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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Mal.
    LULU
    Du bist schrecklich.
    SCHWARZ (sinkt vor der Chaiselongue in die Knie, liebkost ihre Hand)
    Du trägst die Schuld.
    LULU (ihm die Locken streichelnd)
    Du vergeudest mich.
    SCHWARZ
    Du bist ja mein. Du bist auch nie bestrickender, als wenn du nur um Gottes willen einmal ein paar Stunden recht hässlich sein solltest! Ich habe nichts mehr, seit ich dich habe. – Ich bin mir vollständig abhanden gekommen …
    LULU
    Nicht so aufgeregt.
    (Es läutet auf dem Korridor.)
    SCHWARZ (zusammenfahrend)
    Verwünscht.
    LULU
    Niemand zu Hause!
    SCHWARZ
    Vielleicht ist es der Kunsthändler …
    LULU
    Und wenn es der Kaiser von China ist.
    SCHWARZ
    Einen Moment. (Ab.)
    LULU (visionär)
     – Du? – du? – (Schließt die Augen.)
    SCHWARZ (zurückkommend)
    Ein Bettler, der den Feldzug mitgemacht haben will. Ich habe kein Kleingeld bei mir. (Pinsel und Palette aufnehmend.) Es ist auch die höchste Zeit, dass ich endlich an die Arbeit gehe. (Nach links ab.)
    LULU
    (ordnet vor dem Spiegel ihre Toilette, streicht sich das Haar zurück und geht hinaus).
    Zweiter Auftritt
    LULU . SCHIGOLCH .
    SCHIGOLCH (von Lulu hereingeführt)
    Ich hatte ihn mir etwas chevaleresker gedacht; ein wenig mehr Nimbus. Er ist etwas verlegen. Er brach ein wenig in die Knie, als er mich vor sich sah.
    LULU (rückt ihm einen Sessel zurecht)
    Wie kannst du ihn auch anbetteln?
    SCHIGOLCH
    Deswegen habe ich meine siebenundsiebzig Lenze nämlich hergeschleppt. Du sagtest mir, er halte sich morgens an seine Malerei.
    LULU
    Er hatte noch nicht ausgeschlafen. Wie viel brauchst du?
    SCHIGOLCH
    Zweihundert, wenn du so viel flüssig hast; meinetwegen dreihundert. Es sind mir einige Klienten verduftet.
    LULU (geht an den Schreibtisch und kramt in den Schubladen)
    Bin ich müde!
    SCHIGOLCH (sich umsehend)
    Das hat mich nämlich auch bewogen. Ich hätte lange gerne gesehen, wie es jetzt so bei dir zu Hause aussieht.
    LULU
    Nun?
    SCHIGOLCH
    Es überläuft einen. (Emporblickend.) Wie bei mir vor fünfzig Jahren. Statt der Bummelagen hatte man damals noch alte verrostete Säbel. Den Teufel noch mal, du hast es weit gebracht. (Scharrend.) Die Teppiche …
    LULU (gibt ihm zwei Billetts)
    Ich gehe am liebsten barfuß darauf.
    SCHIGOLCH (Lulus Porträt betrachtend)
    Das bist du?
    LULU (zwinkernd)
    Fein?
    SCHIGOLCH
    Wenn das alles Gutes ist.
    LULU
    Einen Süßen?
    SCHIGOLCH
    Was denn?
    LULU (erhebt sich)
    Elixir de Spaa.
    SCHIGOLCH
    Hilft nichts! – Trinkt er?
    LULU (nimmt aus einem Schränkchen neben dem Kamin Karaffe und Gläser)
    Noch nicht. (Nach vorn kommend.) Das Labsal wirkt so verschieden!
    SCHIGOLCH
    Er schlägt aus?
    LULU (zwei Gläser füllend)
    Er schläft ein.
    SCHIGOLCH
    Wenn er betrunken ist, kannst du ihm in die Eingeweide sehen.
    LULU
    Lieber nicht. (Setzt sich Schigolch gegenüber.) Erzähl’ mir.
    SCHIGOLCH
    Die Straßen werden immer länger, und die Beine immer kürzer.
    LULU
    Und deine Harmonika?
    SCHIGOLCH
    Hat falsche Luft, wie ich mit meinem Asthma. Ich denke nur immer, das Ausbessern ist nicht mehr der Mühe wert. (Stößt mit ihr an.)
    LULU (leert ihr Glas)
    Ich glaubte schon, du wärest am Ende …
    SCHIGOLCH
    . … am Ende schon auf und davon? – Das glaubte ich auch schon. Aber wenn so erst die Sonne hinunter ist, dann lässt es einen doch noch nicht ruhen. Ich hoffe auf den Winter. Da wird (hustend) mein – mein – mein Asthma wohl eine Fahrgelegenheit ausfindig zu machen wissen.
    LULU (die Gläser füllend)
    Du meinst, man könnte dich drüben vergessen haben?
    SCHIGOLCH
    Wär’ schon möglich, weil es ja nicht der Reihe nach geht. (Ihr das Knie streichelnd.) Nun erzähl’ du mal – lange nicht gesehen – meine kleine Lulu.
    LULU (zurückrückend, lächelnd)
    Das Leben ist doch unfasslich!
    SCHIGOLCH
    Was weißt du! Du bist noch so jung.
    LULU
    Dass du mich Lulu nennst.
    SCHIGOLCH
    Lulu, nicht? Habe ich dich jemals anders genannt?
    LULU
    Ich heiße seit Menschengedenken nicht mehr Lulu.
    SCHIGOLCH
    Eine andere Benennungsweise?
    LULU
    Lulu klingt mir ganz vorsintflutlich.
    SCHIGOLCH
    Kinder! Kinder!
    LULU
    Ich heiße jetzt …
    SCHIGOLCH
    Als bliebe das Prinzip nicht immer das Gleiche!
    LULU
    Du meinst?
    SCHIGOLCH
    Wie heißt es jetzt?
    LULU
    Eva.
    SCHIGOLCH
    Gehupft wie gesprungen!
    LULU
    Ich höre darauf.
    SCHIGOLCH (sieht sich um)
    So habe ich es für dich geträumt. Du bist darauf angelegt. Was soll denn das?
    LULU (sich mit einem Parfümflakon besprengend)
    Heliotrop.
    SCHIGOLCH
    Riecht das besser als du?
    LULU

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