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Lust auf Lust: Intime Geständnisse

Lust auf Lust: Intime Geständnisse

Titel: Lust auf Lust: Intime Geständnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renske de Greef , Matthias Müller
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mit seinem elektronischen Gebimmel die Stille durchschneidet. Abwesend nehme ich ab, um sofort von einer begeisterten Stimme begrüßt zu werden, die noch lauter plärrt. »Rens! Du musst sofort hierher in die Kneipe kommen, ich muss dir was erzählen! Ich mache in Zukunft alles anders, jetzt habe ich es endlich begriffen!«
    Diese kryptische Information kommt von einem Freund, von dem ich diesen Stil gewohnt bin. Mit einem kleinen Schuss ADHS in seinem ohnehin schon ziemlich expressiven Charakter gesegnet, ist er die Personifizierung eines leichten Tornados. Man muss dafür in Stimmung sein, aber dann ist es auch eine sehr angenehme Erfahrung, von seinem unerschütterlichen Optimismus überspült zu werden. Ich war zufällig in Stimmung, und so ging ich zu ihm in die Kneipe.
    Er wartet schon auf mich, Bier im Anschlag, und noch bevor ich mich setzen kann, lässt er seine aufgestaute Energie auf mich niederkrachen. »Rens. Von jetzt ab mache ich alles anders. Ich gebe das Konzept ›Beziehung‹ auf.«
    Ich nehme einen Schluck von meinem Bier und schaue ihn an.
    »Echt. Es muss anders werden, Beziehungen funktionieren bei mir nicht. Sie sind nur ein kulturell bedingtes Gefängnis. Warum muss man jemanden für sich beanspruchen, um glücklich mit ihm zu sein? Warum sollte man schöne Menschen wie Schmetterlinge in einen Käfig stecken? Wenn der Schmetterling jedes Mal wieder zu dir zurückkommt, ist das doch auch eine Beziehung, oder? Warum sollte der Schmetterling dann seine Liebe nicht mit anderen teilen dürfen? Es gibt nur Liebe. Ich bin jedes Mal verliebt, in viele Menschen. Warum muss man so ein Gefühl definieren und irgendwelchen Regeln unterwerfen? Warum können wir nicht alles miteinander teilen?«
    Ich seufze, weil ich gegen jegliche Guru-Sprüche extrem allergisch bin. Vor allem bei abstraktem Gefasel mit poetischen Metaphern über Schmetterlinge fange ich an zu rebellieren, dann bekomme ich richtig Lust zu nerven. Ich seufze noch einmal und sage: »Mensch, ganz toll und hippiemäßig goldig find ich das.«
    Er guckt mich kurz prüfend an und versucht, meinen Sarkasmus zu ignorieren. »Echt, Renske. Du darfst dich selber nicht in einen Käfig stopfen. Es gibt nur Liebe, teile sie.«
     
    Erst später habe ich dann darüber nachgedacht, was er genau gesagt hatte. Seine ganzheitliche Liebesguru-Tour sprach mich zwar überhaupt nicht an, auch wenn ich ihm das so nie ins Gesicht sagen würde. Aber im Grunde versuchte er, über das Konzept ›Beziehung‹ zu sprechen. Er geht jetzt mit verschiedenen Frauen ins Bett, die auch mit verschiedenen Männern ins Bett gehen, und die alle voneinander Bescheid wissen. Alle mit der Vorstellung: Wir finden einander nett, und das sagen wir zueinander und handeln danach, aber wenn du andere Leute auch nett findest, dann kannst du tun, wozu du Lust hast. Sehr Sechziger Jahre. Und ohne den ganzen Gurujargon finde ich die Idee auch gar nicht so übel. Warum soll man sich eigentlich beschränken, mit all den unangenehmen Folgen? Warum gehe ich nicht einfach mit einem Haufen Menschen eine verständnisvolle »Nicht nehmen, sondern geben«-Beziehung ein? Warum kann man nicht glücklich sein mit verschiedenen Menschen und ausschließlich »Liebe« erzeugen?
    Aber das will ich nicht. Letztendlich will ich mit einem einzigen Menschen glücklich sein. Letztendlich suche ich unter all meinen Sexualpartnern den Einen. Ich brauche eine Beziehung. Ich würde gerne die Liebestheorie befürworten, in die sich mein Freund mit solcher Begeisterung stürzt, aber ich kann es nicht. Ich bin nicht so großzügig und liebevoll. Meiner Meinung nach brauchen Menschen eine Beziehung. Menschen sind keine großzügigen Wesen, die philosophisch über Liebe nachdenken können. Menschen sind egoistisch und beschränkt. Ich jedenfalls bin so. Ich will einen Menschen für mich beanspruchen, festhalten, ich will Exklusivität. Wir Frauen wollen die Männer bei uns behalten, damit sie uns vor wilden Bären beschützen. Männer wollen ihren Samen loswerden und ihr Kind beschützen. Und nicht nur biologisch, auch gefühlsmäßig: Ich will Zuneigung, Geborgenheit, Intimität.
    Es ist klar, dass Beziehungen oft nicht mehr so funktionieren, wie sie funktionieren sollten. Menschen gehen fremd, bleiben aus Bequemlichkeit beieinander, bleiben in Alltagstrott und Bequemlichkeit stecken. Aber trotzdem werde ich, glaube ich, immer hoffen, die perfekte Beziehung zu finden, einmal, irgendwann, und deswegen werde ich es

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