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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
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belogen?
    »Und wer ist dann das kleine Mädchen auf dem Foto?«, frage ich beinahe tonlos. »Hattest du das Bild aus der Werbebroschüre eines Ponyhofs?«
    »Das ist mein Patenkind Lucia. Sie ist die Tochter von
Dominic, den du in der Daniela Bar kennengelernt hast, und Carla.«
    »Dann war sie also die Frau neulich im Eisherz?«, platzt es aus mir heraus.
    Oliver bleibt stehen und dreht sich zu mir um.
    »Eisherz? Welches Eisherz?«
    »Na das Café in Ottensen, wo du letzte Woche mit Lucia, einer Frau und einem Baby warst. Du hast zwei Kugeln Pistazieneis bestellt.«
    »Lässt du mich beschatten?«
    Ich werde feuerrot.
    »Nein, nein, natürlich nicht. Ich war zufällig zur selben Zeit da und und …«
    »Trugst diesen Tarnumhang, der einen unsichtbar macht?«, versucht Oliver mir auf die Sprünge zu helfen.
    »Äh, nein. Das überlasse ich lieber Harry Potter! Ich habe mich stattdessen hinter dem Hamburger Abendblatt versteckt. Du bist auf dem Weg zur Toilette direkt an mir vorbeigegangen.«
    »Was für ein Unsinn! Wieso hast du nicht einfach Hallo gesagt?«
    »Weil … weil ich mich natürlich gefragt habe, wo auf einmal dieses Baby herkommt. Und wer seine Mutter ist.«
    Jetzt scheint Oliver ein Licht aufzugehen. Er lächelt. »Dachtest du etwa, dass meine Frau aus ihrem klösterlichen Exil zurückgekehrt ist?«
    »Ja, so in etwa«, murmle ich. »Allerdings war mir nicht ganz klar, wie man dort schwanger werden kann. Also habe ich gedacht, dass du mich angelogen hast und
in Wahrheit ein verheirateter Mann und Vater von zwei Töchtern bist. Dass du noch nicht mal eine Tochter hast, konnte ich nicht ahnen.«
    »So wie ich nicht wissen konnte, dass du einen Sohn hast.«
    »Bist du schockiert?«
    »Ja, so schockiert, dass ich mich gerne setzen würde. Ich bin einfach zu alt, um so gewichtige Themen im Stehen zu besprechen. Was hältst du von diesem Baumstamm hier?«
    Mir ist alles recht, Hauptsache, wir reden endlich offen über alles.
    »Magst du denn keine Kinder?«, frage ich ängstlich. Irgendwie ist es schwer, an seiner Reaktion abzulesen, ob er das alles leicht nimmt oder ironisch meint.
    »Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ich liebe Lucia, finde es aber anstrengend, länger als einen Tag mit ihr zusammen zu sein. Und ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich bislang kaum Erfahrung im Umgang mit Kindern habe oder es einfach grundsätzlich nicht mein Ding ist. Mich würde momentan viel eher interessieren, weshalb du mir deinen Sohn vorenthalten hast.«
    »Die meisten Männer stehen nicht auf alleinerziehende Mütter«, sage ich leise. »Sie wissen, dass sie Liebe und knappe Freizeit mit dem jeweiligen Kind teilen müssen. Und auch, dass diese Kinder häufig den neuen Partner aus Eifersucht ablehnen, es an Geld fehlt und …«
    »Aber wie hattest du dir das auf lange Sicht vorgestellt? Du konntest doch unmöglich glauben, dass du mir Sammy ewig verheimlichen kannst.«

    »Dieselbe Frage kann ich auch dir stellen. Wieso hast du denn Lucia erfunden und sagst mir erst jetzt die Wahrheit? Und erzähl mir nicht, Frauen hätten ein Problem mit kinderlosen Männern!«
    Auf einmal wirkt auch Oliver verlegen. Er malt mit seiner Schuhspitze Kreise in den weichen Waldboden.
    »Leider ist meine Begründung tausendmal profaner. Ich wünschte, ich könnte etwas anderes sagen, aber der Grund für meine Lüge war schlicht und einfach, dass ich für einen Beziehungsratgeber recherchiert habe. An diesem Abend habe ich drei verschiedene Versionen meiner persönlichen Lebensgeschichte erzählt und ihre Wirkung getestet. Und bei dir hatte ich irgendwie das Gefühl, dass es dir gefallen könnte, wenn ich sage, dass ich Vater bin.«
    Ich war also nur ein Versuchskaninchen?
    »Und was machen wir jetzt?«, frage ich, einigermaßen ratlos. Ich bin so durcheinander, dass ich gar nicht weiß, ob ich mich freuen, traurig oder wütend sein soll.
    Oliver scheint da wesentlich cooler zu sein. Ein Mann eben.
    »Wir sollten erst einmal klären, was wir füreinander empfinden und ob es sonst noch etwas gibt, das der andere wissen sollte. Ich fange an: Ich heiße Oliver Kramer, bin fünfundvierzig Jahre alt, ledig, kinderlos, Bestsellerautor ohne aktuelles Projekt und wohnhaft in einem Loft an der Alster.«
    »Ich weiß, ich war vorgestern dort, von wegen Seitenstraße …«
    »Du spionierst mir ja doch nach!«

    »Ich konnte nicht anders, ich musste einfach herausfinden, wie es um deine familiäre Situation bestellt

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