Lupus - Ankunft der Woelfe
gestellt.
Noch im Rover zog Cube den Mantel über, um seine Waffe im Holster zu verbergen. Er sprang aus dem Auto und half, den liegen gebliebenen Renault mit der abgefahrenen Sommerbereifung wieder in Fahrtrichtung zu schieben. Eine junge Frau saß hinter dem Steuer. Rote Haare. Blasse Haut. Roter Strickpullover. Cube musste an Eva denken. Die Frau drehte die Scheibe herunter. »Mercy beaucoup«, rief sie ihm zu und lächelte.
Mit einem angedeuteten Winken verabschiedete er sich, hastete zu seinem Auto zurück, sprang hinein und wartete darauf, dass sich der Stau endlich wieder auflösen würde. Lichter spiegelten sich auf der nassen Scheibe. Seine Finger trommelten ein Stakkato aufs Lenkrad. Die Minuten zerrannen.
Endlich war die Straße frei. Mit einem knappen Blick auf die Uhr bog er in eine Seitenstraße ab, fand eine Parklücke und bremste. 18:05 Uhr. Das musste reichen.
Er nahm die Hände vom Lenkrad und wartete, dass die Automatik den Geländewagen in die winzige Lücke rangierte. Dann sprang er heraus, ließ die Tür zuknallen und hastete los. Mehrere Fußabdrücke verschmolzen im Matsch. Sie führten zu Beckers Villa. Hatte der Professor Besuch? Cube betrachtete nachdenklich die Spuren und drückte den messingfarbenen Klingelknopf. Im selben Moment drang ein irritierender Geruch in seine Nase. Eine bekannte Mischung aus feuchten Haaren, nassem Hund und herbem Wildtier. Adrenalingetränkt. Wütend? Ein Geruch, den er schwach an den Tatorten und am Morgen an der Mauer wahrgenommen hatte. Hier war er jedoch überdeutlich.
Cube hielt den Klingelknopf gedrückt. Der Dauerton hallte wie eine Sirene durchs Haus und an sein Ohr, doch niemand öffnete.
»Becker, machen Sie auf!«, rief er und hämmerte gegen das schwere Holz. Kurz entschlossen zog er eine Plastikkarte hervor, nestelte sie am Türzapfen vorbei. Die Tür sprang mit leisem Klack auf. Vor ihm im Hausflur lag ein Mann mit dem Gesicht zum Boden. Am Hals klaffte eine blutende Wunde, bildete eine Lache. Cube erkannte den Mann, der eben noch vor ihm mit der Aktentasche über dem Kopf aus dem Taxi gesprungen war.
Reflexartig bückte er sich und tastete zur Halsschlagader. Seine Fingerspitzen fanden keinen Puls.
Er richtete sich auf. Sein Blick fiel auf eine klappernde Tür, hinter der Licht brannte. Er zog die Waffe, entsicherte sie und schlich näher. Mit dem Fuß trat er die Tür auf und zielte in den Raum. Die Terrassentür des geräumigen Wohnraums stand offen, die Gardine wehte herein. Pfützen führten über das Parkett. Blitzschnell hastete er der Spur hinterher, lief durch den Garten, dann ums Haus und fand eine frisch verlassene Parklücke.
Zu spät!
Während er zur Wohnung zurücklief, zog er sein Handy hervor, rief die Kollegen und die Rettungsleitstelle an.
Im Flur stockte er. Becker lag jetzt zusammengekrümmt und in anderer Position auf dem Boden. Hatte er sich eben geirrt? Lebte Becker doch noch?
Jemand hatte die Krawatte an seinem Hals zugezogen, um die blutende Wunde zu stillen. Es sah beinahe so aus, als hätte sich Becker selbst stranguliert. Cube drehte ihn um, so dass er sein Gesicht erkennen konnte, und keuchte nach Luft. Wie konnte das sein? Das war Becker?
Im selben Moment läutete es an der Haustür. Zwei Sanitäter stürzten durch die geöffnete Tür an ihm vorbei und begannen mit der Reanimation.
Er stürmte nach draußen und rang nach Atem. Wie im Nebel nahm er wahr, dass einer der Männer laut bis drei zählte. Das Summen des Defibrillators und der Entladungsknall weckten alte Erinnerungen an ein anderes Herz, das nicht mehr schlagen wollte. Damals in der Mesa Verde. Buenvenida!
Auf seine Ohren legte sich das typische Rauschen der drohenden Ohnmacht. Mit aller Kraft zwang er sich, tief durchzuatmen, und krallte sich ans Geländer.
*
Fünfzehn Minuten später stand er noch immer vor dem Haus. Nur mühsam hatte er seine Fassung zurückgewonnen und spürte die wohltuende Kälte auf Gesicht und Händen, während er dem davonrasenden Rettungswagen nachschaute.
Endlich fuhren Schiller, Baum und Frantz mit Blaulicht vor, rissen die Türen auf und sprangen gleichzeitig aus dem Fahrzeug.
»Was ist passiert?« Schillers Gesichtsausdruck schwankte zwischen Überraschung und Ärger, während er die Treppe zur Villa hinauflief.
Cube ließ sich seine aufgewühlten Gefühle nicht anmerken. »Becker lebt. Die Sanitäter haben ihn reanimiert und mitgenommen. Die Spurensicherung wird bestimmt genügend Material finden. Der
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