002, über eine gemeinsame Studie bis zum Jahr 2020.
3
Siehe dazu Walther von La Roche: Einführung in den praktischen Journalismus. Berlin, 18. Auflage 2008.
4
Siehe Klaus Arnold: »Der wissenschaftliche Umgang mit Quellen«, in: Geschichte. Ein Grundkurs , hg. v. Hans-Jürgen Goertz, Reinbek, 2. Auflage 2001, S. 42 – 58.
5
Betriebswirtschaftslehre ist ein beliebtes Feindbild für Mathematiker.
Kapitel 16
Übung macht den Meister
Damit Sie das Kennengelernte auch anwenden können, bedarf es einer gewissen Übung. Dazu können Sie regelmäßig die Tageszeitung lesen, Politikern aufs Maul schauen oder sich als Start mit unseren Aufgaben beschäftigen. Anders als bei den bekannten Aufgaben aus Schule und Hochschule gibt es hier meist keine eindeutig richtige Lösung. Es gilt, zusätzliche Blickwinkel einzunehmen und nachzudenken, welcher von diesen welchen Interessen entspricht.
Am Ende des Kapitels machen wir in diesem eingeschränkten Sinn »Lösungsvorschläge« zu jeder Aufgabe. Bitte widerstehen Sie der Versuchung, zu früh nachzusehen; denn dann würde so manch interessanter Gedanke gar nicht erst aufkommen. Wenn Ihnen weitere Aspekte zu den Aufgaben einfallen, teilen Sie uns das bitte auf www.luegen-mit-zahlen.de mit. Wir sind gespannt.
Aufgaben und Lösungsvorschläge
Aufgabe 1: Staatsverschuldung
Kommentieren Sie die folgende Grafik zur Staatsverschuldung in Deutschland.
Datenquelle: Deutsche Bundesbank, jeweils 4. Quartal des Jahres
Immer erschreckend: die Entwicklung der Staatsverschuldung. Dabei werden aber ganz wichtige und eigentlich klare Aspekte ausgeblendet.
Tipp: Denken Sie bitte auch an den oft übersehenen Yin-Aspekt.
Aufgabe 2: Medaillenspiegel
Im Sommer 2010 erfreuten uns viele Leichtathleten bei der Europameisterschaft mit ihrer lockeren Art und den guten Leistungen. Wie üblich erschien der Medaillenspiegel, hier in verkürzter Version:
Medaillenspiegel zur Leichtathletik-Europameisterschaft 2010
Scheinbar objektiv liegt die Reihenfolge der Staaten fest. Klar, Russland hat am meisten geholt, und die Deutschen sind deutlich schwächer als die Briten, aber auch viel besser als die Türken, Spanier und die restlichen Länder.
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