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Lust auf Lust: Intime Geständnisse

Lust auf Lust: Intime Geständnisse

Titel: Lust auf Lust: Intime Geständnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renske de Greef , Matthias Müller
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Outfit. Aber nicht für mich. Für mich zieht sie einen Häschenpulli an. Und für irgendeinen notgeilen Stecher, von dem sie sich später knallhart durchvögeln lässt, zieht sie einen Minirock an.
    Ich drehe mich zu ihm um. »So. Ich muss jetzt los. Ich hab ein Date. Danke fürs Zuhören.« Ich gehe zu ihm und hocke mich kurz vor ihm aufs Bett. Ich sehe ihn an, und einen Moment lang sind wir beide still.
     
    Jetzt kommt sie auf mich zu. Sollte sie doch vielleicht …? Sie wiegt mit den Hüften, verdammt, jetzt passiert was. Jetzt kniet sie sich hin, aufs Bett, und kommt mit dem Gesicht ganz nah zu mir ran. Es ist still. Wir sehen uns an.
     
    Ich sehe ihn lieb an. Mit einem »es ist so toll, dass wir Freunde sind, du bist wie ein Bruder für mich« unterbreche ich die Stille. Dann stehe ich auf, und mit einem Lächeln streichle ich ihm kurz über die Wange.
     
    Obwohl ich es schon öfter gehört habe, ist es doch jedes Mal wieder wie ein Schlag ins Gesicht. Der Satz. Dieser Satz. Wieder dieser Satz. Diese verblümte Formulierung, dieser Euphemismus, die Metapher, das Synonym. Wir Sind Freunde. Ergo: Wir Werden Niemals Miteinander Vögeln. Ich denke jedes Mal wieder: vielleicht heute. Aber ich muss, glaube ich, endlich kapieren, was ich bin. Ich bin ein Kumpel. Der Junge, mit dem sie über ihre Freunde redet, für den sie sich keine Mühe gibt, dem sie ohne weiteres Blicke auf ihren Körper erlaubt, weil er ihr Kumpel ist. Der ewige ›gute Freund‹. Ein Streicheln über meine Wange. Als ob ich ihr Hund wäre. Und eigentlich bin ich das auch.

Der Test
    M it einem langen Nagel, messerscharf an den abgebissenen Rändern, reiße ich die Verpackung auf. Zerstreut überfliege ich die Verpackungsbeilage. Gar nicht so einfach, mit den verschiedenen Teilen, die man ineinanderklicken muss. Aber was ich als Erstes tun muss, ist klar. Pissen. Auf das weiche, stoffähnliche Teil. Ich rolle meinen Rock hoch und setze mich aufs Klo. Vorsichtig halte ich mir das Stäbchen zwischen die Beine. Es klappt nicht. Ich starre immerzu auf das Stäbchen, weiß, jungfräulich, unschuldig. Gleich werde ich darüber pinkeln. Dann ist es besudelt, schmutzig, verdorben. Nicht nur durch die Substanz, sondern auch durch das, was sie darstellt. Der Urin ist schuldig.
    Mit der größtmöglichen Konzentration pinkle ich auf das Stäbchen. Ich gebe mir Mühe, gut zu zielen, was schwieriger ist, als man denkt. Wie viel ist wohl genug? Könnte es zu wenig sein, oder vielleicht zu viel, so dass ich es ganz weichgepinkelt habe?
    Ich wasche mir die Hände und befolge haargenau die anderen Anweisungen. Es kommt mir wie eine Art Ritual vor. Ich bin ganz allein zu Hause, angespannt und voller Beklemmung, und die Handlungen, die ich jetzt verrichte, haben eine träge, mystische Sorgfalt an sich. Als ich mit den Vorbereitungen fertig bin, sehe ich mich im Badezimmerspiegel an.
    Da sehe ich eine Frau, die in drei Minuten wissen wird, ob sie ein Kind bekommt.
     
    Ich warte. Ich warte ganz bewusst. Ich sehe zu, wie die Zeit vergeht, wie der Zeiger vorrückt, ich höre das Ticken. Warten ist mit Recht eine der größten Frustrationen der Menschheit. Du musst etwas tun, aber davor musst du warten und darfst also nichts tun. Stunden mit nichts füllen. Die Beschäftigung besteht darin, nicht beschäftigt zu sein.
    Den Rücken gegen die kalten Kacheln gedrückt, gleite ich langsam zu Boden. Da sitze ich, den Kopf an die Wand gelehnt, die bloßen Füße auf der Badezimmermatte. Meine Uhr in der einen Hand und das Stäbchen in der anderen. Noch zweieinhalb Minuten.
    Plötzlich komme ich mir dämlich vor. Natürlich bin ich’s nicht, ich mache mich verrückt, manche Leute probieren es jahrelang, in allen möglichen Stellungen und auf alle möglichen Arten, und bei mir soll dann gleich der erste Ausrutscher ein Volltreffer sein? Ich sitze hier zählend auf dem kalten Kachelboden und führe mich auf wie jemand, der mit melodramatischen Highschool-Serien aufgewachsen ist. Einmal die Pille ausgekotzt und gleich schwanger. Ein gerissenes Kondom, schwanger. Ich seufze. Tief in meinem Innern weiß ich, dass es Unsinn ist, so zu denken. Diese laute Stimme in meinem Kopf, die die andere niederschreit. Die mein felsenfestes »Ich doch nicht«-Gefühl zu erschüttern versucht. Ich bin doch unverletzlich? Aber jeder denkt ja, dass er unsterblich ist. Noch zwei Minuten.
    Angenommen, es ist wirklich so. Ein Baby. Nein, kein Baby. Ein Haufen Zellen, ein Klumpen Gene, eine Art

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