Lupus - Ankunft der Woelfe
während er den Weg zum Seeufer nahm. Der Geruch von Palmers Aftershave lag in der Luft. Ein Duft, der an süße Holzspäne erinnerte.
Die Spuren endeten an einem Sommerhaus aus rotem Backstein. Ein zwei Meter hoher Zaun umsäumte das Grundstück. Cube rüttelte am Knauf, doch das Tor ließ sich nicht von außen öffnen. Geduckt hastete er am Zaun entlang, der direkt am See vor schneebepuderten Koniferen und Tannen endete. Dahinter gluckerte das Wasser an einem Bootsanleger. Zwischen Zaun und Tannen fand Cube eine winzige Lücke, durch die er sich auf das Grundstück zwängte.
Schon vom Ufer aus hörte er die leise, fast singende Stimme des Professors. Außerdem vernahm er den jugendlichen Bass eines Mannes, den er nicht kannte. Lautlos schlich Cube näher und spähte zum Bootshaus. Innen brannte Licht. Um einen Holztisch herum standen mehrere Stühle. Das Fenster war gekippt.
Palmer hielt einen Metallkoffer in der Hand. Ein Mann stand mit dem Rücken zum Fenster.
Cube versteckte sich hinter einem Holzstapel.
»Ist Ihnen jemand gefolgt?«, erklang die Stimme des Fremden.
»Nein, ich habe getan, was Sie wollten. So glauben Sie mir doch!« Die Stimme des Professors klang weinerlich bettelnd.
»Wenn Sie mich anlügen, ist Ihre Tochter tot.«
Der Mann hielt eine Waffe auf den Mediziner gerichtet.
Cube fragte sich, wo Eva steckte. Wie viele Räume hatte das Sommerhaus? Sehr groß wirkte es nicht.
Der Unbekannte drehte sich plötzlich um, trat ans Fenster und schloss es. Cube duckte sich schnell, doch er hatte genug gesehen. Eine Mischung aus Wut und Ärger auf sich selbst stieg in ihm hoch. Er kannte den Mann von den Fotos seiner Vermisstenliste. Es handelte sich um den vermissten Brian Eden, den er nicht erreicht hatte. Der andere Medizinstudent auf Evas Liste. Verdammt, das hätte ihm nicht entgehen dürfen. Er biss die Lippen aufeinander, zog die Waffe aus dem Holster und schlich zum Vordereingang. Vorsichtig senkte er die Klinke und stellte erleichtert fest, dass sich die Eingangstür öffnen ließ.
Mit angehaltenem Atem betrat er den unbeleuchteten winzigen Flur. Ein unangenehmer Geruch schwebte ihm entgegen. Er konnte den Täter riechen. Aber was war das nur? Es erinnerte ihn an die Stellen im Wald, an denen sich Eber gescheuert hatten. Ein herber, wilder Gestank nach Tier. Doch nach welchem?
Langsam zog er die Haustür hinter sich zu. Jetzt nur keine Geräusche!
Geradeaus lag der Wohnraum. Das hatte er von draußen erkannt. Linker Hand befand sich eine schmale Tür. Dorthin schlich er, senkte die Klinke und trat in den Raum. Auch ohne das Licht einzuschalten und genauer hinzusehen, wusste er, wo er sich befand. Es roch nach Chlor, Putzmitteln und Urinstein. Einen winzigen Spaltbreit ließ er die Tür offen, um weiter dem Gespräch der beiden Männer lauschen zu können.
Brian Eden redete mit aufgeregter Stimme, die eine Tonlage zu laut und zu schrill geraten war. »Erinnern Sie sich noch an letzten Sommer, Herr Professor? Als wir hier gefeiert haben? Ich hatte meine Stelle als Assistenzarzt quasi in der Tasche. Und jetzt hat mir Ihre Forschung alles zerstört. Meine Zukunft ist ruiniert.«
»Aber ich kann doch nichts dafür. Wir konnten ja nicht wissen, dass Genveränderte anders auf die Medikamente reagieren.«
»Darum geht es nicht. Professor Becker hat mich manipuliert. Erst hat er Bestnoten von mir verlangt, damit ich eine Stelle in seiner Abteilung bekomme, und dann hat er die Dosis raufgesetzt. Ich habe ihm gesagt, dass ich davon Kopfschmerzen bekomme und nicht schlafen kann.«
»Das tut mir leid.«
»Halten Sie den Mund! Wir machen es so, wie ich es Ihnen sage. Legen Sie den Koffer auf den Tisch, und öffnen Sie ihn!«
»400.000. Mehr ging auf die Schnelle nicht.«
»Und die Überweisung?«
»1,6 Millionen auf die Western Union. Wie Sie es gewünscht haben. Hier ist der Beleg.«
»Ich traue keinen Belegen. Ich glaube Ihnen erst, wenn ich das Geld in den Händen halte und in Sicherheit bin.«
»Was haben Sie vor? Wo ist meine Tochter?«
»Noch geht es ihr gut. Wenn das so bleiben soll, dann halten Sie sich an unsere Abmachungen, und schalten Sie die Polizei nicht ein. Ich melde mich, wenn ich das Geld abgehoben habe. Dann erst sage ich Ihnen, wo Sie Ihre Tochter finden.«
»Woher weiß ich, dass sie noch am Leben ist? Ich will wissen, ob es ihr gut geht.«
»Kommen Sie näher, Herr Professor! Ich zeige Ihnen etwas. Eine Webcam. Sie werden nichts unternehmen, um Ihre Tochter zu
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