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Lust auf Lust: Intime Geständnisse

Lust auf Lust: Intime Geständnisse

Titel: Lust auf Lust: Intime Geständnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renske de Greef , Matthias Müller
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alle sanften, unschuldigen Gefühle und Bilder, um einem großen und überwältigenden Gefühl Platz zu machen: Lust. Das Gefühl in meinem Bauch wächst. Pornobilder verdrängen die schlanken Rehe, Stöhnen übertönt die Vögel, Geilheit erdrückt Lieblichkeit. Mit einem Schlag bin ich heiß. Auf einmal fühlt sich die Sonne auf meiner glatten Haut an wie eine zarte, sinnliche Berührung, riecht der Wald nach frischem Schweiß, zittert die Luft vor Verlangen. Während des Radelns versinke ich in Fantasien, in Bildern, in einem zügellosen Strom von Lust.
    Ich vergesse die schöne Natur um mich herum, ich vergesse, einen Blick auf die jungen Enten zu werfen, auf die putzigen Eichhörnchen oder seltenen Spechte. Ich vergesse, wo ich hin muss, zur Vorlesung, und dass ich eigentlich über Aufsätze und Analysen nachdenken sollte. Ich vergesse, dass ich noch Leute anrufen muss, dass ich Termine machen muss, einen anderen absagen und mir dafür noch eine Ausrede ausdenken muss. Ich versinke in einem See schwitzender Leiber, stöhnender Menschen, fester Hände, bebender Haut, dampfender Hitze und Geilheit. Ich will jetzt, hier, mit der weichen, heißen Sonne auf meinem bloßen Rücken, ins feuchte, frische Gras sinken.
    Ich radle an einem Wäldchen vorbei. Ich bin in einer bekannten Cruising-Area für Schwule gelandet, und noch nie habe ich sie so gut verstanden wie jetzt. Ich sehe Männer. Männer, die herumlaufen und dabei möglichst unauffällig suchen und spähen. Einige ohne T-Shirt. Wenn ich genau hinsehe, erkenne ich Männer zusammen zwischen den Bäumen stehen. Ich verstehe sie. Sie können, sie werden es tun, auf dem Moos, schnell, hastig, ohne Worte. Ein erstickter Seufzer, ein unterdrückter Schrei. Tastende Hände, halbausgezogene Kleider. Geile Blicke, taxierende Augen.
    Ich radle weiter. Die Sonne scheint mir jetzt voll ins Gesicht, und ich spüre, wie mir ein kleines Schweißtröpfchen über den Rücken rinnt. Außer Erregung fühle ich jetzt auch noch andere Dinge. Ich fühle mich leicht, schwebend, verwirrt und ein bisschen benommen. Mir ist, als würden irgendwelche Stoffe rasend schnell durch meinen Körper strömen, als könnte ich sie fühlen. Lange, prickelnde Ströme in meinem Körper. Ich bin immer noch heiß, frisky , aber noch fröhlicher als vorher. Es kommt mir vor, als wäre ich verliebt. Mir fällt nur niemand ein, auf den sich dieses Gefühl dann im Besonderen richten könnte. Es ist, als ob ich einfach so verliebt bin, in alles und niemanden. Es braust.
     
    Endlich komme ich bei der Uni an. Ich steige vom Rad und versuche, mich zu konzentrieren. Meine Haut fühlt sich warm an, und ich streiche mir mit zitternden Händen durchs Haar. Ich rauche erst mal eine, um wieder ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Meine Kommilitonen kommen einer nach dem andern nichts ahnend angeradelt. Ich fühle mich ertappt. Als ob ich gesündigt hätte. Als ob es verboten wäre, den Frühling ein bisschen zu genießen.

Beziehungen
    M it den Augen folge ich meinen Fischen. Ich sitze im Schneidersitz vor meinem Aquarium. Um mich herum ist es dunkel, die Neonröhre erleuchtet als einzige Lichtquelle grell mein Gesicht. Träge schwimmen einige Fische hin und her, andere beschleunigen ihr Tempo, um sich gegenseitig zu verjagen, wieder andere führen einen nicht nachvollziehbaren Balztanz auf. Für mich sind meine Fische mein ambivalentestes Vergnügen: Ich finde sie wunderbar beruhigend, aber sie spielen auch eine Hauptrolle in meinen schrecklichsten Alpträumen. In meinem unangenehmen morgendlichen REM-Schlaf träume ich mit beharrlicher Regelmäßigkeit, dass etwas ganz Schlimmes mit Fischen passiert. Dass ich zum Beispiel vor einer Mauer übereinandergestapelter Aquarien stehe, die plötzlich alle zerbrechen. Tausende von Fischen strömen an meinen bloßen Füßen vorbei, glatt und kalt und zappelnd. Sie starren mich alle an und wollen von mir gerettet werden, aber es sind so viele, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll.
    Ich nehme einen Schluck Bier und starre vor mich hin. Vor-sich-hin-Starren wird oft verkannt, Menschen haben dann den Zwang, einem mit hysterischem Rumgefuchtel vor den Augen und einem lauten Huu-huu! aus der Welt des angenehm verträumten Nichtsehens herauszuhelfen. Ich jedenfalls starre vor mich hin, und das hell erleuchtete Aquarium verschwimmt zu einem hellgrünen Nebel mit bunten Flecken.
     
    Ich werde in meiner persönlichen Ruhe-Tantra-Sitzung abrupt von meinem Telefon unterbrochen, das

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