Lupus - Ankunft der Woelfe
Krankenhaus.«
»Was ist passiert?«
»Ein Auffahrunfall.«
»Wo bist du?«
»In der Charité«
»Ich komme vorbei.«
55
Charité, 16:30 Uhr
R ushhour. Die Straßen wurden langsam voll. Er schaltete das Autoradio ein.
»Und hier die Verkehrsmeldungen für Berlin: Matschwetter und Feierabendverkehr führen bereits überall zu Stop-and-go. Wenn möglich, fahren Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln, oder bleiben Sie zu Hause! Mit Blitzeis ist zu rechnen.«
Müde blickte er in den Rückspiegel, fasste sich ans Kinn und strich sich über die Bartstoppeln. Hatte er am Morgen vergessen, sich zu rasieren?
Im Radio sang ein Kinderchor »Rudolph the Red-Nosed Reindeer …«. Er schaltete es aus und fuhr auf den Parkplatz zum Bettenhaus. Hastig zog er den Schlüssel ab, zerrte seinen Mantel vom Beifahrersitz und sprang aus dem Auto. Während er die Stufen zum Besuchereingang hinaufstürmte, zog er den Mantel über. Sein Waffenholster sollte hier niemanden erschrecken.
Kyras Zimmer lag im zweiten Stock, wie ihm die Empfangsdame nach einem Blick in den Computer mitteilte. Er schaute zu den Wartenden vor dem Fahrstuhl und nahm den Treppenaufgang. Kurze Zeit später stand er tief einatmend vor dem Krankenzimmer und klopfte sanft an.
Ihr »Ja« war kaum zu hören.
Er öffnete die Tür und lugte ins Zimmer. Sie lag direkt am Eingang. Das Bett am Fenster war leer.
Ihr linker Arm und das linke Bein waren eingegipst. Das gebrochene Bein lag erhöht auf einem Kissen. Am Auge prangte eine frisch geklammerte Platzwunde. Die Lippen waren geschwollen. Sie hob die Lider und lächelte matt.
Er trat näher ans Bett heran. Die Desinfektionsmittel brannten in seiner Nase und schlugen ihm auf den Magen. Ihm wurde bewusst, dass er den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Seit er Eva suchte.
»Wie geht es dir?«, fragte er mit flüsternder Stimme.
»Mir ist schlecht von der Narkose.« Kyra drückte auf den Knopf der Fernsteuerung. Das Kopfteil vom Bett stellte sich mit summendem Geräusch auf.
»Sie haben dich schon operiert?«
»Ja, gleich heute Morgen. Platten und Schrauben im Arm und im Bein.« Sie seufzte.
»Hast du Schmerzen?«
»Geht so. Ich hänge ja noch am Schmerzmittel-Tropf.«
»Brauchst du was aus der Wohnung?«
»Ein paar Sachen wären toll. Zahnbürste, Kamm, ein Nachthemd.«
»Ich schau, was ich finde. Du kannst dich auf mich verlassen. Und deine Katze versorge ich auch, mach dir keine Sorgen. Ich bin gleich wieder da.«
Kyra legte die unversehrte Hand auf seinen Arm. »Danke. Wie läuft es bei euch?«
»Alles in Ordnung.«
»Schon eine Spur von der Bestie?«
Er schüttelte den Kopf.
Eine halbe Stunde später parkte er vor Kyras Haus. Graupel und Nieselregen bildeten eine Matschschicht auf der Straße. Er fasste in die Innentasche seines Mantels, der auf dem Beifahrersitz lag, und suchte den Haustürschlüssel seiner Kollegin. Zum Glück hatte er ihn noch nicht ausgepackt. Seinen Mantel ließ er ausnahmsweise im Auto, doch das Handy steckte er ein. Mit großen Schritten stapfte er durch den nassen Matsch zum Haus, schüttelte sich und schloss die Tür auf. Während er durchs Treppenhaus nach oben spurtete, wählte er das Büro an. Frantz meldete sich sofort. »Zehntes Kommissariat, Frantz …«
»Gibt es was Neues? Ist sie wieder aufgetaucht?«
»Nein. Wo bist du?«
»In Kyras Wohnung. Sie hatte einen schweren Autounfall. Sie liegt im Bettenhaus der Charité. Ich bringe ihr ein paar Klamotten.«
»Verdammt. Wie geht es ihr?«
»Sie hat sich einen Arm und ein Bein gebrochen.«
»Danke, dass du angerufen hast.«
»Ich melde mich später noch einmal.«
»Okay.«
Er drückte die Verbindung weg und schloss die Tür auf. Es roch nach Katzenurin und Streu, aber das Tier war nirgends zu sehen. Sämtliche Türen standen offen. In der Küche fand er Trockenfutter und schüttete es in einen Teller. Dann öffnete er den Kühlschrank und entnahm eine offene Dose Frischfutter. Er roch daran. Gulascharoma. Rind. Aus der Schublade zog er einen Löffel und schaufelte etwas von dem Fleisch auf einen zweiten Teller. Die Dose stellte er zurück in den Kühlschrank. Den Löffel hielt er kurz unter fließendes Wasser.
»Miez, miez«, rief er und sah sich um, doch das kleine Biest ließ sich nicht blicken. Er kannte Kyras Katze. Sie konnte ihn nicht leiden. Vermutlich roch sie Bella und hasste Hunde.
Dann eben nicht!
Er zuckte mit den Schultern und ging ins Badezimmer. Dort nahm er ein frisches Handtuch, legte
Weitere Kostenlose Bücher