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Lulu

Lulu

Titel: Lulu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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führen einige Stufen hinan. An der Hinterwand über dem Kamin in prachtvollem Brokatrahmen Lulus Bild als Pierrot. Links ein hoher Spiegel. Davor eine Chaiselongue. Rechts ein Schreibtisch in Ebenholz. In der Mitte einige Sessel um ein chinesisches Tischchen.
    Erster Auftritt
    LULU . SCHWARZ . Dann HENRIETTE .
    LULU
    (in grünseidenem Morgenkleid steht regungslos vor dem Spiegel, runzelt die Stirn, fährt mit der Hand darüber, befühlt ihre Wangen, trennt sich vom Spiegel mit einem missmutigen, halb zornigen Blick, geht nach rechts, sich mehrmals umwendend, öffnet auf dem Schreibtisch eine Schatulle, zündet sich eine Zigarette an, sucht unter den Büchern, die auf dem Tisch liegen, nimmt eines zur Hand, legt sich auf die Chaiselongue, dem Spiegel gegenüber, lässt, nachdem sie einen Moment gelesen, das Buch sinken, nickt sich ernsthaft zu, nimmt die Lektüre wieder auf).
    SCHWARZ (Pinsel und Palette in der Hand, tritt von rechts ein, beugt sich über Lulu, küsst sie auf die Stirn, geht nach links die Stufen hinan, wendet sich in der Portiere um)
    Eva!
    LULU (lächelnd)
    Befehlen?
    SCHWARZ
    Ich finde, du siehst heute außerordentlich reizend aus.
    LULU (mit einem Blick in den Spiegel)
    Es kommt auf die Ansprüche an.
    SCHWARZ
    Dein Haar atmet eine Morgenfrische …
    LULU
    Ich komme aus dem Wasser.
    SCHWARZ (sich ihr nähernd)
    Ich habe heute furchtbar zu tun.
    LULU
    Das redest du dir ein.
    SCHWARZ (legt Pinsel und Palette auf den Teppich und setzt sich auf den Rand der Chaiselongue)
    Was liest du denn da?
    LULU (liest)
    Plötzlich hörte sie einen Rettungsanker die Treppe heraufwinken.
    SCHWARZ
    Wer in aller Welt schreibt denn so ergreifend?
    LULU (liest)
    Es war der Geldbriefträger.
    HENRIETTE (durch die Entree, eine Hutschachtel am Arm, setzt eine Tablette mit Briefen auf den Tisch)
    Die Post. – Ich gehe der Putzmacherin den Hut bringen. Haben gnädige Frau noch etwas zu befehlen?
    LULU
    Nichts.
    SCHWARZ
    (winkt ihr, sich zu entfernen).
    HENRIETTE
    (verschmitzt lächelnd ab).
    SCHWARZ
    Was hast du vergangene Nacht denn alles geträumt?
    LULU
    Das hast du mich heute doch schon zweimal gefragt.
    SCHWARZ (erhebt sich, nimmt die Briefe von der Tablette)
    Ich zittere vor Neuigkeiten. Ich fürchte jeden Tag, die Welt könnte untergehen. (Zur Chaiselongue zurückgekehrt, Lulu einen Brief gebend.) An dich.
    LULU (führt das Billett zur Nase)
    Die Corticelli. (Birgt es in ihrem Busen.)
    SCHWARZ (einen Brief durchfliegend)
    Meine Samaquecatänzerin verkauft – für 50   000  Mark!
    LULU
    Wer schreibt denn das?
    SCHWARZ
    Sedelmeier in Paris. Das ist das dritte Bild seit unserer Verheiratung. Ich weiß mich vor meinem Glück kaum zu retten.
    LULU (auf die Briefe deutend)
    Da kommt noch mehr.
    SCHWARZ (eine Verlobungsanzeige öffnend)
    Sieh da! (Gibt sie Lulu.)
    LULU (liest)
    Herr Regierungsrat Heinrich Ritter von Zarnikow beehrt sich, Ihnen von der Verlobung seiner Tochter Charlotte Marie Adelaide mit Herrn Dr. Ludwig Schön ergebenste Mitteilung zu machen.
    SCHWARZ (einen anderen Brief öffnend)
    Endlich! Es ist ja eine Ewigkeit, dass er darauf lossteuert, sich vor der Welt zu verloben. Ich begreife nicht, ein Gewaltmensch von seinem Einfluss. Was steht denn seiner Heirat eigentlich im Wege!!
    LULU
    Was ist das, was du da liest?
    SCHWARZ
    Eine Einladung, mich an der internationalen Ausstellung in Petersburg zu beteiligen. – Ich weiß gar nicht, was ich malen soll.
    LULU
    Irgendein entzückendes Mädchen natürlich.
    SCHWARZ
    Wenn du mir dazu Modell stehen willst?
    LULU
    Es gibt doch, weiß Gott, auch andere hübsche Mädchen genug.
    SCHWARZ
    Ich gelange aber einem andern Modell gegenüber, und wenn es pikant wie die Hölle ist, nicht zu dieser vollen Ausbeutung meines Könnens.
    LULU
    Dann muss ich ja wohl. – Ginge es denn nicht vielleicht auch liegend?
    SCHWARZ
    Am liebsten möchte ich das Arrangement wirklich deinem Geschmack überlassen. (Die Briefe zusammenfaltend.) Dass wir nicht vergessen, Schön jedenfalls heute noch zu gratulieren. (Geht nach rechts und schließt die Briefe in den Schreibtisch.)
    LULU
    Das haben wir doch längst getan.
    SCHWARZ
    Seiner Braut wegen.
    LULU
    Du kannst es ihm ja noch einmal schreiben.
    SCHWARZ
    Und jetzt zur Arbeit. (Nimmt Pinsel und Palette auf, küsst Lulu, geht links die Stufen hinan, wendet sich in der Portiere um.) Eva!
    LULU (lässt ihr Buch sinken, lächelnd)
    Befehlen?
    SCHWARZ (sich ihr nähernd)
    Mir ist täglich, als sähe ich dich zum allerersten

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